Verchromen nach dem Standardverfahren
Michel Greder *)
Chromkristalle (Foto: Daggi)
Vorwort
Der hier beschriebene Prozess zum dekorativen Verchromen von einem Messingteil
ist ein Standardprozess in der galvanischen Industrie.
Der Autor rät dringend von Nachahmungen als Schul- oder Heimversuche dieses Prozesses ab, weil sehr giftige, teil krebserregende Substanzen verwendet werden und eine professionelle Infrastruktur (vor allem auch bei der Entsorgung) notwendig ist.
Es gibt zwei wichtige Grundverfahren zum Verchromen
A Das dekorative Hochglanz-Verchromen ist wegen des typisch metallischen, bläulich schimmernden Glanzes des Chroms in der dekorativen Industrie schon lange bekannt. Als dekorativer Überzug ist die Chromschicht selten dicker als 0,5 µm. Aus diesem Grund wird in der Praxis nie nur verchromt, die Einebnung (der Glanzgrad) und die Korrosionsschutzwirkung wären nicht genügend. Bei dekorativem Verchromen wird mit Unterschichten wie Kupfer und Nickel gearbeitet, wie es das untere Beispiel zeigt.
B Da Chrom ein sehr hartes Metall ist und es als
grobkristallines Material (siehe Bild oben) optisch nicht sichtbare Risse aufweist, in denen sich
Schmiermittel optimal ablagern können, wird so genanntes Hartchrom gern als
Hartschicht bei Wellen und Lager in der Maschinenindustrie verwendet. Diese Schichten zeigen
nicht den bekannten Hochglanz, sondern sehen eher grau aus.
Als Hartschicht werden Chromüberzüge bis 1000 µm dick hergestellt, wobei diese
aber aus einem anders zusammengesetzten Elektrolyten abgeschieden werden, als
in dem folgenden Standardprozess beschrieben wird.
Vor dem Galvanisieren: Konditionierung des Werkstücks
Die Konditionierung ist überaus wichtig, denn nur ein gut konditioniertes Teil wird das
gewünschte Aussehen erhalten. Zur Konditionierung gehören: Schleifen, Bürsten,
Kratzen, Polieren, Entoxidieren, Entzundern von Schweißtellen, Entlacken, die
Entfernung von Fetten und anderen Fremdstoffen. Die Konditionierung erfordert viel
Fingerspitzengefühl.
Richtige Platzierung des elektrischen Kontakts (Kontaktierung)
Die Kontaktierung ist ebenso wichtig wie die Konditionierung. Der Kontakt muss an
einem strategisch wichtigen Ort des Werkstücks platziert werden. Außerdem darf er
nicht zu dünn (Gefahr des Durchbrennens wegen der hohen Stromdichte) oder zu
dick sein ("Schattenbildung" hindert die gleichmäßige Chromabscheidung) und muss
aus einem angepassten, in den benutzten Bädern nicht zersetzbaren, gut elektrisch
leitenden Material sein. Dazu soll er schnell montier- und demontierbar sein, um eine
industrielle Nutzung zu ermöglichen. Es gehört recht viel Erfahrung dazu, um
intelligente Kontaktsysteme herstellen zu können.
Ablaufschema eines typischen Verchromungsprozesses
Bad | Zeit | Stromdichte
(A/dm2) |
Schichtdicke
(µm) |
pH-Wert |
Tauchentfettung
(mit Ultraschall) |
5 min | 9-12 | ||
Elektrolytische Entfettung
kathodisch |
3 min | 9-10 | ||
Elektrolytische Entfettung
anodisch |
15 sec | 9-10 | ||
Sparspülung | 30 sec | - | ||
Spülwasser | 1 min | 7 | ||
Aktivierung (auch Dekapierung
genannt) |
2 min | 1 | ||
Spülwasser | 1 min | 7 | ||
Glanzkupferelektrolyt | 15 min | 3,5 | 8-10 | 1-2 |
Sparspülung | 30 sec | - | ||
Spülwasser | 1 min | 7 | ||
Aktivierung | 1 min | 1 | ||
Spülwasser | 1 min | 7 | ||
Glanznickelelektrolyt | 15 min | 3 | 7-9 | 3,8 - 4,4 |
Sparspülung | 30 sec | - | ||
Spülwasser | 1 min | 7 | ||
Elektrolytische Entfettung
kathodisch |
2 min | 10 | ||
Sparspülung | 30 sec | - | ||
Spülwasser | 1 min | 7 | ||
Aktivierung | 1 min | 1 | ||
Spülwasser | 1 min | 7 | ||
Chromsäureaktivierung | 1 min | 1 | ||
Chromelektrolyt | 4 min | für 40 sec 25 A/dm2,
dann 9 A/dm2 |
0,1-0,3 | 1 |
Sparspülung | 30 sec | - | ||
Natriumdisulfit | 30 sec | 2 | ||
Sparspülung | 30 sec | - | ||
Spülwasser | 1 min | 7 | ||
Demineralisiertes Wasser | 1 min | 7 | ||
Trockenofen | 15 min | - |
Zusammensetzung der Elektrolysebäder, Anodenmaterial und andere
technische Angaben zum Standardverfahren
Die folgende Übersicht zeigt die Zusammensetzung der im Standardverfahren
benutzten Elektrolysebäder (nur Grobzusammensetzung). Außerdem:
1 Glanzkupferelektrolyt
Kupfer(II)-sulfat | 200 g/l |
Schwefelsäure | 40 ml/l |
Salzsäure | 2 ml/l |
Netzmittel | 5 ml/l |
Glanzzusätze und Einebner | 10 ml/l total |
Anodenmaterial | Reinkupfer mit Phosphoranteil |
Temperatur | 20 - 25 °C |
Wannenmaterial | Gummierte Stahlwanne oder PP |
Absaugung | notwendig |
2 Glanznickelelektrolyt (nach Watts)
Nickel(II)-sulfat | 180 g/l |
Nickel(II)-chlorid | 50 g/l |
Borsäure | 40 g/l |
Netzmittel f. Nickelbäder | 2 ml/l |
Natriumsaccharin | 5 g/l |
Anodenmaterial | Reinnickel |
Temperatur | 52-55 °C |
Wannenmaterial | PP |
Absaugung | notwendig |
3 Chromelektrolyt
Chrom(VI)säureanhydrid | 230 g/l |
Katalysator | 20 g/l |
Schwefelsäure | 2 g/l |
Netzmittel f. Chrombäder | 5 ml/l |
Zucker | 1 g/l |
Anodenmaterial | Konditionierte Bleianoden |
Temperatur | 50-55 °C |
Wannenmaterial | PTFE |
Absaugung | Dringend notwendig!!! (sehr giftig) |
Nach der Elektrolyse oder vor Aufarbeitung der Elektrolysebäder ist Behandlung mit Natriumdisulfit Na2S2O5 erforderlich. Es reduziert Chrom(VI) zu Chrom(III). Das ist notwendig, damit die Chrom(VI)-Ionen bei der Abwasserreinigung die Ionenaustauscher nicht zerstören (sehr oxidierend); zudem sind Chrom(III)-Ionen besser spülbar.
Anmerkungen zur Emission von Abgasen
Es entstehen keine Abgase. An der Kathode wird Wasserstoff und an der Anode
Sauerstoff produziert. Je geringer der Wirkungsgrad des Elektrolyten ist, je höher ist
auch die Gasentwicklung. Daneben können z. B. beim Chromelektrolyt Sprühnebel
mitgerissen werden. Aus diesem Grund verwenden wir Netzmittel, um eine feine
Schaumdecke auf der Elektrolytoberfläche zu erhalten; dies minimiert den
Sprühnebel. Das wenige was doch rauskommt, wird von der Ventilation abgesaugt.
Anmerkungen zum Reinigen der Abwässer und verbrauchten Galvanikbäder
Abwässer werden meist durch Ausfällung entgiftet. Verbrauchte Elektrolyte (diese
sind eher selten, denn Elektrolyte haben mit wenigen Ausnahmen kein
"Verfallsdatum", werden also nie unbrauchbar) entzieht man durch Elektrolyse
fast den gesamten Metall-Ionenanteil. Der Rest wird wie beim Abwasser durch
Fällung der Metall-Ionen entgiftet. In der Praxis wird meist nach Vorschrift entgiftet, d.
h. bis das Wasser die Qualität erreicht, wie es der Staat vorschreibt. Im Klartext
bedeutet dies, dass leider immer ein kleiner Rest im Wasser bleibt. Dieser ist aber
ökologisch relativ unbedenklich.
(Siehe hierzu die DC2-Webseiten zur Reinigung von Galvanik-Abwässern.)
*) Michel Greder ist Galvanikermeister in der Schweiz.
Vielen Dank für diesen Artikel!
(In der Schweiz ist es wie auch in Deutschland nach abgeschlossener Berufslehre als Galvaniker plus mindestens zwei Jahre Berufserfahrung möglich, den so genannten Eidg. Dipl. Galvanikermeistertitel zu erwerben. Dieser wird nach 2 Jahren Schule (meist Teilzeit) und bestandener Abschlussprüfung erhalten.)
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