Kurze Fragen - Kurze Antworten
Aus dem E-Mail-Korb von Professor Blume

E-Mail-Gruppe 231
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F: Früher hat man sich die Haare mit Bier und Eigelb gewaschen. Was steckt chemisch dahinter?


A: Beide enthalten Tenside, die das Schäumen fördern. Die des Biers stammen aus dem Hopfen. Eigelb enthält das grenzflächenaktive Lecithin.
Da man beide nicht so richtig ausspülen konnte, dienten die Inhaltsstoffe (vor allem die Proteine) von Bier und Ei als Haarfestiger.


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F: Ich schlage mich mit der Frage herum, warum Konz. Salzsäure 37%ig, Schwefelsäure 98%ig Salpetersäure 65%ig usw. ist. Hängt es mit der Molmasse zusammen?


A: Säuren bilden sich, indem ihre Anhydride mit Wasser reagieren. Das sind chemische Gleichgewichte. Das heißt, dass die Anhydride nicht vollständig zu ihren Säuren reagieren. Die Anhydride dampfen schon beim offenen Stehen heraus. Die konzentrierten Säuren "rauchen".
Man kann auch so argumentieren: Wenn man die von Ihnen genannten Säuren aufkonzentrieren möchte, versucht man das klassischerweise durch Erwärmen, um das Wasser auszutreiben. Dann geht aber irgendwann immer ein Gemisch von Wasser und Säureanhydrid über - es handelt sich um ein azeotropes Gemisch wie Alkohol und Wasser. Die Zusammensetzung der Gemische haben Sie mit Ihren Prozentzahlen beschrieben.

Wenn man eine verdünntere Schwefelsäure eindampft, so dampft solange eine wasserreiche Schwefelsäure ab, bis eine 98,33%ige Schwefelsäure konstant siedend übergeht. Das ist die käufliche konzentrierte Schwefelsäure.
Schwefelsäure ist durchaus als 100%ige Substanz bekannt. Die erhält man aber nur, wenn man eine berechnete Menge von SO3 in der konzentrierten Schwefelsäure auflöst. Beim Erhitzen über den Siedepunkt von 279,6 °C hinaus dampft zunächst zusammen mit der konzentrierten Schwefelsäure SO3 mit ab, aber nur so lange, bis auch hier die 98,33%ige Schwefelsäure bei 330 °C konstant siedend übergeht.


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F: Hallo,
meine Frage lautet: Warum wird ein Feuerzeug kalt wenn es mit Flüssiggas befüllt wird?
Bin Schüler einer Gesamtschule in Lemgo Klasse 10


A: Gut beobachtet. Beim Umfüllen von Flüssiggas in einen leeren Behälter wird das verfügbare Volumen größer. Das Gas fängt deshalb an, teilweise zu verdampfen. Das heißt, dass seine Moleküle, die im Nachfüllbehälter als Flüssigkeit zusammenhängen, auseinandergerissen werden müssen. Dazu ist Energie aufzuwenden. Das geschieht auf Kosten der Wärme des Feuerzeugs und - wenn du genau aufpasst - auch des Nachfüllbehälters selbst.

Auf diesen Beobachtungen beruht auch das Verfahren zur Gasverflüssigung (Linde-Verfahren). Hier wird Gas komprimiert. Dabei wird es warm. Die Wärme wird abgeführt. Dann wird das komprimierte, vorgekühlte Gas über ein Drosselventil in einen größeren Raum geleitet und auf diese Weise entspannt; es kühlt dabei stark ab. Es wird wieder komprimiert, gekühlt, entspannt... Nach einigen Wiederholungen dieser Abfolge verflüssigt sich das Gas - zum Beispiel die Luft. Die kann man wie alle Flüssigkeiten sogar destillieren. Auf diese Weise gewinnt man die Komponenten der Luft.


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F: Es soll einen fünften Geschmackssinn geben. Ist das die Note "Scharf"?


A: Allgemein bekannt sind die vier Geschmackssinne für Salzig, Sauer, Bitter und Süß. Dafür findet man auf der Zunge auch Areale mit Rezeptoren. Viele meinen, dass es noch einen Geschmackssinn für "Scharf" gibt. Das ist aber nur ein Schmerzsignal.

Als fünfter, "offizieller" Sinn ist im Jahre 2000 der Umami-Geschmackssinn hinzugekommen. Er spricht auf Glutamat an. Das ist eine bekannte Zutat zu japanischen sowie chinesischen Saucen und sollte bislang ausschließlich als Geschmacksverstärker wirken. Man hat mittlerweile die Rezeptoren für Glutamat auf der Zunge entdeckt.

Die entsprechenden Glutamatrezeptoren findet man auch im Gehirn. Das gilt auch für das Abbauprodukt des Glutamins, die g-Aminobuttersäure (GABA). In zu hohen Dosen löst Glutamat als neurophysiologisch wirksame Substanz das "Chinarestaurant-Syndrom" aus: Hitzewallungen mit Schweißausbrüchen und Kreislaufkollaps sind die Symptome. Es macht also Sinn, einen Glutamatgeschmack als Alarm-Instanz zu besitzen.

Interessant ist noch, dass die Glutaminsäure erst 1908 von einem japanischen Chemiker in den ostasiatischen Speisen (genau in Seegras-Fleischbrühe) entdeckt wurde.


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F: Wann immer wir mit den Kindern Pasta - gleich welcher Art - zubereiten, kommt mit dem Erhitzen des Wassers dieselbe Frage auf:
Sollte man das Salz vor dem Erhitzen hinzufügen, oder erst, wenn das Wasser bereits kocht? Seit mein Schwager, ein Koch, sich an der Diskussion beteiligt hat, teilt sich die Küchenbesatzung in drei Lager:
- Die Anhänger der Siedebeschleunigungsthese, die überzeugt davon sind, dass Salz im Wasser die Erhitzung beschleunigt.
- Diejenigen, die davon ausgehen, dass Salz im Wasser das Eintreten des Siedevorgangs verzögert,
- und die Fraktion der Unwissenden.
Da wir fast alle der Überzeugung sind, dass Kochen nichts weiter als angewandte Chemie ist, trauen wir nur einer Personengruppe eine kompetente Antwort zu: Den Chemikern.

Es würde uns riesig freuen, wenn Sie zur Klärung dieser Frage beitragen würden.

Viele Grüße aus Berlin von M.G. und die Kulinarempiriker


A: Das ist viel komplexer, als Sie meinen...

1 Salz benötigt zum Lösen Energie, also: Salz verzögert aus energetischen Gründen das Sieden. Wenn es dann endlich gelöst ist, hält es die Wassermoleküle so fest, dass die Salzlösung dann auch noch bei höheren Temperaturen siedet als Reinwasser. Stichwort: Siedepunktserhöhung.
2 Andererseits wirken eingeworfene Salzkristalle wegen ihrer Kanten und Ecken als "Siedesteinchen": Sie fördern das Sieden, das eigentlich ein gehemmter Vorgang ist, und verhindern vor allem das Auftreten von Siedeverzügen, die bekanntlich zu heftigen Eruptionen von Dampfblasen samt Topfinhalt führen können. Hierbei meine ich nicht einen Vorgang wie das Überschäumen von Milch. Schüler kennen das von der Arbeit mit Reagenzgläsern.
3 Beide Effekte zusammen ergeben zusammengenommen nichts.
4 Genießen Sie Ihre Pasta trotzdem...

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Letzte Überarbeitung: 19. Februar 2008, Dagmar Wiechoczek