Kurze Fragen - Kurze Antworten
Aus dem E-Mail-Korb von Professor Blume

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1996
F: Während meines bisherigen Chemiestudiums ist mir aufgefallen, dass die Laborkittel der Studenten von Praktikum zu Praktikum immer löchriger werden. So manch einer trägt seinen zerfransten Kittel mit stolz geschwellter Brust, ist dieser doch ein (augenscheinlicher) Beweis für die angesammelten Labor-Erfahrungen!
Ich habe mich nun gefragt, wie die Schwefelsäure diese Löcher überhaupt verursacht und warum diese erst nach einiger Zeit (zum Beispiel nach dem Waschen) sichtbar werden.
Gibt es gar Stoffe, die nicht durch Schwefelsäurespritzer beschädigt werden.

Ich bin froh, auf Ihren Bildungsserver gestoßen zu sein. Nicht nur, dass zahlreiche alltägliche Phänomene mit den chemischen Themen verknüpft werden, sondern auch die Möglichkeit Ihnen Fragen in Sachen Chemie zu stellen, deren Antwort ich nicht auf den Webseiten gefunden habe, erleichtern mir das Verstehen der chemischen Grundlagen!


A: Schwefelsäure greift organisches Material an, indem es den Verbindungen gebundene Wassermoleküle entreißt, wobei die Substanz braun bis schwarz wird: Kohlenstoff wird freigesetzt. Bekannt ist der Versuch, bei dem man Haushaltszucker (Denken Sie an die Bezeichnung „Kohlenhydrat“!) mit konzentrierter Schwefelsäure übergießt. Hier finden Sie dazu einen ausführlichen Text.

Je nach Konzentration wirkt die Schwefelsäure schnell oder langsam - aber auch verdünnte Säure ist unerbittlich... Letztlich hydrolysieren die Protonen die Cellulose des Kittelstoffs. Deshalb wirkt auch mäßig konzentrierte Salzsäure auf Gewebe zerstörend - nur, dass sie nicht verkohlend wirkt. Das merkt man manchmal erst, wenn die Kittel nach der Wäsche mit Löchern geschmückt sind - ohne dass man vorher Bräunungsspuren gesehen hat.

Dass sich die Löcher meistens nach dem Waschen offenbaren, liegt wohl daran, dass der Zerfall langsam vonstatten geht und dass die mechanischen Gegebenheiten beim Waschvorgang dem geschädigten Gewebe den Rest geben.

Wenn der Kittel aus Wasser abweisenden Stoffen besteht oder aus Material gefertigt ist, aus dem man keine Wassermoleküle abspalten kann oder das nicht hydrolysierbar ist, ist er gegen Attacken durch Schwefelsäure relativ immun. Am Besten sollte deshalb der Kittel aus PE oder PP sein.


1997
F: Ich habe Ihre Internetseite zufällig bei meinen Recherchen im Netz gefunden und ich hoffe Sie können mir helfen!
Ich versuche gerade zu ergründen was an der Kristallstruktur von Silicium so außergewöhnlich ist, dass es ihn zum prädestinierten Leitstoff für die Mikrochips macht.
Ebenfalls frage ich mich warum sind Metalle überhaupt kristallin ?
Und gibt es in der Evolutionsgeschichte von Silicium eine Parallele zum "flüssigen Kristall" Wasser?
Gibt es Parallelen zwischen der Kristall Struktur von Wasser und Silicium?
Wenn Sie mir bei diesen Fragen etwas weiter helfen könnten, wäre ich Ihnen sehr dankbar!


A: Bei einem solchen Fragenkomplex wäre es schön, wenn Sie sich vorstellen würden und damit ausdrücken, auf welchem Niveau Sie eine Antwort erwarten.

Nun zu Ihren Fragen.

1. Ich versuche gerade zu ergründen, was an der Kristallstruktur von Silicium so außergewöhnlich ist, dass es ihn zum prädestinierten Leitstoff für die Mikrochips macht.
Silicium ist ein typischer Halbleiter. Dass man gerade dieses Element in erster Linie nutzt, liegt vor allem daran, dass es unter den Halbleiter-Elementen das weitaus häufigste und billigste ist. Dazu ist es toxikologisch und ökologisch völlig unbedenklich.

Es liegt nicht so sehr an der Kristallstruktur, sondern an der relativen Lage der Leitungsbänder. Deren Energieabstand ist gerade so groß, dass die Lage technisch ausgenutzt werden kann. Warum das ausgerechnet beim Silicium so ist, ist Zufall. Es gibt auch andere Übergangselemente, die Halbleiter sind. Se, Ge und Ga sind zu selten. As ist häufig, aber zu giftig. Dazu kommen noch viele Legierungen und Verbindungen mit Halbleitereigenschaften.

2. Gibt es Parallelen zwischen der Kristall-Struktur von Wasser und Silicium?
Sie verwechseln Silicium mit Siliciumdioxid. Letzteres hat die gleiche Kristallstruktur wie Wasser-Eis. Ersetzen Sie dazu die O-Atome der Wassermoleküle durch Si und die H-Atome durch O.

3. Ebenfalls frage ich mich, warum sind Metalle überhaupt kristallin?
Jede einfach gebaute Substanz bildet, wenn sie fest wird, Kristalle. Nehmen Sie als Modell eine Ladung Tischtennisbälle oder Murmeln und schütten Sie diese auf eine eingefasste Fläche, zum Beispiel ein Servierbrett. Da werden Sie sehen, dass sich die Kugeln Platz sparend anordnen -> ein Kristallgitter bildet sich. Man sagt, dass die potentielle Energie (Energie der Lage) mit zunehmender Ordnung abnimmt. Wenn die Anordnung der Bälle nicht wie gewünscht überall vollständig und ideal ist, entspricht das der Normalität: Auch natürliche Kristalle weisen viele Fehlordnungen auf.


1998
F: Ist es ratsam, gelöschten Kalk mit Sodapulver zu mischen + Wasser, um damit Schimmelbefall im Haus, z.B. Zimmerdecke im Bad, zu bekämpfen? Kalkwasser allein reicht nicht aus.


A: Gelöschter Kalk ist eine starke Lauge und reagiert entsprechend alkalisch. Das bedeutet Gefahr für Augen und Schleimhäute, bei längerer Einwirkung wird auch die normale Haut angegriffen. Das wissen die Maurer. Beachten müssen Sie auch, dass Kalkmilch wie alle Alkalien Glas und Porzellan angreift.

Natürlich können Sie den gelöschten Kalk ohne Gefahr mit Soda mischen. Sie senken damit aber dessen Basizität, also die Ätzwirkung, was durchaus Vorteile haben kann - vor allem für Sie, wenn Sie die stark ätzende Branntkalkmilch verstreichen (Handschuhe und Schutzbrille nutzen!).

Ob das allerdings die Pilzbekämpfung erschwert, kann ich nicht beurteilen, da das von der Pilzart abhängt. Schwarzen Schimmel z. B. können Sie nur mit alkalischer Chlorbrühe (z. B. mit Sagrotan® oder ähnlichen Produkten) niederkämpfen. Ansonsten hilft gegen Schimmel im Bad vor allem eines: Lüften! Lassen Sie auch zur Prophylaxe unbedingt Tag/Nacht die Duschtür offen stehen.


1999
F: Warum fühlt sich Eisen kalt an, im Gegensatz zu Pappe bei gleicher Temperatur?


A: Gegenstände fühlen sich kalt an, wenn sie von unserer Haut Wärme abziehen. Je rascher das geschieht, desto kühler fühlen sich die Materialien an.

Dazu müssen die Materialien Wärme leiten können. Eisen ist wie alle Metalle ein hervorragender Wärmeleiter, Papier dagegen nicht. Hinzu kommt, dass in Pappe herstellungsbedingt viel Luft eingeschlossen ist und Luft ein noch schlechterer Wärmeleiter ist.


2000
F: Ich habe eine eigentlich ganz einfache Frage. Wenn ich eine Natriumcyanidlösung zu einer Eisen(III)chlorid-Lösung gebe, dann erhalte ich doch Natriumhexacyanoferrat(III) oder nicht? Aber angeblich soll die entstehende Verbindung rot sein und nicht gelb, wie meine es ja wäre.
Können Sie mir helfen wo mein Fehler liegt?


A: Meinen Sie eine gelbe Lösung oder gelbe Kristalle? Eine verdünnte Lösung von Hexacyanoferrat(III) ist immer gelb, auch wenn die Kristalle von Hexacyanoferrat(III) tiefrot sind. (Die Kristalle von Hexacyanoferrat(II) sind hellgelb und ihre Lösung ist fast farblos.)

Mit Eisen(III)-Ionen kann sich nur Hexacyanoferrat(III) bilden, denn es findet keinerlei Reduktion statt. Die Reaktionsgleichung ist vielmehr:

Fe3+ + 6 CN- ———> [Fe(CN)6]3-

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Letzte Überarbeitung: 09. November 2012, Dagmar Wiechoczek