Rapsöl und Biodiesel - Treibstoffe mit grünem Mäntelchen

Bild 1: Rapsfeld
(Foto: Blume)


Experimente
Versuch: Gewinnung von Raps- oder anderen fetten Ölen
Versuch: Brennbarkeit von fetten Ölen
Versuch: Herstellung von Biodiesel (Rapsöl-methyl-ester)
Versuch: Auflösen von Polystyrol in Biodiesel


Zunehmend wird von einer Wunderpflanze berichtet, dem Raps. Aus seinem Samen gewinnt man ein fettes Öl, das Rapsöl. Mit dem soll man Motoren umweltschonend antreiben können.

Dieser Biodiesel soll den großen Vorteil haben, dass bei seiner Verbrennung gerade soviel Kohlenstoffdioxid entsteht, wie die Pflanze bei der Fotosynthese fixiert hat.
Die Verbrennung von Rapsöl, also einem flüssigen Pflanzenfett, gelingt wegen des hohen Siedepunktes und des hohen Flammpunkts nur in einem speziellen Motor, dem Elsbett-Motor, der jedoch keine allgemeine Verbreitung gefunden hat.
Man stellte aber fest, dass sich durch chemische Veränderung aus Rapsöl ein Treibstoff gewinnen lässt, der dem Dieselkraftstoff ähnelt. Dazu muss das Rapsöl zunächst in Glycerin und Fettsäuren zerlegt werden. Anschließend werden die Fettsäuren mit Methanol verestert. Diese Mischung namens Rapssäure-Methylester bildet den eigentlichen Biodiesel, von dem in letzter Zeit so viel die Rede ist.


Was ist nun dran an der Umweltfreundlichkeit dieses Biodiesels?
Zwar ist sein Heizwert etwa 10 % niedriger als der von Dieselkraftstoff, dafür ist er aber schwefelfrei. Sein weiterer Vorteil ist die leichte biologische Abbaubarkeit. Daher mag der Einsatz von Biodiesel als Treibstoff für Motorsägen im Wald und in Wasserschutzgebieten sinnvoll sein.

Ist es aber nun wirklich so, dass der Kreislauf von Kohlenstoffdioxid kurz geschlossen wird, oder muss man noch andere Faktoren in die Ökobilanz mit einbeziehen? Hierzu gibt es eine vieldiskutierte Ökobilanz seitens des Umweltbundesamts [1], aus der wir hier zitieren wollen.

Kritiker führen an, dass ein intensiver Rapsanbau, und nur ein solcher würde sich lohnen, nicht ohne den Einsatz erheblicher Mengen an Dünger und Pflanzenschutzmitteln auskommen kann. Als Dünger ist Klärschlamm im Gespräch, der wegen möglicher Belastung durch Schwermetalle und toxische organische Chemikalien ins Gerede gekommen ist.

Um genügend Pflanzenöl zu produzieren, wäre ein umfangreicher Anbau von Rapspflanzen erforderlich. Auf bislang nicht landwirtschaftlich genutzten Überschussflächen ließen sich immerhin 5 % des geschätzten Bedarfs an Biodiesel erzeugen.
Ein Hektar Land kann pro Ernte etwa 1,2 t Rapsöl liefern. Beim Anbau auf 5 Millionen Hektar (50 000 km2) Brachland würde der Ertrag reichen, um ca. 10 Millionen Autos bei einer Jahresfahrtstrecke von je 14 000 km mit Biodiesel zu versorgen. Die dabei benötigte Bodenfläche verbraucht etwa ein Siebtel der Gesamtfläche der alten Bundesländer! Das entspräche einem Viertel der landwirtschaftlichen Nutzfläche (ohne Wald).

Beim Rapsanbau müssen aber auch Pflug, Sämaschinen, Wasserpumpen, Sprühwagen zum Verteilen der Pestizide, Erntemaschinen, Transportwagen usw. betrieben werden. Dabei setzt man sehr viel Kohlenstoffdioxid frei. (Man kann diese natürlich auch mit Biodiesel betreiben. Aber der muss dann ehrlicherweise von der angegebenen Ausbeute von 1,2 t Rapsöl/Hektar abgezogen werden.)

Noch ein Problem: Beim Ernten interessieren nur die ölhaltigen Früchte. Man glaubt gar nicht, wie viel "Stroh" anfällt (siehe folgendes Bild). Und man staunt darüber, dass diese kleinen Perlen tatsächlich Öl enthalten. Aber wenn man einige Kügelchen mit einem Pistill oder etwas rustikaler mit Hilfe eines Hammers auf glattem Papier zerquetscht, so erhält man einen bleibenden Fettfleck.

Bild 2: Reifer Raps und Früchte, gewonnen aus zwei Rapspflanzen
(Fotos: Blume)


Die riesige Biomasse, die nach dem Ausdreschen übrig bleibt, kann zur Gewinnung von Wärme verbrannt oder kompostiert werden und dann als Dünger dienen - mit zusätzlichem Transportaufwand. Dennoch wird man um das zusätzliche Düngen vor allem mit Stickstoff nicht herumkommen. Denn der in Düngemitteln und Rapsstroh gebundene Stickstoff wird von Bakterien in großem Umfang in elementaren Stickstoff sowie in das die Atmosphäre schädigende Distickstoffoxid (N2O) umgewandelt. Letzteres ist ein bedeutendes Treibhausgas mit stärkerer Wirkung als CO2 und (nach Umwandlung in Stickoxide NOx) zusätzlich an der bodennahen Ozonbildung sowie am Waldsterben beteiligt.

Außerdem bleiben uns die Hauptproblemstoffe beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, die reaktiven Stickoxide (NOx), in jedem Falle erhalten.

All diese Emissionen von Schadstoffen und Treibhausgasen wiegen die Einsparung beim Einsatz von Biodiesel anstelle von Dieselkraftstoff auf Erdölbasis wieder auf. Somit ergibt die Bilanz für Rapsöl nur eine um bis zu 35 % niedrigere Emission von klimawirksamen Gasen gegenüber Dieselkraftstoff. Hierbei ist aber bereits die bislang völlig ungeklärte Nutzung von Nebenprodukten wie Rapsstroh, Rapsschrot und Glycerin mit einbezogen. Ohne diese ist die Emission identisch, wenn nicht sogar etwas höher - wie gesagt, beim Biodiesel (-> Tabelle)!

Tabelle: Summe der Emissionen klimarelevanter Spurengase
(kg Gas/kg Treibstoff)
Dieseltreibstoff 3,5 - 3,6
Rapsöl
· mit Nebenproduktnutzung
3,5 - 4,3
2,3 - 4,8
Rapsmethylester
· mit Nebenproduktnutzung
3,9 - 4,7
1,9 - 3,0

Ob das, was dem Biodiesel an Positivem nachgesagt wird, den Landschaftsverbrauch und die auch überregional wirksamen gravierenden Bodenbelastungen aufzuwiegen, darf bezweifelt werden. Es steht zu vermuten, dass andere, nämlich ökonomische Interessen hinter der Propagierung von Biodiesel stehen.

Neuerdings (2006) wird diskutiert, den Biodiesel höher zu besteuern und somit seine extrem hohe Subvention abzubauen. Schon zetern die Verbände, dass dann keiner mehr Biodiesel kaufen würde. Also geht es doch nur um´s Geschäft?

Der beste Schutz der Atmosphäre ist ausschließlich eine drastische Verringerung des Kraftfahrzeug-Verkehrs, egal ob mit oder ohne Biodiesel.

Biodiesel löst nicht nur Umweltprobleme, sondern auch manche Kunststoffe
Folgende Anfrage erreichte mich:
Neulich hat mich der freundliche Autohändler von VW darauf hingewiesen, dass ich doch bitte wieder normalen Diesel statt Biodiesel für meinen VW-Bus verwenden soll, da der Biodiesel die Kunststoffdichtungen angreift.

Nun habe ich mir aus Neugierde etwas PS und PE-HD aus unserem Werkstofftechniklabor geschnappt und in Diesel bzw. Biodiesel zwei Wochen lang eingelegt und ich muss sagen, dass das Ergebnis sehr überraschend war:
Während dem PE-HD keine Veränderung ansehbar war, hat sich das Polystyrol fast vollständig zersetzt und mit dem Biodiesel eine Art Brei dargestellt. Die Proben, die in normalen Diesel gelegen waren, zeigten weder bei PE-HD noch PS eine Veränderung.
Daraufhin habe ich erstmal sofort meinen Kraftstoff wieder auf normalen Diesel umgestellt.

Als neugieriger feinwerktechnischer Student im 5. Semester wollte ich nun aber wissen, warum nun der Biodiesel dermaßen aggressiv gegenüber PS ist - im Gegensatz zu normalen Diesel. Ich fragte daraufhin meinen Professor für Werkstofftechnik, der aber leider auch nicht weiterwusste mir und meinte ich soll doch mal im Internet suchen.
Unter Google findet man zwar alles - nur den Unterschied zwischen Biodiesel und normalen Diesel (abgesehen davon, dass der eine auf Rapsölbasis und der andere auf Schwerölbasis hergestellt wird) findet man nicht, noch warum Kunststoffe Biodiesel nicht mögen.
Schließlich bin ich auf Ihre äußerst gelungene Seite gestoßen, konnte aber leider auch hier nicht die Antwort finden, hatte aber das Gefühl, dass Sie mir in irgendeiner Art und Weise vielleicht weiterhelfen könnten?

Hier ist die Erklärung:
Biodiesel ist (anders als Dieselöl) kein Kohlenwasserstoff, sondern eine Estermischung. Die darin enthaltenen niedermolekularen Ester sind sehr gute Lösemittel oder Quellmittel für diverse Kunststoffe. Solche Ester sind auch in der Nitroverdünnung enthalten - die lösen viele Lacke und Kunststoffe auf (oder lassen sie zumindest quellen). Versuchen Sie das einmal mit Essigsäureethylester und Polystyrol! Das ist auch der Grund, warum man mit normalem UHU® keine Polystyrolgegenstände kleben kann. Denn UHU® enthält diesen Ester - wie der typische Geruch zeigt.


Nach 10 Jahren: Ein Fazit
Mittlerweile hat sich der Biokraftstoffboom verselbständigt.

Aber er bekommt Gegenwind von ganz unerwarteter Seite: Viele Gutmenschen, die bislang den Biokraftstoff befürworteten, haben kalte Füße bekommen! Von wegen Nachhaltigkeit! Es leiden nämlich gerade die Menschen in den Entwicklungsländern unter der Produktion von Biodiesel und Bioalkohol. Immer mehr Anbauflächen für Getreide und andere Nahrungsmittel werden zum Anbau von Biosprit-Pflanzen wie Zuckerrohr, Mais und anderes Getreide, Ölpalmen oder Raps geopfert. Die Kosten für traditionelle Volksnahrungsmittel wie Pflanzenöl, Zucker, Hirse, Weizen und Mais sind so stark gestiegen, dass sich in den Anbauregionen wie Malaysia, Indonesien, Brasilien und Mexiko Hunger breit macht. Selbst wir in Deutschland spüren den Preisanstieg für Lebensmittel.

Außerdem sollen unsere Autofahrer mit Biosprit und Bioalkohol gepanschten Treibstoff tanken müssen. Egal, ob dann die Motoren platzen: Jeder kaputte Motor steigert das Bruttosozialprodukt und füllt die Kassen des Staates…

Endlich wurden selbst die schon seit langem bekannten Ökobilanzen, aus denen hervorgeht, dass Biosprit mehr zum Treibhauseffekt beiträgt als Treibstoff auf Erdölbasis, auch von den eingefleischten „Ökos“ zur Kenntnis genommen. Dann sollte es eigentlich bald aus sein mit dem Biosprit! Aber irgendwie ist eine Lawine losgetreten worden und hat sich verselbständigt. Offenbar verdienen einfach zu viele Leute zu gut daran.

Vielleicht trägt aber die bereits vorgenommene Streichung der staatlichen Fördermittel für Biosprit etwas zum Umdenken bei.


Quelle:
Erweitert nach: R. Blume und Koll.: Chemie für Gymnasien, Themenheft Organische Chemie 2 (Brennstoffe), Cornelsen-Verlag, Berlin 1994.


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Literatur


Diese Seite ist Teil eines großen Webseitenangebots mit weiteren Texten und Experimentiervorschriften auf Prof. Blumes Bildungsserver für Chemie.
Letzte Überarbeitung: 29. April 2010, Dagmar Wiechoczek