Lösung von C60 in Toluol (c = 3 mg / 10 ml )
(Foto: Daggi)


Einordnung des Themas Fullerene in den Chemieunterricht

Experimente:
Versuch: Löslichkeitsverhalten der Kohlenstoffmodifikationen


Fullerene und ihre Chemie können im Chemieunterricht an verschiedenen Stellen behandelt werden.

A) Sekundarstufe [1,2]
1) Im Rahmen des Themas "Modifikationen des Kohlenstoffs" werden die Fullerene als dritte Modifikation behandelt. Auf dieser Stufe sind auch schon erste einfache Experimente möglich, die die Unterschiede der drei Kohlenstoff-Modifikationen Graphit, Diamant und Fulleren zeigen. Dies sollte auch im Rahmen des Themas "Der atomare/molekulare Aufbau der Stoffe ist Grundlage für ihre Eigenschaften" geschehen. Aus diesen Experimenten können die Schüler nämlich auf Größe und Bindung der Moleküle schließen. Eine Schulbuchseite zeigt dies exemplarisch [3].
Mögliche Aufgaben hierzu:
  • Betrachte die drei Stoffe unter einem Mikroskop.
    Graphit ist blättrig, kleine Diamanten im Rohzustand glasartig durchscheinend, von deutlicher kubischer Struktur, oft aber mit abgerundeten Kanten und Ecken. Fullerene zeigen je nach Herkunft oktaeder- oder stäbchenförmige Kristalle.
  • Ermittle die Härte.
    Man versucht, unter dem Mikroskop die Proben mit einem Spatel zu zerdrücken. Fullerenkristalle sind weich wie Graphit. Mit Diamant kann man Glas anritzen, mit Graphit nicht.
  • Vergleiche die elektrische Leitfähigkeit der drei Stoffe.
    Dieser Versuch erfordert etwas Fingerspitzengefühl. Graphitpulver leitet den Strom, Proben von Diamant und Fullerenen dagegen nicht.
  • Untersuche die Löslichkeit der drei Modifikationen in Toluol (siehe Experimente, Vorversuch).
    Als einzige ist das Fulleren löslich.
    Man sollte mit den Schülern auch diskutieren, wie die drei Modifikationen nach außen hin beschaffen sind. Die Schüler kommen darauf, dass es ja eigentlich offene Bindungen geben müsste. Diese sind bei Diamant und Graphit in der Realität jedoch mit Wasserstoffatomen abgesättigt, so dass Diamant und Graphit eigentlich Kohlenwasserstoffe sind. Fullerene sind somit die einzigen völlig reinen Kohlenstoffmodifikationen.

Da man mit den Fullerenen organisch-chemische Reaktionen durchführen kann, ist es möglich, im Anschluss an die Behandlung der Fullerene direkt in die organische Chemie einzusteigen.

2) Bei der propädeutischen Einführung der organischen Chemie kann mit Hilfe der Fullerene eine Vertiefung der Alkenchemie erfolgen. Will man im Anschluss an die organische Chemie, wie dies in einigen Bundesländern wie z. B. Baden-Württemberg üblich ist, den Kohlenstoff und seine anorganischen Verbindungen behandeln, eignen sich die Fullerene sehr gut als Übergang. Sie verhalten sich wie Kohlenwasserstoffe, denen die Wasserstoffatome fehlen.

An dieser Stelle ergibt sich ein kleines Problem, das man mit den Schülern diskutieren sollte:
Sind Fullerene Verbindungen? Genau genommen darf man nicht von Verbindungen sprechen, da diese definitionsgemäß aus mindestens zwei Elementen bestehen müssen. Andererseits kann man sich die Fullerene aber als Riesenalkene vorstellen. Man sollte hier nicht so puristisch sein. Man denke auch an Ozon. Auch hier rutscht einem oft der Begriff "Verbindung" heraus.

B) Sekundarstufe II [4,5]
1) Im Rahmen der Sekundarstufe II bietet es sich in besonderer Weise an, die Fullerene und ihre Chemie in der Reihe "Chemie der Alkene" zu behandeln. Dabei können die Fullerene sowohl am Anfang als auch am Ende einer solchen Reihe stehen. Es ist durchaus möglich über die Fullerene den Einstieg in die Alkenchemie zu machen, da die typischen Alkenreaktionen (z. B. Additionen und Cycloadditionen) mit ihnen einfach durchzuführen sind. Hierbei bieten die Fullerene gegenüber den meisten anderen Alkenen, die normalerweise im Schulunterricht verwendet werden, deutliche Vorteile. Auf der einen Seite sind ihre Lösungen farbig und sie zeigen bei chemischen Reaktionen deutliche Farbänderungen. Diese sind für jede Reaktion zwar ähnlich, aber im Vergleich unterschiedlich. In der Schule können Schüler und Lehrer die Farbänderungen visuell verfolgen. Zum Vergleich ist es deshalb hilfreich, als Farbstandard C60 im jeweiligen Lösungsmittel zur Hand zu haben. Falls ein UV/Vis-Spektrometer vorhanden ist, können auch fotometrische Untersuchungen durchgeführt werden. Darüber hinaus sind mit Fullerenen auch solche Reaktionen möglich, die sich mit den in der Schule normalerweise benutzten Alkenen nur schwer realisieren lassen, z. B. die Hydrierung.

Es besteht natürlich auch die Möglichkeit, nur bestimmte Aspekte der Fullerenchemie in eine Unterrichtseinheit über Alkene zu integrieren. Auf diese Weise erhält man eine Mischung von "farbiger" und "farbloser" Alkenchemie.
Darüber hinaus können die Fullerene auch am Ende einer solchen Reihe zur Wiederholung wichtiger Aspekte der Alkenchemie dienen.

2) Des Weiteren können die Fullerene auch für eine vergleichende Betrachtung der Stoffklasse der Alkene mit der der Aromaten herangezogen werden. Man könnte das C60-Buckminsterfulleren aufgrund seiner polycyclischen Struktur und der vielen Benzolringe auch als einen polykondensierten Aromaten betrachten. Dagegen spricht aber zum einen das chemische Reaktionsverhalten, das die Schüler in Experimenten untersuchen und mit dem anderer Aromaten und Alkene vergleichen können. Andererseits kann das Problem auch von der theoretischen Seite her angegangen werden. C60 gehorcht nicht der Hückel-Regel und wegen der kugeligen Struktur ist das pi-Elektronensystem nicht planar. Anhand einer solchen Reihe kann der typische Weg der naturwissenschaftlichen Erkenntnisgewinnung aufgezeigt werden (Hypothesenbildung, Verifikation bzw. Falsifikation derselben, Suchen einer theoretischen Erklärung).

3) Unabhängig von den typischen Alkenreaktionen ist es möglich, bestimmte Aspekte der Fullerenchemie auch an anderen Stellen im Unterricht zu behandeln. Die Isolierung der Fullerene aus fullerenhaltigem Ruß mit anschließender chromatographischer Trennung zur Gewinnung von reinem C60-Buckminsterfulleren lässt sich problemlos in das Themengebiet "Analytische Chemie" integrieren. Hierbei kann es sehr motivierend sein, dass die Schüler im Unterricht selbst den vollständigen Trennungsgang vom fullerithaltigem Ruß bis zur magentafarbenen Lösung des reinen C60 durchführen. Die dabei verwendeten Geräte wie Destillationsbrücke, Chromatographiesäule und Soxhletextraktor sind etwas nicht alltägliches im Chemieunterricht und steigern sicher das Interesse der Schüler.

4) Die Bildung von Donator-Akzeptor-Komplexen zwischen C60 und elektronenreichen Verbindungen wie Hexamethylbenzol oder Dimethoxybenzol kann auch bei der Behandlung des chemischen Gleichgewichts durchgeführt werden. Sie stellen eine gute Ergänzung oder Ersatz der "klassischen" Versuche (Chromat/Dichromat- oder Anthracen/Pikrinsäure- Gleichgewicht) dar, bei denen zum Teil mit Substanzen gearbeitet wird, die im Verdacht stehen, krebserregend zu sein. Das Gleichgewicht bei der Komplexbildung lässt sich wie bei den bekannten Reaktionen auf einfache Weise durch Konzentrationsänderung verschieben.

5) Anhand der Entdeckung der Fullerene können verschiedene Hybridisierungsarten besprochen werden.
Bisher waren vom Kohlenstoff bekannt:
  • ein poly-sp3-System - der Diamant
  • ein poly-sp2-System - der Graphit
Kroto, Smalley u.a. waren bei der Entdeckung der Fullerene eigentlich auf der Suche nach poly-sp-Systemen, den kettenförmigen Polyinen.
6) Die Eignung der Fullerene als Gegenstand eines fächerübergreifenden Unterrichts wird in einer eigenen Webseite untersucht.


Literatur
[1] A. Hildebrand, U. Hilgers und R. Blume, Die dritte Modifikation des Kohlenstoffs. Fullerenchemie in der Sekundarstufe I; NiU-Chemie 7/33 (1996), 41-45.
[2] A. Höner, Fullerenchemie in der Sekundarstufe I. 1. Staatsexamensarbeit, Fakultät für Chemie, Universität Bielefeld 1996.
[3] a) Chemie für Gymnasien, Sachsen (Klasse 8), Cornelsen-Verlag, Berlin 1997.
b) Chemie für Gymnasien, Baden-Württemberg 3 (Klasse 11), Cornelsen-Verlag, Berlin 1997.
[4] U. Hilgers, A. Hildebrand und R. Blume, Fullerene im Unterricht. Möglichkeiten zur Behandlung eines aktuellen Forschungsgebietes; Chem. Sch. 42 (1995), 447-452.
[5] A. Schalk-Trietchen, Fullerene. Ein fächerübergreifendes Thema für die Sekundarstufe II. 1. Staatsexamensarbeit, Fakultät für Chemie, Universität Bielefeld 1996.


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Letzte Überarbeitung: 22. Januar 2012, Dagmar Wiechoczek