Warum auf glatten Straßen Salz gestreut wird

Experimente:
Versuch: Auftauen von Eis mit Salz
Versuch: Gefrierpunktserniedrigung von Salzlösungen
Versuch: Kältemischung aus Eis und Salz


Werden Salze wie NaCl oder CaCl2 auf das Eis gestreut, beobachtet man, dass sich festes, scheinbar trockenes Eis verflüssigt (-> Versuch). Wie kommt das?

Eis steht in einem dynamischen Aggregatzustands-Gleichgewicht mit flüssigem Wasser:

Gibt man nun Salz hinzu, so löst sich dieses in dem flüssigen Wasser. Das dem Gleichgewicht entzogene Wasser wird ständig aus dem festen Eis entsprechend der Gleichgewichtslage nachgebildet. Das Gleichgewicht verschiebt sich somit in die linke Richtung; das Eis verflüssigt sich zu einer konzentrierten Salzlösung.

Lösen von Salz erfordert aber Energiezufuhr (Lösungswärme); die entzieht die Lösung quasi sich selbst. Da aber auch das Eis schmelzen muss, wird dessen Schmelzwärme ebenfalls aus dem System entzogen. Wir beobachten daher eine starke Abkühlung bis auf -21,3 °C. Wohlgemerkt: Das ist die Temperatur der flüssigen Salzlösung! Diese muss sich allerdings in Kontakt mit festem Eis und festem Salz befinden. Man spricht hier von einer Gleichgewichtstemperatur.
Unterhalb dieser Temperatur löst sich kein Kochsalz mehr auf, wenn es sich in Kontakt zu Eis befindet. Dann wirkt das gestreute Salz eher wie Streusand.
Deshalb nützt ab dieser Temperatur das Streuen von Natriumchlorid nichts mehr. Eine Alternative ist das umweltneutralere Calciumchlorid CaCl2, da dessen konzentrierte Lösungen erst ab
-55 °C gefrieren. (Dieses Salz ist übrigens ein Abfallprodukt der Sodaherstellung nach Solvay.)


Die klassische Gefrierpunktserniedrigung
Den Effekt kann man auch anders herum betrachten: In Salzlösungen liegen die Ionen umgeben von Wasserdipolen vor. Sie können sich deshalb nicht mehr ohne weiteres zu Salzkristallen zusammenlagern. Umgekehrt werden auch die Wassermoleküle gehindert, bei 0 °C ein Eiskristallgitter aufzubauen. (Eis, das aus Salzwasser auskristallisiert, ist reines Süßwasser.)
Die zusätzliche Energie zur Überwindung der Ion-Dipol-Kräfte wird dem System entzogen. Wir beobachten also eine Gefrierpunktserniedrigung (-> Versuch).
Das bedeutet aber auch: Salzwasser kann man weit unter 0 °C, den Gefrierpunkt von reinem Wasser, abkühlen, ohne dass es gefriert. Ozeane frieren deshalb nicht so rasch zu.

Gefrierpunktserniedrigungen beobachten wir auch bei Zusatz von Alkoholen. Das wird beim Mischen von Frostschutzmitteln genutzt.


Kältemischungen
Wir haben gesehen: Beim Mischen von Kochsalz (und anderen Stoffen wie Alkoholen oder Harnstoff) mit Wassereis stellen sich definierte, tiefe Gleichgewichtstemperaturen ein. Grund ist, dass die Lösungswärme für das Salz und die Schmelzwärme für das Eis aus der Umgebung entnommen werden. Dies nutzt man zum Herstellen von Kältemischungen (-> Versuch) aus.


Korrosion statt Glatteis
Der Nachteil liegt aber auf der Hand: Salz fördert stark die Korrosion von Eisen. Damit rosten die Autos rascher. Was noch schlimmer ist: Auch Stahleinlagen (Moniereisen) im Stahlbeton korrodieren durch einsickerndes Salz derartig, dass sämtliche Straßenbrücken in Deutschland erneuert werden müssen. Da auch die Bäume und Pflanzen unter dem Salz leiden und sogar die Hunde wunde Pfötchen bekommen, verzichtet man zunehmend auf das Streuen von Salz.

Zum Winterdienst allgemein haben wir den Tipp des Monats Nr. 79.


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Letzte Überarbeitung: 25. Juni 2009, Dagmar Wiechoczek