Links-Rechts und Oben-Unten

Hier geht es um Muscheln und um Schalentiere, die wie Muscheln aussehen, um die Brachiopoden. Wir wollen vor allem über die Symmetrien ihrer Schalen sprechen.

Bild 1: Geschlossene Muschel, die eigentlich eine Tongeode ist (Breite 8 cm) (Thracia; Unterkreideton)
(Fotos: Blume)


Die Schalen „normaler“ Muscheln (Bild 1) verhalten sich wie Bild und Spiegelbild, oder wie die linke Hand zur rechten (Bild 2).

Bild 2: Zweiklappige, geschlossene Muschel (Länge 6 cm) (Myophorella clavellata; Dogger)
(Fotos: Blume)


Wissenschaftler sprechen von Chiralität (griechisch chiros, Hand). Dieses Prinzip ist auch äußerst wichtig für die Chemie. Dort gibt es spiegelbildlich isomere Moleküle, die Enantiomeren. Bekannte Beispiele sind Kohlenhydrate oder Aminosäuren. Das heißt aber nicht, dass die linke und die rechte Schale von links- oder rechtsdrehenden Biomolekülen aufgebaut sind! Das hat man früher tatsächlich geglaubt.

Spiegelbildlich sind auch die Gelenkteile der beiden Muschelklappen konstruiert. Sie verhalten sich aber letztlich wie Konkav zu Konvex.

Bild 3: Schloss einer Muschel (Pecten; rezent)
(Foto: Blume)


Die Konstruktion der Schlösser ist übrigens ein typisches Artmerkmal und dient in der Paläontologie zur Bestimmung der Muschelart. Andere Artmerkmale wie die genetischen Beziehungen lassen sich in der Paläontologie nicht heranziehen.

Im Allgemeinen bleibt es nicht bei der einfachen händigen Links-Rechts-Symmetriebeziehung. Viele Muscheln „erfinden“ darüber hinaus noch weitere Zusatz-Symmetrien. Die Muschel Diceras zum Beispiel lässt ihre beiden Links-Rechts-Schalen elegant in zwei Spiralen auslaufen - die linke verläuft rechtsherum, die rechte linksherum (Bild 4).

Bild 4: Rechts-Links-Spiralen bei einer Muschel (Breite 7 cm) (Diceras; Weißjura Alpha)
(Foto: Blume)


Bei den Austern gruppieren sich die Schalen um: Hier gibt es statt Rechts-Links ein unterschiedliches Oben-Unten. Im Allgemeinen gibt es bei ihnen keine weitere, erwähnenswerte Symmetriebeziehung (Bild 5).

Bild 5: Oben-Unten-Beziehung bei Austern (Länge 13 cm) (Exogyra; Unterkreide)
(Fotos: Blume)


Allerdings weisen manche Austern wie die im Schwarzjura weit verbreitete Gryphea zum Oben-Unten zusätzlich noch eine Rechts-Links-Symmetrie auf, deren Spiegelebene durch den Körper läuft. Das zeigt ein Schnitt durch das Fossil (Bild 6).

Bild 6: Oben-Unten- und Links-Rechts-Beziehung bei der Auster Gryphea arcuata (Länge 6 cm) (Schwarzjura Alpha)
(Fotos: Blume)


Das für die Austern Gesagte gilt auch für die Brachiopoden (lat. bracchium, Arm; pes, Fuß; also „Armfüßer“). Es handelt sich um Verwandte der Würmer. Sie tragen Schalen, die im Allgemeinen eine Oben-Unten-Anordnung zeigen. Dazu kommt noch fast immer zusätzlich eine Rechts-Links-Symmetrie (Bild 7) - wie bei der Gryphea.

Bild 7: Oben-Unten- und Links-Rechts-Beziehung bei Brachiopoden (max. Länge 5,5 cm) (Tertiär und Weißjura)
(Foto: Blume)


Natürlich gilt das Links-Rechts-Prinzip für das Äußere aller Organismen, die nicht wie die Turmschnecken raumspiralige Schalen bauen. Beispiele sind die Seeigel. Manche bauen zusätzlich zur bekannten Fünfersymmetrie noch eine Zweiersymmetrie auf. Man nennt solche Seeigel irregulär.

Bild 8: Fünfersymmetrie und Links-Rechts-Beziehung bei irregulären Seeigeln (Länge 9 cm) (Hemipneustes radiatus; Oberkreide/Maastricht)
(Fotos: Blume)


Fazit: Symmetriebetrachtungen spielen in der Naturwissenschaft eine wichtige Rolle. Deshalb lernen wir auch durch die Beschäftigung mit Fossilien, mit der Symmetrie umzugehen.


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Letzte Überarbeitung: 08. Juni 2008, Dagmar Wiechoczek