Hemmung und Vergiftung von Enzymen

Experimente:
Versuch: Das exemplarische Enzym: Urease
Versuch: Vergiftung eines Enzyms durch Schwermetall-Ionen
Versuch: Rückgängigmachen der Schwermetall-Vergiftung von Urease
Versuch: H2O2 zerstört die Aktivität von manchen Enzymen


Auf die Enzyme wirken aus dem Milieu heraus aktivierende und hemmende Einflüsse, die auf der Anwesenheit von Stoffen beruhen.
Stoffe, welche die Reaktionsgeschwindigkeit der enzymatischen Katalyse verringern, sind Hemmstoffe oder Inhibitoren. Wenn der Hemm-Mechanismus zu irreversiblen Veränderungen führt, spricht man von Giften.
Die Übergänge zwischen Hemmung und Vergiftung sind aber fließend. Durch sinnreiche Versuche gelang es, Angriffspunkte und Wirkungsmechanismen vieler Inhibitoren und Aktivatoren sowie von Giften und Gegengiften aufzuklären. Damit hat die Wissenschaft von den Giften, die Toxikologie, zu den Erfolgen der modernen Biochemie sicherlich in großem Umfange beigetragen.
Angriffspunkte für Inhibitoren können alle biochemisch relevanten Moleküle wie Nucleinsäuren, Enzyme und deren Coenzyme sowie die Substrate sein. Durch die Auswirkung von Vergiftungen hat man manchmal erst erkannt, dass es den einen oder anderen biochemischen Stoff oder Reaktionsschritt geben muss. Zusätzlich gestattet die genaue Analyse der häufig hochspezifischen Giftwirkungen im molekularen Bereich noch den Einblick in den Feinmechanismus von enzymkatalysierten Reaktionen, da jedes Enzym durch eine mehr oder weniger spezifische Kombination von bestimmten Inhibitoren gehemmt wird. Gleiches gilt für Gifte, die häufig hochspezifisch sind.

Enzymhemmung und Regulation von Stoffwechselvorgängen
Enzyme als Biokatalysatoren sorgen zwar dafür, dass in biologischem Material chemische Prozesse überhaupt ablaufen können, aber diese Aktivität bedarf ihrerseits der Steuerung und Regelung. Denn jedes Enzym katalysiert einen Schritt in einer Reaktionskette oder in einem Zyklus. Diese stehen wiederum in einem vollkommen ausgesteuerten, vieldimensionalen Beziehungsnetz von Reaktionsketten.
Fast die gesamte biochemische Regulation von Stoffwechselvorgängen beruht auf der Wechselwirkung zwischen Enzymen einerseits und Inhibitoren sowie Aktivatoren andererseits. Diese Form der Regulation beginnt bereits auf der Ebene der Proteinbiosynthese, bei der die Ablesung des genetischen Codes von speziellen Repressormolekülen kontrolliert wird (Repressions- und Induktionsmodell). Dadurch wird in der Zelle die Enzymkonzentration durch ein ständiges Gleichgewicht zwischen Auf- und Abbau von Enzymmolekülen reguliert.

Viele Enzyme werden durch das Produkt der von ihnen katalysierten Reaktionen gehemmt (Produkthemmung). Erst wenn - im Sinne eines chemischen Gleichgewichts - das Produkt durch Folgereaktionen aus dem Enzym-Produkt-Komplex entfernt wird, ist das Enzym wieder aktiv. Eine Art Produkthemmung ist es auch, wenn das Endprodukt einer Reaktionskette beispielsweise das Startenzym der Kette hemmt. Für diesen Hemmstoff müssen jedoch spezielle Anlagerungspunkte am Enzym vorliegen. Gelangt der Hemmstoff in dieses Anlagerungszentrum, so verändert sich die Struktur des Enzyms derart, dass das aktive Zentrum nicht mehr zu arbeiten vermag (allosterische Hemmung; so genannte Feed back-Hemmung). Enzyme, die dieser allosterischen Hemmung unterliegen, sind stets Proteine mit ausgeprägter Quartärstruktur.
Es gibt eine Reihe verschiedener Hemm-Mechanismen. In der Schule sind die folgenden Typen demonstrierbar:
Bei der Substrathemmung konkurrieren bei zu großem Substratangebot mehrere Substratmoleküle um das aktive Zentrum und behindern sich gegenseitig. Deshalb nimmt die Aktivität des Enzyms mit zunehmender Substratkonzentration zunächst zu, durchläuft ein Maximum und fällt dann wieder ab. Ein Beispiel ist Harnstoff bei der Urease (-> Versuch).
Bei der kompetitiven Hemmung konkurrieren ähnlich gebaute Moleküle um das aktive Zentrum. Beispiele sind Thioharnstoff, N,N-Dimethylharnstoff und Harnstoff bei der Urease (-> Versuch). Dieser Hemmtyp ist wichtig für die Arzneimittel-Industrie. Beispielsweise ist Atropin, das Gift der Tollkirsche, kompetitiver Hemmer der Acetylcholinesterase; es hat strukturelle Ähnlichkeiten mit deren Substrat, dem Acetylcholin. Es vermag die extreme Giftwirkung von Phosphorsäureestern wie E-605 zu mindern (-> Webseite).

Vergiftungen
Ähnliche Überlegungen gelten prinzipiell auch für Vergiftungen. Auch hier gibt es graduelle Abstufungen zur Hemmung.
Die Auswirkungen können unter Umständen lebensbedrohlich sein. Das wohl bekannteste Beispiel für die Auswirkung der vollständigen Blockierung eines einzigen Enzyms ist die Vergiftung der Cytochrom-Oxidase durch Cyanid-Ionen. Dieses Enzym ist Teil der für aerob eingestellte Organismen lebensnotwendigen und unersetzbaren Reaktionssequenz, der Atmungskette. Sein Ausfall hat das Syndrom der Cyankali-Vergiftung zur Folge.
Vergiftungen an Enzymen kann man durch Zugabe von Schwermetall-Ionen erreichen (-> Versuch). Diese sind oftmals reversibel, wenn man Komplexbildner oder Mercaptane (Thiole) zugibt, die die Schwermetalle stärker zu binden vermögen als die Enzyme (-> Versuch).
Nicht reversibel ist die Vergiftung durch Wasserstoffperoxid, das viele Enzyme angreift - nicht aber die Katalase (-> Versuch). Offenbar haben einige Enzyme "gelernt", sich vor Schadstoffen zu schützen.


Weitere Texte zum Thema „Katalyse“


Diese Seite ist Teil eines großen Webseitenangebots mit weiteren Texten und Experimentiervorschriften auf Prof. Blumes Bildungsserver für Chemie.
Letzte Überarbeitung: 03. September 2001, Dagmar Wiechoczek