Bild 1: SR-71 (Black Bird). Dieses Flugzeug besteht fast vollständig aus Titan
(Foto: Blume)


Gewinnung und Verwendung von Titan

Experimente:
Versuch: Nachweis von Titan
Versuch: Nachweis von Titandioxid in Haushaltsmitteln


Titan ist ein High-tech-Metall ("Refraktärmetall"), das aus der Technik hochbelasteter Werkstücke nicht mehr wegzudenken ist. Hat man es zunächst im Flugzeugbau eingesetzt, so findet es zunehmend Verwendung im Autobau und in der Medizin.
Man schätzt Titan wegen seiner Eigenschaften. Seine Dichte ist 4,51 g/cm3; es ist also ein relativ leichtes Metall. Seine Zähigkeit und gute Schmiedbarkeit sind sprichwörtlich. Als Zusatz zu Aluminium und Stahl vereinigt es viele von deren positive Eigenschaften in sich. Titan hat außerdem einen sehr hohen Schmelzpunkt, der mit 1667 °C etwa tausend Grad über dem von Aluminium liegt. Titanstähle sind berühmt wegen ihrer Unempfindlichkeit gegen Stöße und Schläge. Hinzu kommt die geringe Wärmeausdehnung.
Titan ist chemisch äußerst resistent, da es ähnlich wie Aluminium eine vor Korrosion schützende, passivierende Schicht aufbaut. Daher sieht das Metall silberweiß aus.
Alles zusammen macht Titan zum gesuchten Material im Flugzeugbau oder auch in der Waffentechnik. Die Russen haben daraus sogar ein Denkmal für ihre Kosmonauten gebaut. Das steht in Moskau neben dem Allunions-Park.

Bild 2 (Foto: Blume)


Titan ist nur begrenzt verwendbar
Alles in allem scheint Titan also das Wunsch-Metall zu sein. Es ist nicht selten, hat eine niedrige Dichte und macht den Eindruck äußerster Stabilität. Titan ist tatsächlich ein phantastischer Werkstoff; ohne Titanlegierungen könnten wir nicht das Leben führen, wie wir es tun. Aber aus verschiedenen Gründen sehen es Fachleute überhaupt nicht gern, wenn nur das "Hohelied" des Titans gesungen wird:

Man darf zum Beispiel niemals vergessen, dass Titan trotz seiner Tendenz zur Passivierung ein sehr reaktives Element ist (deshalb ja auch der "Aufstand" bei der Herstellung). So neigt es bei Vorliegen von Lokalelementen stark zur Korrosion. Beispielsweise gab es bei der Verarbeitung anfangs das Problem mit cadmiertem Werkzeug. Der feine Cadmium-Abrieb auf dem Titan leitete katalysierte Korrosionsprozesse ein.

Hinzu kommen die engen Temperaturgrenzen, in denen Titan stabil ist. Bei Erwärmung und/oder Verflüssigung wird es unangenehm, dann kann es zum Entzünden kommen. Deshalb ist bei 400-600 °C Schluss. Interessante, die Festigkeit des Metalls betreffende Anwendungsbereiche (Turbolader, Ventile und Turbinenschaufeln) entfallen also. Aber solange das Metall kalt bleibt, kann es seine bemerkenswerten Eigenschaften wie die hohe Festigkeit voll ausspielen.
Wenn man somit die spezifische Festigkeit (Dichte/Festigkeit) betrachtet und genug Geld zur Verfügung hat, dann sollte man Flugzeuge wie die SR-71 aus Titan bauen und nicht aus Aluminium. Man muss nur darauf achten, dass die Temperaturen der aus Titan gefertigten Werkstücke nicht über 400-600 °C steigen. Das ist auf jeden Fall im Triebwerk gegeben.


Zur Anwendung von Titan im Turbinenbau
Die Wahl der Materialien im Flugzeugtriebwerk hängt von Belastung des Bauteils und von seiner Arbeitstemperatur ab.
So werden im Fan CFK (Kohlenstofffaser-verstärkte Kunststoffe) oder geschmiedetes Aluminium verwendet.
Im Niederdruckverdichter findet geschmiedetes Titan Anwendung.
Bereits im Hochdruckverdichter ist die Temperatur so hoch, dass man schon zu den "Superlegierungen" greifen muss. Die haben zwar die doppelte Dichte von Titan, sind aber wesentlich hitzestabiler. Solche Superlegierungen für Anwendungen in hohen Temperaturbereichen von Turbinen sind zum Beispiel Ni3(Al, Ti) (oft mit einigen Prozent Cobalt angereichert).
In den Reihen der Arbeitsturbine direkt nach der Brennkammer kommen dann wegen der extrem hohen Temperaturen höchstwertige Werkstoffe zum Einsatz. Das sind Einkristallschaufeln oder innengekühlte und mit "kaltem" Gasfilm isolierte Superlegierungen. Das Kühlgas ist verdichtete Luft aus dem Verdichter. Diese Zapfluft geht zwar dem Verbrennungsprozess selbst verloren, aber ohne sie würden selbst die besten Schaufelwerkstoffe abfackeln. Selbst in den letzten Stufen der Turbine findet man kein Titan. Der Grund ist einfach: Im Triebwerk (besonders im Verdichter bei 30 bar und auch im Abgasstrahl) ist zusammen mit hohen Temperaturen immer noch genügend Sauerstoff vorhanden. (Darauf basiert ja die Nachbrennertechnologie.) Der Sauerstoff würde unter diesen Bedingungen mit dem Titan reagieren:
Erstens oxidiert das an sich sehr unedle Titan und bildet eine spröde Randschicht - besonders peinlich, weil in den Randschichten einer Turbinenschaufel die höchsten Spannungen herrschen. Zweitens kann sich selbst eine relativ massive Turbinenschaufel aus Titan bei 30 bar und 650 °C einfach entzünden: Man spricht vom Titanfeuer.

Wir halten also fest: Reines Titan ist zwar ein geeigneter Werkstoff für Fluggeräte, aber nur für die Zelle und die kalten Teile des Triebwerks (also zum Beispiel für die Aufhängungen).


Titan-Aluminium-Legierungen
Andererseits kommt Titan im Turbinenbau doch wieder ins Spiel, wenn man es mit Aluminium legiert. Die wichtigen g-Titan-Aluminide bestehen zu 50:50 Atomprozent (Zusammensetzung TiAl) bzw. zu 60:40 Gewichtsprozent aus Titan. Sie haben die Dichte 4 g/cm3 und Einsatztemperaturen bis 800 °C. Damit steht TiAl die Anwendung im Verdichter und in der letzten Turbinenstufe im Strahltriebwerk offen.


Weitere Anwendungen von Titan
Die Oberfläche des Titans ist zugleich biokompatibel, daher setzt man Titan als Stützmaterial zum Heilen von Brüchen oder bei der Herstellung von künstlichen Gelenken ein. Aus diesem Grunde wird auch Modeschmuck aus Titan gefertigt, da dieses anders als vor allem Nickel nicht allergen wirkt.

Bild 3: Röntgenbild: Daggis Knochen mit Titan


Titan als Legierungselement ist wichtig, es darf aber doch nicht dazu führen, dass ein Material mit 5 % Titananteil bereits als "Titan" verkauft wird. Beispiele sind Golfschläger: Hier gibt es billige "Titanschläger" und teure. Aber auch Brillen aus Titan erweisen sich oftmals als erstaunlich verbiegefreundlich...


Das Titandioxid
Die wirtschaftliche wichtigste Verbindung des Titans ist das Titandioxid, TiO2, das wegen seiner rein weißen Farbe als völlig untoxisches Farbpigment für Karosserie- und Wandanstriche sowie zum Färben von Lebensmitteln geschätzt wird. Wusstest du, dass auch die Haut der Salamiwurst mit Titanweiß eingestäubt wird? Die schicken weißen Autoreifen von amerikanischen Autos sind ebenfalls mit Titanweiß gefärbt.
Hier beschreiben wir den Nachweis von Titandioxid. Klicke auch die Frage 1667 an.


Nasschemischer Nachweis für Titan
Titan weist man mit Hilfe seiner typischen orangegelben Farbreaktion aufgrund der Einwirkung von Schwefelsäure und Wasserstoffperoxid nach (-> Versuch).

Bild 4: Viel Titan: Chrissie bewundert die SR-71 im Imperial War Museum in Duxford bei Cambridge
(Foto: Blume)


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Letzte Überarbeitung: 08. Februar 2012, Dagmar Wiechoczek