Cyclodextrine – Moleküle, die Geruch eintüten

Experimenteliste zu den Kohlenhydraten

Bei der Einwirkung von extrazellulären Bakterienenzymen auf Stärke bilden sich cyclische Oligosaccharide, die aus 6-8 Glucoseresten bestehen. Sie sind nicht reduzierend; ihre glucosidischen Bindungen sind wie bei der Stärke vom Typ a(1 -> 4).

Die Moleküle dieser Cyclodextrine sind merkwürdig aufgebaut: Alle Hydroxylgruppen ragen nach außen, während die Rumpfskelette mit den H-Atomen nach innen ragen. Insgesamt bilden sie einen Zylinder. Am oberen Rand stehen kranzartig die sekundären Hydroxylgruppen, am unteren Rand die primären. Die Außenseite des Zylinders ist hydrophil, die Innenseite ähnlich wie bei den Kohlenwasserstoffen bzw. Ethern lipophil aufgebaut.

Sie sind in der Lage, unpolare Moleküle einzuschließen. Zu diesen „Gastmolekülen“ gehören viele Geruchsstoffe. Das macht sie zu Inhaltsstoffen von Geruchskillern wie Febreze® und ähnlichen Produkten. Sie überdecken die Gerüche nicht, sondern tüten sie regelrecht ein.

Sie waren auch im Alcopop-Pulver enthalten, das eine Zeitlang als Alkoholersatz für Jugendliche populär war. Denn die Tüten konnten auch Ethanolmoleküle und Geschmacksstoff einschließen. Allerdings schmeckte das Zeugs glücklicherweise so grauslich, dass es sich nicht lange auf dem Markt hielt.

So werden die Cyclodextrine neben den Geruchskillern auch in der pharmazeutischen und kosmetischen Industrie sowie in der Lebensmitteltechnologie genutzt. Sie haben sogar eine eigene E-Nummer (E 459). Sie dienen vor allem zur Stabilisierung von Emulsionen. Aber auch Vitamine und Geschmacksstoffe werden durch sie stabilisiert. Sie sind auch in der Lage, Bitterstoffe zu binden.

Im festen Zustand bilden sie regelrechte Molekülstapel mit langdurchgehenden intermolekularen Kanälen. Das macht sie für die Festphasenextraktion, einem wichtigen Trenn- und Anreicherungsverfahren der Industrie und Analytik, interessant. Hierzu nutzt man bakterielle Polysaccharide schon lange, z. B. unter der Bezeichnung Sephadex®.

Mit den Cyclodextrinen kann man einige schul-chemische Experimente machen, die aber allesamt nicht sonderlich überzeugen. Immerhin ist wie bei der Stärke die saure Hydrolyse möglich, um zu zeigen, dass dabei reduzierende Zucker entstehen. Die Iod/Stärke-Reaktion bleibt nach unseren Erfahrungen aus – auch wenn sie ab und zu im Zusammenhang mit den Cyclodextrinen beschrieben wird.


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Letzte Überarbeitung: 22. April 2007, Dagmar Wiechoczek