Kurze Fragen - Kurze Antworten
Aus dem E-Mail-Korb von Professor Blume

E-Mail-Gruppe 377
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2041
F: In der Schule haben wir in einem Erlenmeyerkolben Zuckerwasser mit Hefe versetzt und mit einem Luftballon verschlossen. Durch die Gärung entstand Kohlenstoffdioxid, der Ballon wurde dadurch aufgeblasen. Nach acht Tagen schrumpelte der Ballon zusammen und wurde in den Kolben regelrecht eingesogen. Können Sie mir erklären, wie dieser Unterdruck entstanden ist? Wurde das Kohlenstoffdioxid wieder abgebaut?


A: Zur Beantwortung bräuchte ich eigentlich ein paar Informationen, wie Sie den Versuch gemacht haben. Haben Sie z. B. bei anhaltend konstanter Temperatur gearbeitet? Wenn Sie den Ballon auf einen zuvor zur Aktivierung der Gärungshefe erwärmten Ansatz stülpen, kann sein Volumen beim Abkühlen derartig schrumpfen, dass er in das Gärgefäß hineingesogen wird. Aber auch durch die Wechsel zwischen Abkühlung (Heizung in der Schule wird nachts oder am Wochenende stark zurückgefahren!) und Aufheizung (u. a. auch durch Sonneneinstrahlung) kann es zu Schrumpfungen kommen.

Es gibt aber noch mehr Gründe:
- In der Anfangsphase atmen die Hefezellen, sie verbrauchen also den vorhandenen Luftsauerstoff.
- Ballongummi ist durchlässig für das entstehende CO2.
- Hinzu kommt, dass es auch durchlässig ist für den zunehmend entstehenden und in den Dampfraum übergehenden Alkohol. Das gilt auch für andere, bei der alkoholischen Gärung entstehende organische Verbindungen wie Ester.
- Auch mit der Bildung von Wasserstoff ist zu rechnen. Letzterer durchdringt Gummi ganz besonders leicht.


2042
F: Wieder einmal habe ich sehr von Ihrer tollen Webseite profitieren können.
Den Tipp vom September 2003 zum Tintenkiller und zur roten Lehrertinte möchte ich gerne in meiner nächsten Lehrprobe verwenden.
Dazu habe ich einige Fragen. Vielleicht haben sie im Laufe ihrer Recherche darüber Informationen erhalten können.

Wissen Sie welcher Farbstoff für grüne Tinte verwendet wird? Diese ließ sich durch Zugabe von Natriumsulfit nicht entfärben. Es scheint also kein Triphenylmethanfarbstoff zu sein.
Auch die violette Tinte gibt mir noch Rätsel auf. Diese entfärbt sich bei Zugabe des Sulfits. Es bliebt aber eine gräuliche Lösung zurück. Kann es trotzdem Kristallviolett sein?


A: Es handelt sich um eine schwach alkalische Lösung von Indigo-5,5´-disulfonsäure-dinatriumsalz. Diese Verbindung kennt man auch unter den Bezeichnungen Indigocarmin oder Indigotin I.

(Indigocarmin dient bekanntlich als Indikator, der im alkalischen Milieu von Blau nach Gelb umschlägt. Mit ihm weist man in den Teströhrchen auch Ozon nach.)

Die violette Farbe mit den von Ihnen beschriebenen Eigenschaften kenne ich nicht. Ich erinnere aber daran, dass es mittlerweile Tintenzubereitungen mit vielen anderen Zusatzstoffen als die gegen Tintenkiller empfindlichen Triphenylmethane gibt.


2043
F: Für die Hydrolyse von Saccharose braucht man nur katalytische (kleine) Mengen Säure. Nun gibt es auch Reaktionen, für die man molare Mengen an Katalysator einsetzen muss. Beispiel ist die Estersynthese.
Welcher Art muss eine Reaktion bzw. deren Mechanismus im Allgemeinen sein, sodass eine katalytische (kleine) Menge bzw. eine molare Menge an Katalysator erforderlich ist (Beispiel: Saure Esterhydrolyse katalytische Menge Säure, alkalische (Verseifung) molare Menge Base)?


A: Die Definition von Katalysatoren lautet bekanntlich:

Ein Katalysator ist ein Stoff, der eine mögliche Reaktion hervorruft, ihre Geschwindigkeit verändert oder sie in eine bestimmte Richtung lenken kann, der jedoch in der Gleichung des resultierenden Umsatzes nicht auftritt.

Dass bei der sauren Hydrolyse molare Säuremengen eingesetzt werden müssen, ist mir neu. Der Reaktionspartner ist nur Wasser. Die Säureprotonen sind Katalysator. Sie polarisieren die sowieso schon schwach polarisierte CO-Gruppe und machen das C-Atom bereit für den Angriff des polaren Wassermoleküls. Das Proton wird zurückgewonnen.

(1)            R-COO-R´ + H2O ———> R-COOH + R´-OH

Hier beschreiben wir den Mechanismus.
Deshalb reichen geringe Säuremengen aus. Anders ist es bei dem von Ihnen gewählten Beispiel „Alkalische Verseifung“. Beim Hydroxid-Ion handelt es sich nicht um einen Katalysator, sondern um einen echten Reaktionspartner.

(2)            R-COO-R´ + OH- ———> R-COO- + R´-OH

Ein Katalysator ist hierbei nicht vonnöten. Denn die Hydroxid-Ionen sind so stark polar, dass sie das C-Atom der CO-Gruppe anstelle von Wasser angreifen können. Folglich werden aber auch soviel Hydroxid-Ionen verbraucht wie Säure-Anionen entstehen.


2044
F: Warum riecht Urin nach dem Genuss von Cordon Bleu wie die Speise selbst?


A: Cordon Bleu ist gebratenes Fleisch mit Käsefüllung. Der Geruch dieser Leckerei wird durch so genannte Maillard-Produkte hervorgerufen, die in komplizierter Reaktionsfolge aus Proteinen und Kohlenhydraten durch Erhitzen entstehen. Darunter befinden sich Substanzen, die ohne chemische Veränderung die Niere passieren. Ihre Löslichkeit ist allerdings begrenzt, so dass sie leicht in die Luft abgegeben werden – vor allem, wenn der Harn noch warm ist. Damit übertragen sie ihren unvergleichlichen Duft auf den Harn.

(Anders ist es bei Spargel.)


2045
F: Ich habe eine Frage, die nicht chemisch ist, aber irgendwie in Ihr Fachgebiet passt: Wissen Sie, was die Bezeichnungen Orthopäde und Pädagoge verbindet? Ein Orthopäde hat doch nicht immer etwas mit Kindern zu tun, wie etwa der Logopäde.


A: Sie spielen auf die gemeinsame Silbe „päd“ an. Man muss wissen, dass es im Griechischen zwei ähnlich klingende Bezeichnungen gibt:
- paidea heißt Erziehung, Ausbildung
- paidos bedeutet Kind.

Der Orthopäde ist der Arzt, der sich u. a. mit den Deformationen der menschlichen Gliedmaßen und deren Besserung befasst. Hier greift das paidea (dazu: griech. orthos; richtig, gerade). Auch die Berufsbezeichnung Logopäde hat hier seine sprachlichen Wurzeln (dazu griech. logos; Wort). Der Logopäde arbeitet übrigens ebenfalls nicht nur mit Kindern, sondern auch mit Erwachsenen (siehe z. B. den Film „The Kings Speech“).

Ein Pädagoge ist der Betreuer von Kindern. Die Bezeichnung beruht auf paidos (dazu: griech. agein, führen).

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Letzte Überarbeitung: 21. August 2013, Dagmar Wiechoczek