Kurze Fragen - Kurze Antworten
Aus dem E-Mail-Korb von Professor Blume

E-Mail-Gruppe 291
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F: Ich unterrichte Chemie an einem Gymnasium und stieß im Unterricht auf folgende Frage: wieso wird Wasser nicht via Wasserstoffbrückenbindungen an das Teflon resp. an das Fluoratom gebunden?
Wasser perlt wunderbar ab, ähnlich verhält es sich ja auch mit Olivenöl etc. Deshalb die Vermutung, dass die H-Brücken hier keine Rolle spielen. Aber weshalb?


A: Richtig, es gibt weder Wasserstoffbrücken (also keine Wasserlöslichkeit) noch van der Waals-Bindungen (also keine Benetzung durch Fette oder durch Kohlenwasserstoffe). Man sagt, dass die Oberfläche zu nichts komplementär ist.

Teflon (PTFE = Polytetrafluoroethylen) hat solche Eigenschaften. Die Oberfläche (betrachten Sie einmal ein Kalottenmodell von PTFE) wird aus einer festen Schicht von Fluor-Atomen gebildet, die alle kovalent an innen liegende Kohlenstoffatome gebunden sind. Aufgrund der festen Schicht können sich Polaritäten wie das schwach positiv geladene C-Atom nicht als Bindungskraft auswirken. Das Material ist nach außen elektrisch neutral. Deswegen gibt es keine ionische Wechselwirkung, eine kovalente ist auch nicht zu erwarten, dann dazu müsste zunächst die sehr stabile C-F-Bindung gelöst werden.

Hinzu kommt, dass die C-F-Bindungslänge sehr kurz ist. Das führt zu einer Abschirmung der Fluor-Atome bzw. ihrer Elektronenpaare, die keine langen sp3-Hybridausleger darstellen, an die z. B. H-Brückenbildner wie polare Wassermoleküle andocken könnten, sondern nichtbindende Elektronenpaare sind. Aber auch van der Waals-Bindungen sind schwer möglich, so dass auch keine Lipophile anlagern können.

(Dank auch an E. Diemann)


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F: Können Sie einfach erklären, wie es zur Schaumbildung bei Seifen kommt?


A: Seife gehört zu den grenzflächenaktiven Substanzen, die die Oberflächen an Phasengrenzen besetzen. Durch diese Aktivität setzen sie die Oberflächenspannung zum Beispiel von Wasser herab, indem sie den Zusammenhalt der Wassermoleküle stören. Man nennt sie deshalb auch Tenside (lat. tendere; spannen). Typisch für Tenside ist die Schaumbildung.
Tensidmoleküle sind so aufgebaut, dass sie ein hydrophiles und ein hydrophobes (= lipophiles) Ende besitzen. Gibt man sie in Wasser, so tauchen die hydrophilen Enden ins Wasser, die hydrophoben Enden ragen in die Luft.

Der Schaum entsteht so: Wenn wir zu viele Tensidmoleküle ins Wasser geben, so streiten sie sich um den Platz an der Oberfläche, auf der sie sich ja ausbreiten müssen. So machen sie sich selbst eine neue Oberfläche: Sie bilden Schaum. Die Schaumblasen haben noch einen zusätzlichen, riesigen Vorteil: Mit ihnen vergrößert man nicht nur die Oberfläche beträchtlich, sondern sie haben sogar eine doppelte Oberfläche, nämlich innen und außen, die ganz dicht beidseitig von den Tensidmolekülen besetzt werden können. Dazwischen gibt es einen Wasserfilm, den man im Licht richtig fließen sehen kann. Wenn das Wasser nach unten abgeflossen ist, wird die Blasenwand zu dünn und die Seifenblase platzt.

Wenn wir schon dabei sind: Auf ähnliche Weise entstehen auch die Emulsionen. Da ist zunächst die Fettschicht, in die diesmal die lipophilen Enden der Tensidmoleküle eintauchen. Die Moleküle wollen sich auf der Oberfläche der Fettschicht ausbreiten, haben aber nicht genug Platz und drängeln sich solange, bis die Fettschicht in viele kleine Tröpfchen zerfällt. So schaffen sie sich neue Oberflächen. Das ist diesmal nicht Schaum, sondern das sind Fetttröpfchen, die nun feinst verteilt vorliegen. Das nennt man dann Emulsion.

Für Fachleute: Diese Prozesse sind exotherm, besser: exergon. Das heißt, es ändert sich der Ordnungszustand. Dabei wird z. B. die Bewegungsenergie der Tensidteilchen genutzt, um Fettschichten zu zerteilen oder um Schaumblasen zu produzieren.


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F: Wir haben ihnen bereits einmal eine E-mail geschickt. Vielen Dank für die schnelle Antwort! Doch wir sind auf ein weiteres Problem gestoßen.
Bei unserem GFS-Thema der Tintenkiller möchten wir gerne den folgenden Versuch durchführen, wissen aber nicht wie wir ihn unseren Klassenkameraden erklären sollen, dass diese es verstehen.

Versuch 3: Entfärbung von Tinte mit Natriumsulfitlösung
Wir geben einige Tropfen Tinte (Pelikan 4001) in ein Reagenzglas und verdünnen mit 10 ml Wasser. Dann geben wir einige Tropfen Natriumsulfitlösung hinzu. Die Tinte entfärbt sich augenblicklich. Anschließend wird Wasserstoffperoxidlösung zugegeben. Der Farbstoff bildet sich rasch zurück.

Wir sind nicht sicher wie wir erklären sollen, wie ein Tintenkiller genau wirkt, wenn er Tinte bleicht. Die Erklärung dazu auf ihrer Seite ist für uns noch schwer zu verstehen.

Deshalb bitten wir sie nun darum, uns bei diesem Problem zu helfen. Wir sind 14 Jahre alt, also in der 8. Klasse. Bisher haben wir in der Schule etwas über Oxide, Sulfide, die Elemente, die Formeln der Elemente und über Chemische Reaktionen gelernt!


A: Eine einfache, chemische Erklärung ist in diesem Fall schwer. Kompliziertes kann man schlecht einfach darstellen. Das kann Folgen haben, so wie im folgenden Witz: Warum kaufen die Ostfriesen die Kirschernte des ganzen Jahres auf? Sie wollen ein Kernkraftwerk bauen.

Ihr könnt es ja mal mit folgendem Modell versuchen, das ich schon irgendjemandem von TV, Rundfunk oder Zeitung erzählt habe: Die Moleküle der Farbstoffe sind groß und flach - wie ausgeklappte, blaue Regenschirme. In der Mitte haben sie eine Bindungsstelle für die Moleküle des Tintenkillers. Wenn die andocken, klappen die flachen Farbstoffmoleküle hoch - etwa wie die Regenschirme. Man sieht keine Farbe mehr.

Wenn man das Tintenkillerteilchen wieder abreißt, dann wird der Schirm automatisch wieder aufgespannt, die blaue Farbe ist wieder da.

Das Abreißen des Tintenkillerteilchens wird durch Wasserstoffperoxid besorgt. Das verändert das gebundene Sulfit zu Sulfat. Sulfat kann nicht mehr an das Farbstoffmolekül andocken und verlässt deshalb das Tintenmolekül.

Wie alle Modelle quietscht auch dieses ein bisschen, aber vielleicht akzeptiert es euer Lehrer ja...


1614
F: Von Ihren Seiten im Bildungsserver bin ich begeistert. Ich hole mir dort immer wieder Anregungen für den Unterricht an einer Grundschule in einer Forscherwerkstatt.
Bei der Vorbereitung einer Unterrichtseinheit über Tinte (Tintus-Versuch) nach ihrer Anleitung, habe ich jedoch Probleme. So waren keine Angaben über die genauen Konzentrationen der verwendeten Natriumsulfitlösung und des Wasserstoffperoxyds zu finden und bei den von mir verwendeten Lösungen war es mir nicht möglich die blaue Farbe der Tinte durch Zugabe von Wasserstoffperoxyd (frische Lösung) wieder zurück zu erhalten.
Könnten sie mir einen Tipp geben wie ich vorgehen muss und welche Konzentrationen sich am besten eignen?


A: Leider haben Sie nicht beschrieben, welche Webseite Sie meinen, da es bei uns mehrmals um die Tinte und Tintenlöschen geht. Sie haben wahrscheinlich die Webseite mit dem Bericht zum Einsatz des Themas „Tinte“ in der Grundschule im Sinn. Am chemischsten geht es in diesem Tipp des Monats zu.

Leider können wir erfahrungsgemäß hinsichtlich der Konzentrationen keine genauen Angaben machen, da es „die“ Tinte und „den“ Tintenfarbstoff nicht gibt und jedes Mal andere Gegebenheiten zu beachten sind. Ich halte es mit dem „chemischen Fingerspitzengefühl“ - man muss eben etwas probieren und dabei möglichst wenig Substanz einsetzen. Das betrifft vor allem das Sulfit.

Zum Schluss noch ein Tipp: Vielleicht haben Sie ja eine Tinte erwischt, die gegen Wasserstoffperoxid instabil ist. So etwas gibt es! Probieren Sie das vor Zugabe des Sulfits mal aus. Wenn es geht, nehmen Sie Pelikan 4001.


1615
F1: Ich unterrichte zurzeit in einer 4. Klasse Sachunterricht. Nach wie vor mache ich mit den Kindern häufig und gerne Experimente und ich schaue gern auf das Studium in Bielefeld zurück. Ich kann auch wirklich viel davon nutzen.
Meine Klasse hat sich nun also entschieden am WOW-Entdeckerpreis teilzunehmen.
Als eigenes Experiment haben sie sich jetzt eigenständig die Frage überlegt:
Warum killert ein Tintenkiller?
Ich habe mir die Ideen Ihrer Seite dazu angeschaut und möchte nun wissen, wo ich Natriumsulfitlösung und Wasserstoffperoxid bekommen kann.


A1: Schön, dass Sie so erfolgreich Naturwissenschaften unterrichten! Sie waren aber auch eine sehr gute Studentin, an die wir uns gern erinnern.
Mittlerweile bin ich aus dem Dienst ausgeschieden. So kann ich Ihnen nur sagen, wo Sie die Substanzen herbekommen: Wasserstoffperoxid gibt es in der Apotheke oder Drogerie.
Natrium(di)sulfit gibt es wohl kaum in Lösung. Fragen Sie doch mal in der Apotheke. Oder besser noch: Fragen Sie einen Kollegen aus der Realschule oder Gymnasium. Die können Ihnen diese Standardsubstanzen (u. a. auch Wasserstoffperoxid) besorgen.


F2: Ganz lieben Dank für die schnelle Antwort. Ich war auch direkt in der Apotheke und habe alles bekommen. Selbstverständlich musste ich den Versuch direkt ausprobieren. Er klappt super!

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Letzte Überarbeitung: 22. Juli 2008, Dagmar Wiechoczek