Kurze Fragen - Kurze Antworten
Aus dem E-Mail-Korb von Professor Blume

E-Mail-Gruppe 43
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F: Im Kollegenkreis finden wir keine Antwort auf folgende Frage: Das Botulinus-Toxin ist bereits in kleinsten Mengen hochtoxisch, die LD ist äußerst gering. Wie ist es zu erklären, dass dieses "Gift" so unproblematisch sich in verschiedenen therapeutischen Bereichen (wie Urologie) zunehmender Beliebtheit in der lokalen Anwendung erfreut? Ist die offensichtliche Sorglosigkeit berechtigt, zumal alle befragten Anwender darauf keine Antwort wußten?!
Vielen Dank für ein paar erklärende Worte.
Ein Anästhesist aus Weiden/OPf.


A: Sie haben Recht: Botulinus-Toxin ist hochtoxisch, vor allem in Hinblick auf die bemerkenswert große Molmasse von Botulin. Diese ist auch für ein Protein ungewöhnlich, nämlich um die 900 000 u. (Siehe hierzu unsere Webseite vom Sinn der Atommassen.) Ich gehe davon aus, dass die Leute wirklich natürliches Botulinus-T. spritzen und nicht irgend eine abgewandelte Version. Als Anästhesist wissen Sie, dass Botulinus ähnlich wie die Organophosphorverbindungen auf die Synapsen des vegetativen Nervensystems wirkt. Durch das Unterspritzen werden partielle Lähmungen hervorgerufen, die die Haut glatt erscheinen lassen.
Wir müssen unterscheiden: Wenn Sie verdorbene Speisen mit dem Toxin oral aufnehmen, haben Sie dies verpackt im Bakterium (Clostridium botulinum). Das Bakterium vermag ohne Probleme den Magen und die Darm/Blutschranke zu überwinden.
Wenn Sie das Toxin jedoch spritzen, bleibt es im Gewebe hängen. Denn das Toxinmolekül besteht aus zwei Untereinheiten, A und B. Die Untereinheit A bindet an die präsynaptische Membran und bohrt einen Eintrittskanal für B, eine Protease. Letztere hat nur ein Substrat, die Calcium-regulierten so genannten Vamp-Proteine. Diese sind an Membrantransportprozessen für Transmittermoleküle beteiligt.
In minimalen Dosen unter die Haut gespritzt bleibt das Botulinus-System jedoch im Gewebe hängen, da es zum Teil ohne physiologisch zu wirken auch in andere (vor allem Unterhaut-)Fettzellen eindringt und somit nicht die Nervenzellen erreicht.


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F: Hi, was ist Chlorwasser?


A: Chlorwasser ist eine Lösung von Chlorgas in Wasser. Sie enthält entsprechend dem folgenden Gleichgewicht gelöstes Chlor, Salzsäure und unterchlorige Säure.

Wenn man Chlor statt in Wasser in Natronlauge einleitet, erhält man statt der Säuren deren Salze (Natriumchlorid und -hypochlorit). Das Gleichgewicht verschiebt sich dabei völlig nach rechts. Diese Produkte sind (oder waren) als desodorante Reiniger beliebt. Säuert man solche Lösungen wieder an (indem man zum Beispiel saure WC-Reiniger dazu gibt), so bildet sich in Rückreaktion wieder Chlor. Das war früher der Grund für die so genannten "Domestos"-Unfälle.


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F: Ich würde gerne wissen, welche Faktoren die Lebensdauer des Daniell-Elements begrenzen?


A: Das Element (einer der Klassiker unter den galvanischen Elementen zur Umwandlung von chemischer in elektrische Energie) ist wie folgt aufgebaut:

Zinkblech/Zinksulfatlösung/Diaphragma/Kupfer(II)-sulfatlösung/Kupferblech

Am Minuspol werden Zinkatome zu Zink-Ionen oxidiert. Die dabei freigesetzten Elektronen wandern durch den äußeren Stromkreis über einen Verbraucher zum Pluspol, der Kupferelektrode. Hier werden mit den ankommenden Elektronen Kupfer-Ionen entladen und auf der Elektrode als Kupferatome abgelagert. (Durch die Lösung laufen negativ geladene Sulfat-Ionen aus der Kupfersulfatlösung in Richtung auf die sich aufkonzentrierende Zinklösung, so dass der Stromkreis geschlossen ist.)
Aus den Vorgängen in den Elektrodenräumen ergibt sich die Antwort auf die obige Frage: Ein Daniell-Element hört auf, Strom zu liefern, wenn die Kupfersalzlösung aufgebraucht oder die Zinkanode zersetzt ist.


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F: In Ihrem Artikel "Wasser ist nicht nur H2O" beschreiben Sie die mannigfaltigen Möglichkeiten unserer Gesellschaft unser Grundnahrungsmittel Wasser zu vergiften.
Seit Jahren versuchen wir uns vor dieser schleichenden Vergiftung zu schützen, in dem wir für die Zubereitung von Speisen und Getränken Wasser aus einer Umkehr-Osmose mit nachgeschaltetem Aktivkohle-Filter verwenden.
Hin und wieder werde ich verunsichert, weil dieses nahezu reine Wasser angeblich gesundheitsschädlich sein soll. Gibt es dazu aus nahrungsmittelchemischer Sicht einen Grund? Ich verwende dieses Wasser seit über 10 Jahren und erfreue mich bester Gesundheit.


A: Sie benötigen eigentlich keinen Schutz vor unserem Trinkwasser, denn es handelt sich in unserer Gesellschaft bei diesem Lebensmittel um das am besten gereinigte und geprüfte Lebensmittel überhaupt. Anders ist es, wenn Sie von selbst gezapftem Brunnenwasser leben.
Umgekehrt ist die Qualität des selbst gereinigten Wassers oftmals bedenklich, weil viele Leute ihre Filteranlagen und Ionenaustauscher nicht richtig warten, so dass die Anlagen verpilzen oder sich auch mit Bakterien vollsetzen.
Ob nun destilliertes Wasser für die Gesundheit förderlich ist oder diese schädigt, ist umstritten. Wenn Sie gesund sind, also keine Probleme etwa mit dem Mineralhaushalt haben, so ist das Wasser wohl unbedenklich. Ich kenne auch Leute, die täglich literweise entmineralisiertes Wasser trinken. Ich tue es nicht.


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F: Welches trennverfahren wird bei der künstlichen Niere angewendet?


A: Das Verfahren ist die Dialyse. Das besorgt die Abtrennung kleinerer Moleküle von großen Molekülen längs einer halbdurchlässigen Membran.
Beispiele sind:
1. Entfernung von Salzen aus einer Proteinlösung bei der Proteinpräparation
2. Entfernen von Alkohol aus Bier (mit dieser leider nicht quantitativen Methode stellt man so genanntes alkoholfreies Bier her)
3. Trennung der Gase der Luft als Ersatz zum Linde-Verfahren
4. Blutwäsche bei Nierenversagen: Entfernen von Harnstoff und Ammonium-Ionen aus dem Patienten-Blut.

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Letzte Überarbeitung: 07. Februar 2014, Dagmar Wiechoczek