Enzyme - ein Überblick
Experimente:
Versuch: Alkoholische Gärung
Versuch: H2O2-Zerfall und verschiedene Katalysatoren
Qualitative Versuche zu den Enzymen (Kompaktkurs)
Versuch: Das exemplarische Enzym: Urease
Versuch: Nachweis des Eiweißcharakters von Enzymen
Wasserstoffperoxid kann man auf vielerlei Art zerlegen: Man kann zunächst die
anorganische Chemikalie Mangan(IV)-oxid (Braunstein) einsetzen. Das ist sehr
wirksam. Dies gilt aber auch für ein bestimmtes Biomolekül, die Katalase. Letztere
reagiert sogar deutlich schneller als Braunstein.
Die Katalase gehört zu den Eiweißen. Genau: Es ist ein Protein, das katalytisch wirksam
ist. Katalysatoren, die in biologischem Material wirken oder ihm entstammen, sind
Biokatalysatoren. Diese bezeichnet man auch als Enzyme
(griech. zyme, Sauerteig). Denn man hat sie zunächst in zerriebener Hefe, die bei
der Herstellung von Sauerteig die zentrale Rolle spielt, gefunden.
Der Unterschied zwischen Proteinen und Enzymen
Enzyme sind Proteine mit katalytischen Eigenschaften (-> Versuch).
Man muss davon ausgehen, dass es kaum eine Proteinart gibt, die - wenn sie nicht als Stütz-,
Transport-, Speichereiweiß oder als Antikörper dient - nicht die Funktion eines
Enzyms hat. Die Anzahl der über zehntausend bis jetzt bekannten Enzyme weist
darauf hin. In diesem Zusammenhang sei erwähnt, dass beispielsweise das kontraktile
Eiweiß der Muskelfasern (Myofibrin) eine ATP-spaltende Hydrolase (ATPase) ist. Eine
ganze Reihe von Proteinen, die bei der Blutgerinnung eine Rolle spielen (wie das
Thrombin), sind Proteasen. Viele Membranproteine sind Transport-Enzyme.
Die Enzyme unterscheiden sich von einfachen Proteinen wie den Albuminen durch
das Vorhandensein eines oder mehrerer Zentren.
- Anlagerungszentren für Substrate und Cosubstrate,
- Aktive Zentren, in denen die eigentliche Reaktion katalysiert wird,
- Regulationszentren (zum Beispiel allosterische Zentren).
Die meisten Enzyme bestehen als Proteine nur aus kondensierten Aminosäuren; an der Katalyse sind deshalb nur deren Aminosäurereste beteiligt. Andere Enzyme treten auch als Proteide auf. Diese tragen mehr oder weniger fest gebunden teils Metall-Ionen bzw. Metallkomplexe wie das Häm, teils Coenzyme („Cosubstrate") wie NAD+/NADH, FAD/FADH2, Pyridoxalphosphat und andere, häufig von den Vitaminen abgeleitete Reste. Im Falle der Proteid-Enzyme erweisen sich diese nicht zu den Eiweißen gehörenden Resten als aktive Zentren. In diesem Zusammenhang kann die Rolle der Spurenelemente sowie der Vitamine verdeutlicht werden.
Spezifität der Enzyme
Der hochkomplexe Aufbau der katalytischen Zentren hat die folgenden Spezifitäten
zur Folge:
A Substratspezifität
Diese tritt auf als Spezifität für ein einziges Substrat (Substratspezifität,
beispielsweise Harnstoff bei der Urease und NAD+ bei der Alkoholdehydrogenase
(ADH)) oder für eine Substratgruppe (Gruppenspezifität der ADH gegenüber der
homologen Alkoholreihe). Die Gruppenspezifität beobachtet man vor allem bei
Verdauungsenzymen.
B Reaktionsspezifität
Diese betrifft die Art der Reaktion, die katalysiert wird. Die ADH ist als ausschließlich
Alkohole dehydrierendes Enzym hochspezifisch, während andere Enzyme (wie
viele Proteasen) beispielsweise gleichermaßen Peptid- und Esterbindungen
hydrolysieren können. Auf dieser Spezifität beruht die Klassifizierung der Enzyme
nach dem EC-Katalog, in dem die Enzyme nach
demjenigen Reaktionstyp eingeordnet sind, den sie vorrangig katalysieren. In diesem
Zusammenhang ist auch die für Enzyme typische Stereospezifität der Katalyse zu
nennen. Sie hat ihren Grund darin, dass Enzyme selbst Enantiomere sind.
C Milieuspezifität
In ihrer Wirkung sind Enzyme von solchen chemischen und physikalischen
Parametern spezifisch abhängig, die insgesamt die zur Wirkung notwendige
hochkomplexe Molekülstruktur des Enzyms zu verändern vermögen. Die Umgebung
(das „Milieu") eines Enzyms umfasst alle Parameter, die primär nichts mit der
eigentlichen Reaktion zu tun haben. Hierzu gehören aktivierende, hemmende oder
vergiftende Einflüsse, die für jedes Enzym insgesamt spezifisch sind. Bedeutung
haben:
Scharfe Spezifitäten sind nicht in allen Punkten gegeben, da sich die Effekte im Allgemeinen überlagern. So wird beispielsweise das pH-Optimum vom Substrattyp, von der Reaktion und von der Temperatur beeinflusst. Das starre Schlüssel-Schloss-Modell von Emil Fischer wird folglich dem Aspekt der Enzymspezifität nicht auf allen Ebenen gerecht.
Die Isolierung der Enzyme
Hat der Biochemiker beobachtet, dass ein Gewebe oder ein Bakterium eine bestimmte
Reaktion katalysiert, so möchte er den Reaktionskomplex oder das Enzym isolieren.
Die Abtrennung eines Enzyms von den vielen anderen Proteinen gleicht prinzipiell der
Auftrennung eines Gemisches von sehr ähnlich gebauten Stoffen. Zur Trennung nutzt
man beispielsweise folgende unterschiedliche Eigenschaften verschiedener Proteine
aus:
1 Ladungszustand bei verschiedenen pH-Werten (Trennung mit Elektrophorese, reversible Fällung durch vorsichtige pH-Variation, Eluation vom Ionenaustauscher mit Salzlösung steigenden Gehaltes oder mit Puffer-Lösungen, die einen pH-Gradienten aufweisen);
2 Löslichkeit in verschiedenen konzentrierten Salzlösungen (fraktionierte Fällung);
3 Löslichkeit in organischen Lösungsmitteln (Aceton-Wasser- und Ethanol-Wasser-Gemische);
4 Gezielte Denaturierung (z. B. ist die RNase kaum kochempfindlich und bleibt in Lösung, während andere Proteine ausflocken);
5 Molekülform und -größe (Trennung im Molekularsieb (Sephadex), mit der Gelelektrophorese und Diskelektrophorese, mit Ultrazentrifugen);
6 Unterschiedliche Molekülmasse (Trennung mit Ultrazentrifugen).
Für jedes Enzym ist es notwendig, einen speziellen Weg zur Isolierung zu finden.
Die Enzym-Isolierung ist einfacher als die Gewinnung und Reinigung von
nichtenzymatischen Proteinen. So gelingt es eher, ein Enzymgemisch aufzutrennen
als etwa die Serumproteine. Man hat nämlich in der Eigenschaft der Enzyme, eine
bestimmte Reaktion zu katalysieren, ein hervorragendes und eindeutiges Kriterium
zur Überprüfung des Trennungsfortschritts und damit der Reinheit. Kommt es
beispielsweise zu einer fraktionierten Trennung, so kann jede Fraktion mit Hilfe eines
(vorher zu entwickelnden) speziellen Enzymtests auf den Enzymgehalt geprüft
werden. Sind alle Fraktionen inaktiv, so ist das Enzym bei der gewählten Methode
denaturiert worden. Ein anderer Weg ist dann zu suchen. Erst wenn die Aktivität trotz
zunehmender Zahl an Reinigungsschritten nicht mehr ansteigt, wird das Enzym als
rein betrachtet und die Kristallisation angestrebt. (Leider ist bei den Proteinen die
Kristallbildung kein sicheres Kriterium für einheitliche Stoffe.) Am Kristall lassen sich
weitere Untersuchungen durchführen; z. B. hat die Röntgenstrukturanalyse dazu
geführt, dass man heute von vielen Enzymen buchstäblich die Lage eines jeden Atoms
kennt und daher präzise Vorstellungen vom Aufbau des aktiven Zentrums entwickeln
konnte.
Die Isolierung von Enzymen kann leider nicht Gegenstand des experimentellen
Schulunterrichts sein, da sie zu aufwendig ist. Häufig gelingen Isolierungen des
Enzyms nur im Kühlraum, da man stets in Konkurrenz zu den intrazellulären Proteasen
arbeiten muss.
Der enzymatische Test
Der enzymatische Test umfasst die Messung der Enzymaktivität
a) zur Bestimmung der Enzyme selbst,
b) zur Bestimmung von Metabolitenanwesenheit oder -konzentration.
Die wichtigsten Lernziele der Enzymologie
Die Schüler sollen wissen,
1 | dass Enzyme Katalysatoren biologischer Herkunft und Funktion sind; |
2 | dass Enzyme zur Stoffklasse der Proteine gehören; |
3 | dass Enzyme als Proteine empfindlich sind gegen Schwermetall-Ionen; |
4 | dass Enzyme als Proteine denaturierbar sind durch Hitze, organische Lösungsmittel, Oxidationsmittel und extreme pH-Bereiche; |
5 | dass Enzymreaktionen steuerbar sind durch die Konzentration von Substrat und Enzym; |
6 | dass Enzyme eine Substratspezifität aufweisen, womit auch eine Reaktionsspezifität verbunden ist; |
7 | dass Enzymreaktionen von der Temperatur beeinflusst werden; |
8 | dass Enzymreaktionen vom pH-Wert des Milieus abhängen, |
9 | dass Enzymreaktionen leicht gehemmt werden können; |
10 | dass Enzymreaktionen quantitativen reaktionskinetischen Gesetzmäßigkeiten folgen; |
11 | dass Enzymreaktionen sich durch Mechanismen erklären lassen, die bekannten chemischen Gesetzmäßigkeiten folgen. |
Die oben zusammengestellten Lernziele lassen sich bis auf die letzten beiden bereits mit qualitativen Vorversuchen erreichen. Hierzu benötigt man im wesentlichen nur wenige, billige Enzyme, die sich noch dazu einfach handhaben lassen und deren Wirkung einfach gezeigt werden kann. Es handelt sich hierbei vor allem um die Urease. Dazu kommen noch leicht beschaffbare Enzyme wie die a-Amylase und die Lipase. Weitere Enzyme sind Proteasen wie Chymotrypsin und Pepsin. Wichtig ist auch die Katalase.
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