Dioxine als Nebenprodukte von chemischen Produktionen

Der größte Emittent von Dioxinen war die chemische Industrie, die Pestizide, vor allem aber Holzschutzmittel herstellt.

Seveso-Synthese von Hexachlorophen und Bildung von Dioxin

Ein Beispiel ist die Herstellung von 2,4,5-Trichlorphenol (-> Bild). 2,4,5-Trichlorphenol - das in unserem Land nicht mehr produziert werden darf - wird für die Synthese vieler Pestizide wie z. B. des Bakterizids Hexachlorophen eingesetzt. Dabei wird 1,2,4,5-Tetrachlorbenzol (I) alkalisch bei 160 °C zum Phenolat (II) hydrolysiert. Durch Zugabe von Säure wird dann das Trichlorphenol (III) gebildet. Zur Herstellung von Hexachlorophen (IV) wird das Phenol in einer Friedel-Crafts-Alkylierung mit dem CKW Dichlormethan umgesetzt.

Bei der Synthese von 2,4,5-Trichlorphenol entsteht durch Abspaltung von Natriumchlorid als Nebenprodukt das 2,3,7,8-Tetrachlordioxin in Mengen von 1-10 ppm. Allerdings tritt diese exotherme unerwünschte Reaktion bei höheren Temperaturen etwa 240 °C durch Aktivierung stärker in den Vordergrund.

Da durch einen Betriebsunfall in einer Fabrik im italienischen Seveso 2,3,7,8-Tetrachlordioxin in größeren Mengen freigesetzt wurde, wird dieses spezielle Dioxin als Seveso-Gift bezeichnet. Bei diesem Unfall war die Reaktion zu Trichlorphenol unter Zeitdruck durchgeführt worden, da das Wochenende bevorstand. Deshalb wurde das Reaktionsgemisch nicht wie normal am Ende der Reaktionszeit mit Wasser verdünnt, sondern ohne Kühlung bei etwa 160 °C sich selbst überlassen. Im Verlaufe einiger Stunden heizte sich der unbeaufsichtigte Ansatz so weit auf, dass neben anderen Reaktionen auch die verstärkte exotherme Bildung von Dioxin einsetzte. Wegen des mit der erhöhten Temperatur einhergehenden Druckanstiegs brach schließlich das Reaktionsgefäß, wodurch Teile des Reaktionsgemisches und damit auch Dioxin in einer Aerosolwolke freigesetzt wurden. Insgesamt sollen bei diesem Unfall etwa 2 kg TCDD in die Umwelt emittiert worden sein.

Weitere Produktionsprozesse, bei denen Dioxine entstehen können, sind die Herstellung des Holzschutzmittels Pentachlorphenol (PCP) und von Trichlorphenoxyessigsäure (2,4,5-T). Letztere wird aus einem Zwischenprodukt der Hexachlorophen-Synthese hergestellt (-> Reaktionsschema oben). Damit wird deutlich, warum 2,4,5-T erhebliche Anteile an TCDD enthalten kann. Diese Substanz wird in der Bundesrepublik nicht mehr hergestellt. Sie erlangte traurige Berühmtheit als Bestandteil des im Vietnamkriegs eingesetzten Entlaubungsmittels Agent Orange.


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Letzte Überarbeitung: 24. Juni 2002, Dagmar Wiechoczek