Kurze Fragen - Kurze Antworten
Aus dem E-Mail-Korb von Professor Blume

E-Mail-Gruppe 341
zurück        vor

1861
F: Das Jodat in jodiertem Speisesalz kann man nachweisen, indem man das Salz in Wasser löst und dann Kaliumjodid zugibt, da dann Jod entsteht.
Wieso aber entsteht das Jod schon nicht ohne die Zugabe des Jodids, denn in jodiertem Speisesalz liegt doch schon Jodat und Jodid vor, also könnte das auch gleich zu Jod reagieren.
Das wäre ja nicht gut für unseren Körper, da Jod giftig ist.


A: In Salz ist kein Iodid enthalten, sondern Iodat. Iodid ist zu instabil und kann allein schon durch längere Belichtung von feuchtem Salz Iod bilden.

Über iodiertes Salz und über die Inhaltsstoffe von Küchensalz schreiben wir hier.

Dennoch kann es zur Bildung von Iod aus Iodat kommen, wenn das Salz feucht geworden ist. Man erkennt das daran, dass länger gestandenes, feucht gewordenes Salz manchmal gelb wird; außerdem riecht es wie alle Halogene auf Grund des gebildeten Iods chlor-artig.

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, dass sich Iodid aus Iodat bildet, z. B. mit dem Stellmittel Kaliumhexacyanoferrat(II). Die dazu notwendigen Säureprotonen stammen aus dem Wasser oder aus der Kohlensäure, die sich im Salz bildet. Das sind zwar keine starken Säuren, aber hier ist der lange Zeitfaktor wichtig.

Iod ist in kleinen Mengen übrigens nicht giftig. Würde man es sonst zur Wunddesinfektion nehmen?


1862
F: Ich rate leidenschaftlich gerne Kreuzworträtsel. Da taucht immer wieder diese Frage auf: „Zeichen für Thoron“. Die Lösung ist TN. Was aber ist Thoron? Der Fragestellung nach muss es sich um ein chemisches Element handeln. Ich finde das aber in keinem Periodensystem.


A: Zur Erklärung müssen wir die Wissenschaftsgeschichte der Radioaktivität bemühen.

Thoron steht für ein hypothetisches Element namens Thoriumemanation (Tn). Unter Emanation (Symbol Em) verstand man um 1900 die gasförmigen Produkte des radioaktiven Zerfalls. Später erkannte man, dass es ausgehend von den drei natürlichen Zerfallsreihen (Thorium-, Uran- und Actinium-Reihe) auch drei Emanationen gibt: Radiumemanation aus der Uranzerfallsreihe hieß zuerst Niton (Nt), später Radon (Rn). Weiter gibt es auch noch Actiniumemanation, Actinon (An).

Heute sind diese Begriffe nicht mehr gebräuchlich. Denn es handelt sich bei allen Dreien um Isotope eines einzigen Elements mit der Kernladungszahl 86, nämlich des Edelgases Radon (Rn).

     


1863
F: Bei uns ist ein Binnengewässer mit einer blauen Schicht überzogen. Es soll sich um Blaualgen-Blüten handeln. Dann wird noch gesagt, dass die Blaualgen sehr giftig seien. Warum leben dann überhaupt Fische im See?


A: Das Phänomen kennen wir hier in Bielefeld auch. Das zeigen die folgenden Bilder vom so genannten Obersee.

Blaualgenblüte (Cyanobakterien) 2010 am Obersee in Bielefeld
(Fotos: Blume)

Vorausgegangen waren dieser Massenvermehrung („Algenblüte“) sehr warme Tage. Außerdem handelt es sich bei diesem See ökologisch um ein im Sinne der Eutrophierung hoch belastetes Gewässer.

Vorneweg: Bei den Organismen handelt es sich nicht um Algen, also nicht um Pflanzen, sondern um Bakterien, Cyanobakterien („Blaugrüne Bakterien“). Wie die Farbe schon signalisiert, betreiben die Cyanobakterien Fotosynthese. Die Farbe rührt vom Chlorophyll a her.

Was die Bakterien so gefährlich macht, ist ihre Giftigkeit. Sie setzen vor allem beim Absterben toxische Stoffwechselprodukte frei, die durchaus zu Fisch- und Muschelsterben führen können. Aber auch Weidetiere und der Mensch können erkranken. Am Besten ist es, wenn man den Kontakt mit diesen „Wasserblüten“ ganz vermeidet. Auf keinen Fall darf man dieses Wasser trinken.

Es gibt eine Vielzahl von Cyanobakterien-Arten. Wie man auf den Bildern sieht, besiedeln sie nicht nur Wasser, sondern auch Felsen oder Betonwände. Jede Gruppe hat ihre eigenen toxischen Substanzen entwickelt. Toxisch am ausgeprägtesten sind zyklische Peptide aus zum Teil ungewöhnlichen Aminosäuren. Es gibt aber auch Alkaloide, die auf Purinbasen sowie auf Indolen beruhen. Allen gemeinsam ist das hohe Leberschädigungspotential. Die Empfindlichkeit ist aber von Tierart zu Tierart ganz unterschiedlich. Das trifft auch für verschiedene Fischarten zu.


1864
F: Mein Lehrer sagt, Luft wäre kein Gas, sondern eine Gasmischung. Was ist richtig?


A: Eigentlich ist beides richtig: Das liegt an der Doppeldeutigkeit des Gas-Begriffs. Wenn wir von einem Gas sprechen, meinen wir im Allgemeinen einen Aggregatzustand der Materie. Dazu gehört zweifellos die Luft.

Wenn wir von gasförmigen Stoffen sprechen, meinen wir diejenigen Elemente und Verbindungen, die unter Normalbedingungen gasförmig sind. Luft ist eine Mischung von gasförmigen Elementen und Verbindungen.

Dazu gibt es noch die Dämpfe. Dampf ist ein Gas in der Nähe des Siedepunkts der verdampfenden Substanz; Beispiel: Wasserdampf. Auch hier macht man nur selten einen Unterschied - nur Fachleute sprechen von einem „Realen Gas“. Dann ziehen sich die Moleküle noch an und bilden (wenn auch für uns unsichtbare) Tröpfchen. Wasserdampf kann aber auch ein „echtes“ (ideales) Gas ohne Wechselwirkung zwischen den Molekülen sein - zum Beispiel bei höheren Temperaturen. Aber man spricht dennoch nicht von Wassergas, denn dieser Begriff ist anders besetzt, z. B. in der Kohlechemie.

Am besten sagt man also: Luft ist die Mischung verschiedener gasförmiger bzw. dampfförmiger Stoffe.

Bedenken sollte man in diesem Zusammenhang auch die unterschiedlichen Ausdrücke für den Aggregatzustandswechsel. Man spricht von „Verdampfen“. Wenn ein Stoff „verduftet“, handelt es sich für den Chemiker um das Verdampfen oder Sublimieren eines geruchsintensiven Stoffs. Aus diesem Begriff ist umgangssprachlich etwas völlig Neues entstanden.

In Chemie nutzt man früher bedenkenlos das Wort „Vergasen“, wie z. B. bei der Kohlevergasung. Es bedeutet Überführen eines Festkörpers in ein Gas oder in eine Gasmischung. Beim letzteren Wort ist es bekanntlich zu einem so schlimmen Bedeutungswechsel gekommen, dass man es heute kaum noch verwendet.


1865
F: In unserem Garten tragen die Lampionblumen ihre orangeroten Früchte. Da wir kleine Kinder haben, und wir wissen, dass es sich um ein Nachtschattengewächs handelt, haben wir Angst, dass ihre Früchte giftig sein könnten.


A: Die Lampionblume (Physalis) zählt tatsächlich zu den Nachtschattengewächsen, zu denen ja schließlich auch Vertreter wie die Tollkirsche oder die Kartoffel gehören, deren Früchte mehr oder weniger giftig sind. Aber nicht alle Nachtschattengewächse bilden giftige Früchte. Beispiele sind die Tomate - und die Physalis.

Lampionblume (Wilde Blasenkirsche, Physalis alkekengi) in unserem Garten
(Fotos: Blume)

Die grünen Pflanzenteile, Wurzeln und die unreifen Früchte enthalten eine Gruppe von Steroiden, die so genannten Withanolide. Das gilt auch für die reife Hülle der „Kirsche“.

Das Probieren kann bei Kleinkindern eventuell zu Durchfall führen. Man braucht aber keine Angst zu haben, dass damit wirklich etwas passieren könnte: Denn bei den Withanoliden handelt es sich um Bitterstoffe, so dass ein Verzehr ziemlich unwahrscheinlich ist - es sei denn, die Kinder verfügen nicht über den Bittergeschmack, was aber selten ist.

Die Früchte dagegen schmecken süß - wie die aus dem Supermarkt, wo man bekanntlich Physalisfrüchte kaufen kann. Auch Sträuße aus getrockneten Lampionblumen darf man zur Dekoration ins Haus nehmen.

Zurück zur Startseite


Diese Seite ist Teil eines großen Webseitenangebots mit weiteren Texten und Experimentiervorschriften auf Prof. Blumes Bildungsserver für Chemie.
Letzte Überarbeitung: 11. November 2012, Dagmar Wiechoczek