Technische Anwendungen von Ionenaustauschern

Es ist überraschend, wo überall in der alltäglichen Umgebung man der Ionenaustauscher-Technologie begegnet. Dieser Text enthält eine Übersicht mit Links zu genaueren Hintergrundinformationen.

Ionenaustauscher im Schullabor
Der Umgang mit destilliertem Wasser ist dir aus dem Chemie-Unterricht sicherlich sehr vertraut und ein selbstverständlicher Vorgang. Hast du dich jedoch einmal gefragt, woher dieses destillierte Wasser eigentlich kommt oder wie es hergestellt wird? Oftmals ist der Begriff destilliertes Wasser irreführend. Das Wasser wird nämlich nicht durch Destillation von seinen gelösten Salzen befreit, sondern durch Ionenaustausch. Der zutreffende Begriff ist demnach demineralisiertes Wasser. Erkundige dich doch einmal bei deinem Lehrer, wo der Ionenaustauscher zur Demineralisierung von Wasser im Schullabor untergebracht ist. Häufig steht er, falls vorhanden, neben der Geschirrspülmaschine, die dann auch mit demineralisiertem Wasser betrieben wird, um Kalkablagerungen in der Maschine und auf den Gläsern zu vermeiden. Überwacht wird die Anlage durch eine Leitfähigkeitsmesszelle am Auslass der Ionenaustauscher-Patrone. Reines Wasser zeigt eine sehr geringe elektrische Leitfähigkeit. Steigt die Leitfähigkeit an, ist das ein Zeichen dafür, dass Leitungswasser unbehandelt durch den Austauscher läuft. Dann ist der Austauscher erschöpft und muss regeneriert werden.

Ionenaustauscher im Haushalt
Um die Geschirrspülmaschine vor Kalkablagerungen zu schützen, reicht es aus, die härtebildenden Ca2+- und Mg2+-Ionen gegen Na+-Ionen auszutauschen. Bei diesem Vorgang handelt es sich um eine Verringerung der Wasserhärte durch einen Neutralaustausch. Denn Säuren oder Laugen, die beim Austausch gegen Protonen oder Hydroxid-Ionen entstehen, wären für das Metall in der Spülmaschine und die Gläser viel zu aggressiv. Moderne Geräte verfügen über einen eingebauten Kationenaustauscher. Ist der Kationenaustauscher vollständig mit Ca2+- und Mg2+-Ionen beladen, muss dieser wieder regeneriert werden. Zu diesem Zweck befindet sich in einem zusätzlichen Behälter ein spezieller Aufbereiter (oder Kochsalz), der immer wieder aufgefüllt werden kann.

Weitere Haushaltsgeräte, die Ionenaustauscher zur Enthärtung von Wasser enthalten, sind einige Kaffeemaschinen und Wasserfilter. Die Filterkartuschen dieser Geräte enthalten nicht nur Kationenaustauscher, sondern auch Aktivkohle zur Entfernung geruchs- und geschmacksstörender Stoffe (z. B. Chlor). Das mit diesen Filtern behandelte Wasser kann dann mit einem Wasserkocher erhitzt werden, ohne dass nach dem Gebrauch für die Geräte schädliche Kalkablagerungen zurückbleiben.

Auch Waschmittel enthalten ionenaustauschende Zusatzstoffe zur Enthärtung des Leitungswassers. So enthält z. B. das Waschpulver Persil(R) den Zusatzstoff Sasil(R). Dabei handelt es sich um einen von der Firma Henkel entwickelten Zeolithen, der in der Lage ist, Ca2+- und Mg2+-Ionen gegen Na+-Ionen auszutauschen. Das Waschen mit "weichem Wasser" schont nicht nur die Waschmaschine, sondern unterstützt auch den Waschvorgang.

Die Reinigung von Abwässern und das Recycling von Schwermetallen
Beim Galvanisieren werden Metalle elektrolytisch mit Schwermetallüberzügen versehen. Die dabei anfallenden Schwermetallsalzlösungen können aufgrund ihrer extremen Giftigkeit nicht ohne weiteres in die Kläranlagen oder Vorfluter abgegeben werden. Es ist daher sehr wichtig, die Abwässer vorher zu reinigen. Die Anwendung von Ionenaustauschern spielt hierbei eine wesentliche Rolle. Die Behandlung der Abwässer führt auch zur Rückgewinnung teurer Rohstoffe: Abwasser aus Galvanisierbetrieben - giftig und eine lohnende Rohstoffquelle.
Ionenaustauscher können auch zur Reinigung von verseuchtem Grundwasser genutzt werden, wie das Beispiel eines Berliner Betriebs zeigt (Reinigung von chromverunreinigtem Grundwasser).

Auf den Einsatz einiger Schwermetalle kann vielfach nicht verzichtet werden. Sind diese Metalle zudem noch sehr teuer und selten, hat man gerade für diese - anders als für häufiger vorkommende Schwermetalle wie Kupfer und Blei - eine besonders ausgefeilte und intensive Recyclingtechnologie entwickelt. Solch eine Technologie wurde z. B. für Cadmium erarbeitet.

Es lassen sich mit Ionenaustauschern aber nicht nur Metall-Ionen aus Elektrolytlösungen entfernen, sondern auch organische Moleküle. Bei der Kokerei entsteht unter anderem phenolhaltiges Wasser. Phenole sind schon in geringsten Mengen giftig. Die Gewinnung von Phenolen aus Kokereiabwässern und die damit verbundene restlose Entfernung ist daher zwingend notwendig.

Schadstoffarme Technologien
Die chemische Industrie ist bei der Produktion wichtiger Chemikalien bemüht, Umweltschäden gänzlich zu vermeiden oder zumindest so gering wie möglich zu halten. So wurde 1860 von Solvay eine Variante der Sodagewinnung entwickelt, die das Umwelt belastende und unwirtschaftliche Leblanc-Verfahren ablöste. Ein weiteres, weniger schädigendes Vorgehen ist die Ablösung des klassischen Verfahrens zur Kupfergewinnung durch eine moderne, die Umwelt schonende Aufbereitung von Kupfererzen durch Extraktion mittels Ionenaustauscher.

Abfallarme Synthesen mit Ionenaustauschern
Ionenaustauscher haben bereits weitaus mehr Aufgaben zu erfüllen, als nur Ionen aus Lösungen zu entfernen. Man benutzt sie z. B. als Katalysatoren, die man anstelle von Schwefelsäure einsetzen kann. Damit wird das Problem der Abfallschwefelsäure ("Dünnsäure") umgangen. Beispiele sind Veresterungsreaktionen (Veresterung ohne Schwefelsäureabfall oder die Herstellung von Buttersäureester, zu denen die Geruchsstoffe der Ananas gehören, ohne die übel riechende Buttersäure verwenden zu müssen), die Hydrolyse von Stärke zur Herstellung von Traubenzucker, die Spaltung von Saccharose oder das Herstellen reiner Citronensäure ohne Gipsnadeln.

Ionenaustauscher-Membranen
Ionenaustauscher werden zumeist in der Form kleiner Harzkügelchen geliefert. Ihre Trägersubstanz kann aber auch zu Membranen geformt werden, die dann zur Abtrennung von Reaktionsräumen dienen. Diese Ionenaustauscher-Membranen spielen eine große Rolle in der technischen Elektrochemie (Umweltschonende Stofftrennung mit Ionenaustauscher-Membranen). Ein großes und zukunftweisendes Anwendungsfeld ist die Brennstoffzelle. Zum einen kann durch sie umweltverträglich elektrische Energie gewonnen werden, und zum anderen wird sie zum Antrieb von Autos genutzt. Wenn du mehr zur Brennstoffzelle im Auto erfahren möchtest, dann schau dir doch das Kapitel "Brennstoffzellen im Auto" in unserer Web-Seite "Technische Chemie im und ums Auto" an.

Ionenaustauscher in der Medizin
Sowohl zur Abgabe von Medikamenten, als auch zur Senkung hoher Ionenkonzentrationen im Blut können Ionenaustauscher im menschlichen Körper eingesetzt werden. Zur Stabilisierung des Blutdrucks werden beispielsweise Medikamente verabreicht, deren Moleküle positiv geladene Ionen sind. Diese sind in der Tablettenkapsel an Kationenaustauscher gebunden. Im Verdauungstrakt werden sie langsam gegen Protonen oder Metallkationen ausgetauscht und können dann ihre langanhaltende Wirkung entfalten.
Als Hyperkaliämie wird eine Krankheit bezeichnet, deren Ursache eine zu hohe K+-Ionen-Konzentration im Blut ist. Sie führt zu Störungen im Herzen, an den Nerven und in der Muskulatur. Zur Dauertherapie verabreicht man den Patienten zu Tabletten verarbeitete Kationenaustauscherharze (z. B. Natriumpolystyrol-Sulfonat), die mit Na+-Ionen beladen sind. Auf Grund der höheren Affinität zu K+-Ionen werden diese gegen Na+-Ionen ausgetauscht und mit dem Harz ausgeschieden.


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Letzte Überarbeitung: 11. April 2007, Dagmar Wiechoczek