Wie Ton und Geoden entstanden sind

In vielen Gegenden Europas gibt es mächtige (das ist Geologendeutsch und heißt „dicke“) Ablagerungen von Ton und Schiefer. Deren Schichtdicke beträgt in Europa bis zu 4000 m! Davon künden auch die vielen Tongruben, in denen Ton gewonnen wird, den man zum Ziegelbrennen benötigt. Für Fossiliensammler ist wichtig, dass man hier die prächtigsten Versteinerungen finden kann.

Bild 1: Ammonit (Schlotheimia) im Lias Alpha-Schieferton. Durchmesser des Steins 8 cm
(Foto: Blume)


Ton ist ein Gemenge aus verschiedenen Mineralien
Hört man das Wort „Ton“, so denken manche Leute nicht an Musik oder den „Guten Ton“, sondern an Schmodder und ans Töpfern.

Obwohl sich vor allem die feuchten Tone anfühlen, als seien sie nicht kristallin, bestehen sie doch aus Kristallen. Die sind jedoch so klein, dass man sie auch mit einem guten Lichtmikroskop nicht erkennt. Deshalb bilden Tone meistens kolloidale Lösungen. Das heißt unter anderem auch, dass man Tonaufschlämmungen nicht filtrieren kann. Es läuft immer eine trübe Brühe durchs Filterpapier.

Wenn man die Tonpartikel allerdings sehr stark vergrößert (zum Beispiel mit einem Elektronenmikroskop), erkennt man, dass es sich um feine Silicat-Kristalle mit Blättchenstruktur handelt. Wie andere Silicate auch, bestehen sie vor allem aus den Elementen Sauerstoff, Silicium, Aluminium, Eisen, Magnesium und Kalium. Die Kristallgitter sind als Schichten aus Si-O- bzw. Si-Al-Tetraedern aufgebaut, zwischen denen sich Wassermoleküle, Ionen und auch organische Substanzen reversibel einlagern können.

Diese Kristallschichten und auch die blättchenförmigen Kristalle lassen sich leicht gegeneinander verschieben. Daher rührt das weiche, geschmeidige Gefühl, das man hat, wenn man feuchten Ton berührt.

Auf den Eisengehalt ist auch zurückzuführen, dass bei der Verwitterung dieser Tone in Gegenwart von Sauerstoff gelbe, rote und braune Erden (Laterite oder Ferrite) oder auch Mergel und Bohnerz entstehen.

Aus Tongruben gewann man auch einen wichtigen Industrierohstoff, den aluminiumhaltigen Alaun.

Die Mineralien, die im Ton enthalten sind, nennt man – wie zu erwarten ist - Tonmineralien. Es gibt etwa 15 Klassen davon. Ein auch für Fossiliensammler besonderes Tonmineral ist der Glaukonit.


Wie sind diese Sedimentgesteine entstanden?
Sie entstehen auch heute noch, wenn Gesteinsbestandteile wie vor allem Feldspäte und Glimmer verwittern. Die Verwitterung erfolgt durch Einwirkung von Wasser, Luft, Temperaturwechsel und unter Einfluss der Vegetation. Das Wirkungsspektrum reicht von mechanischer Einwirkung bis zu chemischen Umwandlungen, zu denen auch Lösungsprozesse (Hydrolyse) und Ionen- oder Stoffaustauscheffekte gehören. Es hängt somit stark von der Klima- bzw. Vegetationszone ab, wie schnell und in welchem Umfang die Umwandlung der Mineralien erfolgt. Je wärmer es ist, desto rascher erfolgt die Umwandlung. Das beeinflusst auch die Vegetation.
Genaueres zum Beziehungsgefüge von Verwitterung, Klimazonen und Pflanzenwachstum findet man hier.


Wie aus Ton Schiefer wird
Wenn man in Tongruben Steine sucht, ist man überrascht, dass es verschiedene „Antworten“ auf den Schlag eines Geologenhammers gibt. Einige Steine lassen sich einfach zerschlagen. Ihre Spaltung erfolgt ungerichtet. Bei anderen Gesteinen spaltet das Gestein; es wirkt blättrig. Wir erkennen eine deutliche Schichtung der Tonmassen (Schieferung).

Solch eine Tongrube ist etwa die von Holzmaden. Hier ist ein Bild von Steinen aus Holzmaden, die vor dem Eingang des Berliner Aquariums liegen.

Bild 2: Schiefer aus Holzmaden vor dem Berliner Aquarium
(Foto: Blume)


Schiefer ist ein blättriges, leicht spaltbares Gestein. Wie ist er entstanden? Es gibt viele Schieferarten. Allen gemeinsam ist nur die physikalische Eigenschaft der leichten Spaltbarkeit. Die Genese kann völlig verschieden sein. Klicke hier.

Der uns hier interessierende Schiefer ist verfestigter Ton. Er bildet sich im Verlauf der Diagenese von Tonmineralien. Unter dem Gewicht der manchmal vielen Tausend Meter mächtigen frischen Tonschichten und aufgrund seiner Entwässerung kommt es zur Verhärtung. Zunächst bildet sich Schieferton, der dann in Tonschiefer und schließlich im Rahmen der Metamorphose (das heißt unter Einwirkung von Hitze gepaart mit Druck) in Schiefergesteine wie den Dachschiefer oder Griffelschiefer, Gneis, Glimmer und andere Gesteine übergeht.

Die Voraussetzung für die zunächst diagenetische Schieferung liegt in der blättrigen Struktur der im Ton enthaltenen Mineralien wie Glimmer, die sich senkrecht zum Druck einregeln. Letztlich bilden die Tonmineralien metamorphotisch ihre blättrigen Ausgangsmineralien Glimmer und Feldspat zurück.

Zur völlig anderen Bildung des Lithographenschiefers von Solnhofen klicke hier.


Tonmineralien enthalten besonders viele gut erhaltene Fossilien
Im feinen Ton an Land oder im Meer versinken ständig Tierkörper und ihre Skelette oder Schalen. Der feine Schluff bildet die Strukturen sehr gut nach. Hinzu kommt, dass im Ton oftmals Sauerstoffarmut herrscht. Damit können die Biomoleküle weitgehend erhalten bleiben; sie bilden vor allem Kohlenwasserstoffe. Manche Schiefer sind deshalb mit Erdöl imprägniert – wie der Stinkkalk aus dem Lias Epsilon im Voralbgebiet von Baden-Württemberg, etwa bei Balingen.

Außerdem kann sich Schwefeleisen bilden: Pyrit und Markasit. Im Ton findet man deshalb die prächtigsten Versteinerungen.

Bild 3: Pyrit-Ammonit im Tonschiefer. Durchmesser 2,5 cm (Foto: Blume)
(Sammlung Alexander Blume)


In Tonen bilden sich Geoden
Hinzu kommt die für Tone typische Bildung von Geoden oder Konkretionen. Damit bezeichnet man Mineralienverdichtungen im Ton. Sie entstehen aus einer primären Häufung bestimmter Ionen- bzw. Molekülarten. Diese wirken als Kristallisationskeime. Wie die Geoden im Rahmen der Diagenese durch Sammelkristallisation genau entstehen, beschreiben wir hier.

Es können Phosphate oder Calcit sein oder auch Verbindungen zwischen Schwefel und Eisen. Das sind letztlich ebenfalls Elemente oder Verbindungen, die für Lebewesen typisch sind. Deshalb enthalten vor allem solche Konkretionen Fossilien. Diese sind teilweise extrem gut erhalten. So findet man in ihnen z. B. die Knochen oder die Haut kompletter Saurier, Fische mit Schuppen, Ammoniten mit opalisierender Schale, Seeigel mit Stacheln oder Holz.

Bild 4: Geode aus dem Lias mit einem Ammoniten (Dactolyoceras tenuicostatum). Durchmesser 8 cm
(Fotos: Blume)

Ein anderes Beispiel ist diese Geode aus dem Tonsediment der Unterkreide. Klopft man sie vorsichtig auf, so entdeckt man darin einen versteinerten Krebs. Genau genommen ist es nicht der Krebs selbst, der versteinert ist, sondern nur sein Häutungspanzer.

Bild 5: Geode mit Krebspanzer aus dem Unterkreideton von Bückeburg (Mecochirus rapax; Unterkreide/Valendis). Länge 4,5 cm
(Fotos: Blume)


Gerade den Geoden sollte man viel Aufmerksamkeit schenken. Manchmal befinden sich in ihnen auch „nur“ schöne Mineralien.


Das traurige Ende von so manchen schönen Aufschlüssen…
Bei vielen Tongruben lohnt sich der Abbau nicht mehr, oder das Gelände reicht für den weiteren Abbau nicht aus. Nun sind die Tongruben ja ziemlich wasserdicht. Deshalb lässt man sie offen liegen („Sie sind aufgelassene Tongruben“). Im besten Fall entwickeln sie sich zu wertvollen Biotopen, in denen sich allerlei Wassergetier ansammelt. So findet man hier Salamander und Molche, aber auch Vögel, die von ihnen leben.
Meistens aber enden die Tongruben mit all ihren Fossilienschätzen als Mülldeponien. Und weil sie so dicht zu sein scheinen, entfremdet man sie sogar als Sondermülldeponien. Das unrühmlichste Beispiel ist wohl die Grube Messel bei Frankfurt. Oder die berühmte Tongrube von Bethel bei Bielefeld, die ebenfalls mit Müll aufgefüllt wurde. Hierhin kamen sogar die Spezialisten aus Tübingen zum Sammeln. Heute stehen Hochhäuser auf der verfüllten Tongrube. Eine späte Rache der Natur soll nicht unerwähnt bleiben: Aufgrund des Mülls, auf dem die Hochhäuser gebaut wurden, korrodieren deren Fundamente…


Last but not least
Feuchte Tonmineralien haben noch eine andere Eigenschaft, die den Steinesammlern oft zu schaffen macht, sie vielleicht sogar auch zum Wahnsinn treibt: Tone adsorbieren nämlich Kohlenwasserstoffe. Deshalb setzt man sie (in abgewandelter Form) auch zur Reinigung von mit Mineralöl verschmutzten Umweltmedien ein. Zu den Kohlenwasserstoffen gehört letztlich auch Gummi. Sagenhaft ist deshalb das Anhaften von Ton an den Gummistiefeln. Da soll schon so mancher Stiefel im Tongrubenschlamm stecken geblieben sein. Denn beim Versuch, die Kohäsionskräfte des Tons zu überwinden, zieht es vielen die Stiefel aus!

Die Bindungen zwischen Tonmineralien und Gummi beruhen übrigens auf van der Waals-Kräften.


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Letzte Überarbeitung: 26. Oktober 2014, Dagmar Wiechoczek