Dioxinbildung beim chlorierenden Rösten von Cu-Erzen

Der wegen seiner hohen Dioxinbelastung ins Gerede geratene schöne rote Belag von Sportplätzen ("Kieselrot") ist der Schlackenabfall aus einem veralteten Verfahren zur Gewinnung von Kupfer, dem "chlorierenden Rösten". Dies Verfahren ist seit 1945 außer Gebrauch.

Chlorierendes Rösten ist ein Trocken-Nassverfahren, mit dessen Hilfe man kupferarme Erze (wie im sauerländischen Marsberg) aufarbeitete. Das Ausgangsmaterial, das neben Eisenverbindungen geringe Mengen Kupfersulfid und -oxid enthält, wird gemahlen, mit 10-12 % Natriumchlorid versetzt und in Schachtöfen unter Sauerstoffüberschuss 2 Stunden lang auf ca. 500-600 °C erhitzt. Dabei bildet sich herauslösbares Kupferchlorid. Die zurückbleibende eisenoxidische Schlacke ist tiefrot gefärbt.

Die Reaktionsbedingungen beim chlorierenden Rösten sind optimal zur Bildung von chlorierten Aromaten wie vor allem Hexachlorbenzol (HCB) und Dioxinen. Zur Quelle des zur Dioxinbildung notwendigen organischen Materials: Das schwarze Marsberger Kupfererz ist ein eisenhaltiger Kupferschiefer aus dem Erdmittelalter, der von vornherein bis zu 10 Masse% Bitumen enthält.

Die Dioxinbildung läuft vor allem in kühleren Zonen des Schachtofens ab. Hinzu kommt, dass dieser Prozess (wie auch in den kühleren Filteranlagen von MVA) durch Schwermetalle katalysiert wird. Besonders wirksam sind hierbei ausgerechnet Kupfer und Eisen. Dadurch wurden offenbar Konzentrationen bis nahezu 100.000 ng bzw. 0,1 mg Dioxin-TE/kg Schlacke erreicht.

Das Kieselrot gast die schwerflüchtigen Dioxine anhaltend aus. Abdeckungen sind sinnlos, da die Dioxine in diese einwandern und sogar Beton durchdringen. Damit wird nur die Menge an kontaminiertem Boden erhöht.

Da das chlorierende Rösten bereits seit 1850 angewendet wird, muss man sich wegen der hohen Bodenpersistenz von Dioxin (Halbwertszeit 160 Jahre) weiterhin auf Überraschungen einstellen. Offenbar ist damit die Hauptquelle für die ständige, bislang unerklärliche Grundbelastung der Atmosphäre an Dioxinen gefunden worden. Da man die Schlacke auch in die Ostsee entsorgt hat (unter anderem zur Abdeckung der versenkten chemischen Waffen!), gilt analoges für die hohe Dioxinbelastung dieses Gewässers.


Diese Seite ist Teil eines großen Webseitenangebots mit weiteren Texten und Experimentiervorschriften auf Prof. Blumes Bildungsserver für Chemie.
Letzte Überarbeitung: 24. Juni 2002, Dagmar Wiechoczek