Kurze Fragen - Kurze Antworten
Aus dem E-Mail-Korb von Professor Blume

E-Mail-Gruppe 207
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F: Es geht um das Thema "Stärke", also um Amylose und Amylopektin. Es ist das erste Mal, dass ich mich in der Schule mit diesem Thema beschäftige, und so habe ich versucht, aus meinem Wissen über Struktur-Eigenschaftsbeziehungen abzuleiten, welche Form der Stärke nun die wasserlösliche Form ist. Ich bin zu dem Ergebnis gekommen, dass Amylopektin besser löslich sein muss, da durch die reine Helix-Struktur der Amylose etliche polare Anteile des Moleküls "abgedeckt" sind. Im Amylopektinmolekül dagegen sind an den Verzweigungsstellen die polaren Anteile noch frei zugänglich.

Dumm gelaufen! Auf Ihrer Seite steht eindeutig, wie auch in vielen anderen Quellen, die ich anschließend befragt habe, dass die Amylose die wasserlösliche Form ist. Wie aber kann ich diesen Befund erklären? Mit den Wasserstoffbrückenbindungen müsste es ja eigentlich etwas zu tun haben.


A: Hier geht es um zwei Begriffe: Löslichkeit und Quellfähigkeit.

In Amylose (20 % in der Kartoffelstärke) gibt es zwar die von Ihnen beschriebenen unverzweigten Helix-Strukturen. Die OH-Gruppen weisen nach "außen" und sorgen für den Zusammenhalt der Helices. Die Windung hat jedoch einen sehr großen Durchmesser. Stellen Sie sich das modellhaft vor: Pro Windung über 10 Glucoseeinheiten - da ist zwischen den Helices kein großer Kontakt zu erwarten. Amylose ist die für den Iod-Nachweis genutzte "lösliche Stärke", weil die Wassermoleküle sich zwischen die locker verbundenen Helices schieben und diese so auseinanderdrücken können.

Amylopektin (80 % in der Kartoffelstärke) ist verzweigt aufgebaut. Sie hat verglichen mit Amylose einen stärkeren Zusammenhalt. Neben dem OH-Kontakt (Wasserstoffbrücken) zwischen einzelnen Helices und dreidimensionalen Molekülen kommen noch andere Möglichkeiten zur intermolekularen "Berührung" infrage. So gibt es sogar Quervernetzungen. Außerdem sind die oftmals kürzeren, buschartigen Seitenketten nicht immer helical ausgebildet, weil sie zu kurz sind oder sich gegenseitig stören. Deshalb kann es auch zu van der Waals-Bindungen kommen.
Aufgrund der Verzweigungen sind andererseits viele Bereiche gegen den Angriff der Wassermoleküle abgeschirmt. Deshalb kann Amylopektin schon aufgrund seiner großen Molekülmasse relativ viele Wassermoleküle einlagern, ohne dass seine Moleküle ihren Zusammenhalt verlieren. Hinzu kommt, dass die Molmasse des Amylopektins über 1 Million beträgt (die von Amylose nur 17000 bis 225000).
Amylopektin ist somit nur ein quellfähiger Stoff und trägt zur bekannten Kleisterwirkung der Stärke bei (übrigens auch zur Stärkefolienbildung, die mit löslicher Stärke nicht gelingt). Der Name "Pektin" erinnert schon auf die Quellfähigkeit. Mit Pektinen kocht man bekanntlich Marmelade ein...

In Ihre Diskussion hinsichtlich der Löslichkeit sollten Sie übrigens auch die Cellulose einbeziehen. Die ist extrem kristallin aufgebaut. Hier sind die OH-Gruppen so angeordnet, dass sie sich weitgehend gegeneinander absättigen und die Wassermoleküle nur begrenzt andocken können - deshalb ist die Cellulose nur quellfähig. Hinzu kommen auch noch van der Waals-Bindungen - wie auch beim Amylopektin. (Lesen Sie dazu in der Rubrik "Kurze Fragen/Kurze Antworten" die Frage 1098.)

Insgesamt ist das so wie bei den verschlungenen Molekülen der Gelatine oder den sauren Pektinen. Dazu haben wir unseren Tipp des Monats Nr. 99: Strukturiertes Wasser - Von Gelatine bis zu den Superabsorbern.


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F: Ich möchte sie fragen,wenn man ein Waschmittel untersucht, kann man heraus bekommen welche Duftstoffe genau darin enthalten sind? Ich würde auch gern erfahren,wo man eine solche Analyse durchführen lassen kann


A: Die Duftstoffe sind äußerst vielfältige Substanzen/Gemische und ihre Analyse erfordert viel Aufwand. Man kann das machen, wenn man eine HPLC-Anlage oder einen GC mit MS-Kopplung sowie Vorkenntnisse bei Ihrem speziellen Analytik-Problem und außerdem noch Vergleichssubstanzen hat.

Wenn Sie es nicht selbst machen wollen: Ihre Analyse machen Speziallabore (Gelbe Seiten!). Kalkulieren Sie aber einige Kosten ein...

Ansonsten fragen Sie den Hersteller.


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F: Hallo Prof. Blume,
auf ihrer Internetseite über das Vitamin C (/dc2/asch2/) habe ich schon viele Informationen gefunden. Allerdings habe ich das noch nicht ganz verstanden, warum die Ascorbinsäure zwei pKs-Werte hat. Also es gibt pKs 1 = 4,1 und pKs 2 = 11,8. Das C-3-Atom hat den kleineren pKs-Wert (4,1) und das C-2-Atom hat eine Säurekonstante von 11,8 (so viel hab ich schon herausgefunden). Warum reagiert den das H-Atom des C-3-Atoms stärker (stärkere Säure, wegen kleinerem pKs-Wert) und nicht das H-Atom am C2?
Womit kann man den die Zuodrnung der pKs-Werte begründen? Ich finde das ganze etwas verwirrend.
Es würde mich freuen, wenn sie mir helfen können, da ich schon in verschiedenen Chemieforen keine hilfreichen Informationen gefunden habe.


A: Dass Sie nicht verstehen, weshalb es für die AscH2 mit ihrer Dienolstruktur -COH=COH- zwei pK-Werte gibt, kann ich nicht nachvollziehen. Sie sehen doch deutlich zwei Wasserstoffatome, die als Protonen abgehen können. Lesen Sie alles noch einmal in unserer Webseitengruppe "Chemie der Ascorbinsäure" nach.

Zu Ihrer anderen Frage: Es ist m. E. wegen der Wechselwirkung innerhalb der Endiolstruktur unmöglich, eine Zuordnung der Reihenfolge der Dissoziation der Endiol-Struktur zu treffen. Man kann vielleicht darüber spekulieren, dass die Umgebung des C2-Atoms mehr O-Atome aufweist und daher mehr Elektronen in die C-OH-Bindung geschoben werden als bei C3. Ich halte das ganze für überflüssige Spekulation. Nach dem ersten Abgang eines Protons bildet sich aufgrund des mesomeren H-Brücken/Dienol-Systems ein symmetrischer Ring aus 5 Atomen, ohne Bevorzugung des einen oder des anderen C-Atoms.


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F: Ich muss demnächst eine PP-Präsentation zum Thema Enantiomere, Chiralität und optische Aktivität asymmetrischer organischer Verbindungen halten.
Trotz allem bleiben für mich einige fachlichen Fragen offen:
Sind grundsätzlich alle asymmetrischen Verbindungen optisch aktiv? (also beispielsweise auch asymmetrische anorganische Komplexverbindungen?)
Können auch symmetrische Verbindungen und Doppelbindungen zwischen Atomen optische Aktivität hervorrufen?
Wie lässt sich überhaupt die Drehung der Polarisationsebene von Licht durch unterschiedliche Konfigurationen von Teilchen erklären?


A: Optische Aktivität gibt es auch bei vielen, vor allem oktaedrischen Komplexverbindungen. Voraussetzung für optische Aktivität ist ein Chiralitäts- oder Asymmetriezentrum mit Spiegelbild-Symmetrie.
Bei anderen Verbindungen ist zu prüfen, ob es sich nicht um Diastereomere handelt: Beispiel a- oder b-Glucose. Die sind optisch aktiv, aber nicht im Sinne von spiegelbildlichen Enantiomeren.
Zum Verstehen der Effekte ist es vorteilhaft, wenn man sich das Licht zunächst als schwingenden Vektor vorstellt. Die mathematische Darstellung ist eine dreidimensionale Sinuskurve. Bekanntlich sind Sinuskurven in entsprechenden Koordinaten (Polarkoordinaten) als Kreis darstellbar. Deshalb gehen Sie bei der Erklärung der Wechselwirkung zwischen Licht und Molekül von einem zirkular polarisierten Licht aus. Natürliches Licht ist aus links- und rechtszirkular polarisierten Anteilen zusammengesetzt, also optisch neutral. Durch Filter kann man den Rechts- oder Linksanteil herausnehmen.
Nun zum Molekül. Stellen Sie sich das bitte bildlich vor: Die Substituenten an einem asymmetrischen C-Atom/Komplex-Zentrum wechselwirken mit dem linksdrehenden Licht anders als im rechtsdrehenden Licht. Beispiel für die Wechselwirkung ist die Absorption der Strahlung.

Lesen Sie hierzu Lehrbücher der anorganischen Chemie wie den Holleman-Wiberg oder der organischen Chemie wie den Hans Beyer.


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F: Ich bin dringend auf der Suche nach einer Bezugsadresse von Markasitknollen und Feuersteinen, mit denen man Feuer schlagen kann. Ich selber gebe Kurse für Schulklassen und brauche dringend Material. Auf ihrer Website soll angeblich eine Bezugsadresse angegeben sein, ich kann sie jedoch nicht finden.
Über eine baldige Antwort würde ich mich sehr freuen.


A: Zu Markasit und Feuerstein/Flint sowie zum Feuermachen haben wir in unseren Unterrichtsmaterialien eine Webseitengruppe "Pyrit und Feuerstein". Da gibt es zum Beispiel eine Site mit dem aussagekräftigen Titel Woher bekommt man frischen Feuerstein?

Kaufen kann man die Teile kaum. Markasit (oder auch Pyrit) gibt es auf Mineralienbörsen. Flint liegt bei uns in Norddeutschland auf den Feldern herum; allerdings ist der nicht besonders frisch. Ich empfehle aber ansonsten eine Exkursion nach Rügen oder besser noch nach Mön/Dänemark. Dort finden Sie am Strand auch Markasit. Lesen Sie unseren Tipp des Monats "Chemie mit Kreide".

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Letzte Überarbeitung: 24. Januar 2013, Dagmar Wiechoczek