Sterische Präzision durch Ziegler-Natta-Katalysatoren

Die Moleküle von Polyvinylverbindungen wie etwa Polypropylen (PP) haben einen Nachteil. Mal zeigt die Methyl-Seitengruppe nach links, dann nach rechts - alles durcheinander. Man spricht von ataktischen Polymeren. Schön wäre es, wenn es gelänge, isotaktische (alle Methylgruppen zeigen nach einer Seite) oder syndiotaktische (die Methylgruppen zeigen alternierend nach links und nach rechts) Makromoleküle zu basteln. Denn das hat Auswirkungen auf die Stabilität und mechanischen sowie sonstigen Eigenschaften dieser Kunststoffe.

Es ist der Traum jedes Kunststoffchemikers gewesen, Ordnung in den Aufbau seiner Polymerisate zu bringen, es also der Natur nachzumachen. Man denke nur an die polymeren Biomoleküle. Da gibt es ja auch Polyether (Kohlenhydrate), Polyamide (Proteine) und Polyester (DNA) sowie Polymere Kohlenwasserstoffe (Latex). Die Kohlenhydrate Cellulose und Amylose unterscheiden sich nur in ihrer Bindungsrichtung am C1-Atom. Die Proteinsynthese bringt die völlig symmetrische Helices oder Faltblattstrukturen hervor. Oder die Basen der DNA, die alle in eine Richtung zeigen. Auch Latex gehört hierzu. Allen Biopolymeren ist gemeinsam, dass ihre Synthese in aktiven Zentren von Enzymen erfolgt. Die katalytisch aktiven Punkte in den Zentren haben eine exakte geometrische Lage zueinander und zu den Substraten, so dass eine isotaktische Reaktionsführung unproblematisch ist.

Das ist auch in der Technik möglich. Der Trick: Man nutzt Polymere, sterisch einheitlich gebaute Katalysatoren. Es handelt sich zum Beispiel um Titan(III)-chlorid, das eine Schichtstruktur aus kantenverknüpften TiCl6-Oktaedern bildet. Anstelle eines Chlorliganden können auch organische Reste zu einer metallorganischen Verbindung Ti-C oder Wasserstoff zu Hydriden Ti-H gebunden werden.
Eingeleitet wird das ganze durch Reaktion mit Tripropylaluminium AlProp3. Es bildet sich ein Propyl-Titanchloro-Komplex. Nun gibt man Propylen unter Druck zu. Bei der beginnenden Katalysereaktion beobachtet man ein vielmaliges Einschieben der niedermolekularen Olefinbausteine in die bestehende Ti-C-Bindung. Daraus resultiert eine Kettenverlängerung. Da diese längs einer geordneten Oberflächenstruktur erfolgt, ist sie geordnet. Außerdem kann sie an verschiedenen Punkten gleichzeitig beginnen.

Diese Katalysatoren nennt man nach den Entdeckern Ziegler-Natta-Katalysatoren. Sie sind heute von großer Bedeutung.


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Letzte Überarbeitung: 10. Oktober 2006, Dagmar Wiechoczek