Skorbut - Die Geißel der Seefahrt

Die Krankheit Skorbut ist lange Zeit eine der rätselhaftesten Krankheiten gewesen. Die Ursachen für die Ausbrüche blieben bis Anfang des Jahrhunderts unbekannt. Aber sie traten nicht erst zur Zeit der großen Seefahrer in Erscheinung. Die ersten Aufzeichnungen lassen sich an den mit Hieroglyphen beschriebenen Wänden in Amuntempeln aus dem 16. Jh. v. Chr. ablesen. Der große Arzt Hippocrates von Kos (460-370 v. Chr.) beschrieb die Krankheit in seinem Buch "Hippocratum".


Woher kommt eigentlich der Name Skorbut?
Das ist nicht ganz einfach nachzuvollziehen. Folgen wir deshalb den Aussagen in Kluges Etymologisches Wörterbuch: Der Begriff stammt wahrscheinlich aus den alten germanischen Sprachen der nordischen Länder, in denen die Krankheit Skyrbjúgr genannt wurde. Bjúgr beschreibt eine Gewebeveränderung, bei der sich die Haut ödemartig eindrücken lässt. Das könnte auf die typische Veränderung der Blutgefäße und des Bindegewebes beim Skorbut hinweisen. Skyr bedeutet Sauermilch, Quark, beschreibt somit typische Vorratsspeisen, die man in (vitaminarmen) Notzeiten isst. Skyrbjúgr bedeutet dann "Krankheit, die in Zeiten des Sauermilchessens auftritt". Davon lässt sich nicht nur der lateinische Name scorbutus, sondern auch das deutsche Wort Scharbock herleiten. Gegen den Scharbock hilft natürlich das bekannte Scharbockskraut.

Die Symptome dieser Krankheit beginnen unspezifisch mit einer starken Müdigkeit, körperlicher Schwäche, Zahnfleischentzündungen, gefolgt von Zahnausfall. In weiteren Stadien kommen Gelenkschwellungen, Blutungen, Blutergüsse in der Muskulatur und Muskelschwund hinzu. Zuletzt tritt Herzschwäche auf, die zum Tode führt.

Skorbut galt lange als eine unheilbare Krankheit, da eine gezielte Behandlungsmöglichkeit nicht bekannt war. Keiner kannte die Ursache. Erste Zusammenhänge der Krankheit mit der Ernährung wurden nur durch Zufall bemerkt. Ein holländisches Schiff mit einer Zitrusfrüchteladung kam 1564 nach mehrmonatiger Fahrt ohne einen Skorbutfall in seinem Heimathafen an. Die englische East India Company verordnete deshalb auf ihren Schiffen jedem Seemann 3 Teelöffel Limonensaft täglich. Die englischen Seeleute bekamen deshalb den Spitznamen "Limeys".

Limonen (Foto: Nadine)


Auch dem berühmten englischen Kapitän James Cook gelang es durch die zwangsweise Verordnung von Sauerkraut, seine Mannschaft vor dem Skorbut zu bewahren.

Ein anderes berühmtes Opfer von Skorbut war der dänische Seefahrer Vitus Behring, der im Auftrag des Zaren 1741 die nach ihm posthum benannte Behringstraße zwischen Sibirien und Alaska entdeckt hat.

Diese Erfolge in der Seefahrt blieben aber vereinzelt. Auch die großen Skorbutepidemien auf dem Land konnten nicht verhindert werden. Besonders die armen Leute hatten darunter zu leiden. 1860 griff der deutsche Arzt A. Hirsch die Idee über den Zusammenhang der Ernährungsweise und dem Ausbruch der Krankheit wieder auf. Die Sammlung und Auswertung der Umstände der Skorbutepidemien zeigte deutlich den Einfluss der Nahrungsmittel. Gleichzeitig konnte Hirsch sich aber nicht genau die antiskorbutische Wirkung erklären. Erst mit dem Anfang des 20. Jahrhunderts begann die Entdeckungsgeschichte des Antiskorbutfaktors.


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Literatur
F. Kluge, E. Seebold: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache; Walter de Gruyter, Berlin, New York 1995.


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Letzte Überarbeitung: 21. April 2010, Dagmar Wiechoczek