Die KT-Grenze: Der Übergang von der Kreidezeit zum Tertiär

Wenn man in Dänemark auf der Ostseite von Seeland bei den Felsen von Stevns Klint steht, fällt einem auf, dass hier nahezu schlagartig ein Sedimentationswechsel stattgefunden haben muss. Denn auf die weiche Kreide, die zuunterst liegt, folgt das knallharte Gestein des unteren Tertiärs, des Danian. Da die weiche Kreide immer wieder weggespült wird, bildet sich ein manchmal recht gefährlicher Überhang des harten Tertiärgesteins aus. Dieses „Hangende“ bricht regelmäßig ab und reißt dabei Teile des Landes mit sich ins Meer. Auch die Kirche von Højerup ist schon halb weggebrochen. Das folgende Bild zeigt die geologische Situation.

Bild 1: Robin untersucht die KT-Grenze an Stevns Klint
(Foto: Alex Blume)


Die gleiche „KT-Grenze“ ist auch im riesigen Steinbruch von Fakse auf Seeland aufgeschlossen.


Zur Zeit der KT-Grenze gab es einen extremen Temperaturwechsel
Wenn man die KT-Gesteine und die darin enthaltenen Fossilien genauer untersucht, wird deutlich, dass die Änderung der Sedimentation von einem Temperaturanstieg begleitet wurde.

Zwar sanken in den letzten 20 Millionen Jahren der Kreidezeit (im Senon) die Temperaturen des Wassers deutlich ab, so dass das späte Kreidemeer recht kühl gewesen sein muss. Dafür sprechen die vielen Kieselschwämme, aus deren Resten letztlich der Feuerstein entstanden ist. Rezente Kieselschwämme bevorzugen kaltes Wasser.

Bild 2: Donnerkeile dienen der Wissenschaft als Thermometer der Meere (10 cm) (Oberkreide)
(Foto: Alex Blume)


Schauen wir uns die Belemnitenrostren (Donnerkeile) an. Zum Bau von deren Kalk CaCO3 ist letztlich CO2 erforderlich. Nun muss man wissen, dass es zwei Isotopen von Sauerstoff gibt: Sauerstoff-16 und Sauerstoff-18. Je kälter das Wasser ist, desto mehr wird 18O-haltiges CO2 eingebaut. Damit hat man ein Thermometer zur Verfügung, mit dem man die Temperaturen vergangener Zeiten messen kann.

Man hat deshalb die Zusammensetzung der Belemnitenrostren mit einem Massenspektrographen genauer untersucht. Daher weiß man, dass nach dem eben beschriebenen anfänglichem Absinken der Wassertemperaturen innerhalb weniger (vielleicht 1.000 bis 10.000) Jahren die Temperaturen wieder kräftig anstiegen. Dieser Wärmeschock war zuviel für die meisten Tiere: Die Kieselschwämme verschwanden. Andere, im Gegensatz dazu Wärme liebende Tierarten traten auf, wie zum Beispiel riesige Mengen an Korallen und Bryozoen (Moostierchen). Ihre Fossilien bilden die Gesteine an der KT-Grenze.

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Bild 3: Hohler Seeigel mit Besatz von zwei Arten Bryozoen (Länge des Seeigels 3 cm) (Brissopneustes danicus; Tertiär/Danian)
(Foto: Blume)


Die Kieselschwämme wurden dezimiert, deshalb gibt es in den Sedimenten auch (fast) keinen Feuerstein mehr. Und vor allem verschwanden auch schlagartig die Coccolithen, auf deren feinem, aber konstantem „Planktonregen“ die umfangreiche Sedimentbildung des Kreidemeers beruhte.


Wie kam es überhaupt zu diesem dramatischen Temperaturanstieg?
Nachdem man das alles wusste, wurde kräftig spekuliert. Bis etwa 1980 nahm man an, dass daran die Coccolithen indirekt Schuld gewesen sein könnten. Das sind Einzeller mit Kalkschalen. Diese entnahmen dem Meerwasser CO2. Das machte einen Nachschub aus der Atmosphäre notwendig. Die kühlte daraufhin ab. Das war sozusagen ein negativer Treibhauseffekt. Als dann aber plötzlich die Coccolithen ausstarben, war dieser Negativ-Trend gestoppt, die Atmosphäre und damit auch das Meer konnten sich wieder erwärmen.

Das ist eine schöne Theorie, aber sie erklärt nicht, welches Ereignis überhaupt zum Aussterben der Coccolithen geführt hat!

Der Grund – so nimmt man heute an – war viel dramatischer. Auch hiervon kündigen die Felsen von Stevns Klint. Wenn man genau hinsieht, erkennt man eine nur wenige Millimeter dünne schwarze, teils tonige und teils kohlige Schicht. Wenn sie jemand sucht: Achtung! Sie liegt nicht direkt unter den harten Felsen des Tertiärs, sondern etwa einen halben Meter darunter, also noch in der weichen Kreide. Sie darf aber nicht mit einer wesentlich dickeren, schwarzen Feuersteinschicht verwechselt werden (siehe Bild 1).

Diese feine Schicht, die man in der ganzen Welt findet, hat man physikalisch und chemisch genau untersucht. Sie enthält in großen Mengen ein Element, das für Asteroiden und Meteoriten typisch ist: Iridium. Und so nimmt man heute an, dass der Einschlag eines Asteroiden vor 65 Millionen Jahren einen katastrophalen Klimaschock ausgelöst hat. Den Ort des Asteroiden-Impakts meint man gefunden zu haben; er liegt auf dem Schelf im Golf von Mexiko vor der Halbinsel Yucatan.

Aufgrund der dramatischen Temperaturänderungen (wozu auch die Auswirkungen einer monatelangen Verdunkelung des Himmels gehörte; Stichwort „Nuklearer Winter“) starben drei Viertel aller Tierarten aus, wie z. B. die großen Dinosaurier (deren kleine Nachfahren, die Vögel, allerdings überlebten), außerdem die Ammoniten und die Belemniten, damit auch die Coccolithen und die meisten Kieselschwämme. Wer jedoch eine „Nische“ fand, wie die Säugetiere, der war im Vorteil. Und zu den Gewinnern gehörten mal wieder die Nautiloiden, in den Tiefen des Meeres vegetierende Überlebenskünstler par exellence

Wie dieser uns zeitlich recht unangenehm nahe Epochenbruch wird es auch in früheren Epochen gewesen sein. Immer wieder gibt es unerklärliche, massive Unterbrechungen der Evolution. Die führt man heute vor allem auf astronomische, letztlich also außerirdische Einwirkungen zurück.

Haben Asterix und seine Gefährten doch Recht gehabt, als sie betonten, dass sie nur vor einer Sache Angst hätten, nämlich dass ihnen der Himmel auf den Kopf fällt? Es spricht vieles dafür. Denn das kann jederzeit erneut geschehen.


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Letzte Überarbeitung: 11. Juni 2008, Dagmar Wiechoczek