Für Experten: Die fotografische Entwicklung ist ein elektrochemischer Prozess

Auf der Seite Das Entwickeln - Ein Bild wird sichtbar haben wir erfahren, dass es sich bei der Entwicklung eines Fotos um eine Redoxreaktion, also um eine Elektronenübertragung vom Entwickler zum Silber-Ion handelt.

Die Entwicklung ist letztlich nichts anderes als ein chemischer Prozess in einem galvanischen Element.

Sie startet am Latentbildkeim und läuft an der Korn- bzw. AgBr-Kristalloberfläche ab. Aber auch hier müssen wir genau hinsehen: Denn das Bildsilbermetall ist beteiligt.

Bild 1: Entwicklung eines Silberbromidkorns

Dass metallisches Silber tatsächlich unter Bildung von Fäden wächst, ist zumindest den Mineralienfreunden bekannt.

Metallisches Silber in einer redox-aktiven Lösung bildet genau genommen eine Silber-Elektrode. Hier ist es sogar eine so genannte Elektrode zweiter Art, da der wachsende Silberfaden auch noch in sein schwerlösliches Salz Silberbromid eingebettet ist. Es handelt sich letztlich um eine Silber/Silberbromid-Elektrode.
Gleichzeitig spielt der Silberkeim aber auch die Rolle einer Redoxelektrode, die die Oxidation des Entwicklers katalysiert.

Wir zerlegen die Redox-Reaktion der chemischen Entwicklung in den anodischen und den kathodischen Teilprozess

Am Silber laufen beide Teilprozesse offenbar nebeneinander und simultan ab. Man kann das so zeichnen:

Bild 2: Der Entwicklungsprozess als Lokalelement


Die Elektronen des Entwicklers werden durch das Silber auf Silber-Ionen übertragen. Der primäre Latentsilberkeim wird größer, der Silberfaden schiebt sich aus dem Kristall heraus. Das Silberbild entsteht. Das erinnert an ein elektrochemisches Lokalelement wie z. B. bei der durch Kupfer katalysierten Korrosion des Eisens.

Dabei sind der Latentbildkeim und anschließend der Bildsilberfaden zugleich Anode und Kathode. Das wird deutlich, wenn wir das Ganze als galvanisches Element zeichnen.

Bild 3: Die fotografische Entwicklung als galvanisches Element des Silbers


Für beide Teilprozesse lässt sich die Nernstsche Gleichung aufstellen:

Anodischer Teilprozess

     


Zunächst einmal besagt die Gleichung (was nicht überrascht), dass das Reduktionspotential des Entwicklers vom Konzentrationsquotienten des Entwicklersystems abhängt.

Anhand der Gleichung wird aber auch deutlich, dass die Entwicklung pH-abhängig ist. Denn schließlich geht die H+-Ionen-Konzentration (besser: Aktivität) in die Nernstsche Gleichung ein. Das Reduktionspotential steigt, wenn der pH-Wert zunimmt.

Kathodischer Teilprozess

     

Die Aktivität der Feststoffe wird gleich 1 gesetzt. So ergibt sich:

     

Bei der Betrachtung der Gleichung wird deutlich, dass das Potential dieses Teilprozesses nur von der Bromid-Ionen-Konzentration abhängt. Es sinkt, wenn die Bromid-Konzentration steigt.

Deshalb lässt sich auch der Entwicklungsprozess durch den Zusatz von Bromid-Ionen steuern. Sie wirken als Antischleiermittel, weil durch ihren Zusatz die Differenz zwischen Entwicklerpotential und Silberpotential sinkt.

So wird verhindert, dass auch unbelichtete Silberbromidkristalle entwickelt werden; das Bild bleibt klar.


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Letzte Überarbeitung: 02. Februar 2014, Dagmar Wiechoczek