Kurze Fragen - Kurze Antworten
Aus dem E-Mail-Korb von Professor Blume

E-Mail-Gruppe 328
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1796
F: Mich würde interessieren, ob und wie man Stärke quantitativ und nicht nur qualitativ wie z.B. mit Jodkaliumiodid nachweisen kann.


A: Ein für die Schule geeigneter einfacher quantitativer, nasschemischer Stärkenachweis ist mir nicht bekannt. Dazu ist das Material zu uneinheitlich; außerdem spricht die Iod/Stärkereaktion erst ab einer bestimmten Konzentration von Stärke an.

Im lebensmittelchemischen Labor macht man es vor allem mit Hilfe des nahen Infrarots (NI, NIR) im Bereich um 1 µm (genau zwischen 0,84-1,2 µm).
Es gibt Messungen der Transmission (NIT) sowie der Reflexion (Abkürzung ebenfalls NIR). Damit kann man im Rahmen der Lebensmittelkontrolle auch Mehl und pflanzliches Gewebe wie Kartoffeln untersuchen.


1797
F: Ich untersuche die Tauglichkeit natürlicher Ester als Isolierstoff. Der Homepage "Chemieunterricht.de" entnehme ich, das Sie sich u. a. mit Pflanzenölen beschäftigen. Daher komme ich auf Sie zurück, in der Hoffnung, dass Sie mir bei der folgenden Frage behilflich sein können.

Setzt man ein Pflanzenöl unter Sauerstoffkontakt einer erhöhten Temperatur aus, so erhöht sich die Viskosität nach einer bestimmten Zeit schlagartig. Ist es möglich in kurzen Worten zu erläutern, welche Vorgänge dabei stattfinden und weshalb die Viskosität so plötzlich ansteigt?


A: Es kommt zu einer Autoxidation der ungesättigten Bestandteile des Pflanzenöls. Dabei bilden sich nicht nur Peroxide, sondern auch als Folge radikalischer Folgereaktionen zwischen den Fettmolekülen Quervernetzungen aus. Dass dies ab einer bestimmten Temperatur passiert, überrascht mich nicht: Diese Reaktionen müssen aktiviert werden; dazu ist eine „Grundenergie“ vonnöten. Dann allerdings läuft das Ganze lawinenartig ab, wie es bei den meisten Radikalmechanismen zu beobachten ist.

Die Quervernetzung hat eine deutliche Viskositätszunahme zur Folge. Denken Sie an das Festwerden von Leinöl.

Zu den chemischen Abläufen klicken Sie zum Bespiel hier.


1798
F: Ich habe gelesen, dass es auch Puffer auf der Basis von starken Säuren und deren Salzen gibt. Dabei habe ich immer gedacht, dass Pufferlösungen nur auf schwachen Säure/Base-Systemen beruhen.


A: Sie haben Recht, wenn Sie meinen, dass die klassischen Pufferlösungen Brönstedsche Gleichgewichtsreaktionen von schwachen Säuren und ihren Salzen zur Voraussetzung haben. Dabei geht es um den Umfang der Dissoziation der Säure, was den pH-Wert der Lösung bestimmt. Klicke hier. (Analoges gilt für Basen.)

Aber auch die Dissoziation von starken Säuren (wie der Salzsäure) kann durch Zusatz ihrer Salze (wie Natriumchlorid) beeinflusst werden. In den Lösungen von starken Säuren gibt es durchaus starke Wechselwirkungen zwischen den Protonen und ihren zugehörigen Säure-Anionen, was scheinbar die Verringerung der Konzentration an wirksamen („aktiven“) Protonen zur Folge hat. Man spricht deshalb statt von Konzentrationen lieber von „Aktivitäten“. Letztlich handelt es sich hierbei weniger um einen geringeren Dissoziationsgrad (der ist bei starken Säuren immer gleich 1), sondern nur um eine Einschränkung der Beweglichkeit der Ionen. Ursache sind Fernwirkungen von elektrischen Feldern zwischen den Protonen und Chlorid-Ionen.

Was bewirkt nun der Zusatz von Natriumchlorid? Dadurch wird die Konzentration (besser: die Aktivität) der negativ geladenen Chlorid-Ionen erhöht. Die positiv geladenen Protonen der vollständig dissoziierten HCl unterliegen somit stärkerer elektrostatischer Wechselwirkung. Aus diesem Grund nimmt die Protonenaktivität ab - die Salzsäure wird somit abgepuffert.

Diese Form der Pufferung betrifft vor allem extrem stark saure Lösungen, in denen die Brönstedschen Säure/Base-Reaktionen sowieso nicht mehr greifen.


1799
F: Ich habe gelesen, dass Alkohol Vitamin C verbraucht. Das wollte ich im Unterricht zeigen. Ich habe also Alkohol zu Vitamin C (Ascorbinsäure) gegeben. Es ist nicht passiert. Was habe ich falsch gemacht?


A: Alles…
Alkohol reagiert überhaupt nicht mit Ascorbinsäure (Vitamin C). Alkohol ist eher ein gutes Lösemittel für Ascorbinsäure.

Die Autoren, deren Bücher Sie gelesen haben, meinen etwas ganz anderes: Es geht um den Alkoholabbau in der Leber. Es entsteht zunächst Acetaldehyd, der durch ein Enzym, die Aldehyd-Oxidase, abgebaut wird:

Dabei entsteht giftiges Wasserstoffperoxid. Das kann im Gewebe Radikale wie das Hydroxyl •OH bilden. Diese werden u. a. durch Vitamin C abgebaut. Wie kompliziert das alles ist, zeigt, dass Vitamin C beim Vernichten von Sauerstoffradikalen wie •O2- (Superoxidradikal) ebenfalls H2O2 bilden kann. Wenn genügend Vitamin C zur Verfügung steht, ist das nicht weiter schlimm.

Wenn Sie zum Thema etwas zeigen wollen, können Sie eine Vitamin C-Lösung mit etwas Wasserstoffperoxidlösung versetzen. Die Lösung färbt sich aufgrund der Bildung von Dehydroascorbinsäure gelb.


1800
F: Ich habe in einem populären Ratgeber gelesen, dass man quietschende oder schlechtgängige Türscharniere, Klinken usw. wieder gängig machen kann, indem man sie mit Olivenöl einreibt. Anschließend soll man die Scharniere mit Butter fetten, anstelle von Fetten auf Erdölbasis.


A: Ich würde das nicht machen und rate auch Ihnen davon ab. Denn diese biologischen Öle sind anders als die auf Erdölbasis (chemisch: Kohlenwasserstoffe) chemisch nicht beständig. Letztlich sind das ja Lebensmittel, und wenn Sie auf Ihre Flasche mit Olivenöl schauen, hat das ein Zerfallsdatum. Dass biologisches Fett schlecht geworden ist, erkennen Sie zum Beispiel am ranzigen Geruch aufgrund freiwerdender Fettsäuren und an der Verfestigung durch Oxidation. Letztere wird sogar noch durch Schwermetalle, die immer im Scharniermaterial enthalten sind, katalytisch gefördert. Klicken Sie hier.

Damit ist schnell Schluss mit der Gängigkeit Ihres Türscharniers. Denn die Fettsäuren wirken korrosiv (Säurekorrosion), und die Verfestigung des Öls führt zur Harzbildung.

Wenn Sie Butter verwenden statt Vaseline, haben Sie dazu auch noch den feinen Geruch von Buttersäure in der Wohnung…

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Letzte Überarbeitung: 11. November 2012, Dagmar Wiechoczek