Braunkohle: Ein Energieträger nicht nur mit Nachteilen

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Die abbauwürdigen Braunkohlevorkommen in Deutschland belaufen sich auf etwa 120 Gt (Gigatonnen). Damit ist abzusehen, dass die Braunkohle auch in Zukunft eine wichtige Rolle als Energieträger spielen wird. Und das trotz der vielen Nachteile, sie sich bei Abbau und Nutzung ergeben.

Die Braunkohle stammt aus erdgeschichtlich junger Zeit, dem Miozän. Sie liegt deshalb meist in geringer Tiefe unter der Erdoberfläche. Ihre Schichten sind sehr dick, da sich die Kohle noch in der Umwandlungsphase (Diagenese) zur Steinkohle befindet und deshalb viel Raum einnimmt. Über den Braunkohleflözen lagern oft nur lockere Schichten aus Kies, Sand oder Ton. So ist ein Abbau im Tagebau möglich.

Riesige Schaufelradbagger in Verbindung mit Förderbändern tragen zunächst den Boden (und manchmal auch die Reste von Dörfern…) über der Kohle (den so genannten Abraum) ab. Dann fördern sie die Kohle selbst. Dabei fällt auf, dass die riesigen Maschinen von nur wenigen Menschen bedient werden.

Die Maße der Schaufelradbagger sind sehr eindrucksvoll. Mit etwa 100 m Höhe sind sie fast so hoch, wie ein Fußballfeld lang ist. Allein das Schaufelrad hat die Höhe eines siebenstöckigen Hauses. Die größten fördern etwa 250 000 t Kohle oder Abraum pro Tag.

Sowohl die geförderte Braunkohle als auch der Abraum werden mit Förderbändern transportiert. Meist wird die Braunkohle in der Nähe der Grube in Kraftwerken zur Energieumwandlung genutzt, oder es werden Briketts daraus hergestellt.

Braunkohlebriketts im Ofen
(Foto: Blume)


Der Abraum wird entweder außerhalb des Abbaugeländes angehäuft oder in „ausgekohlten“ Tageräumen „verkippt“. Man kann sich vorstellen, dass der Tagebau insgesamt eine sehr „staubige“ Angelegenheit ist.

Um Einbrüche von Wasser zu verhindern, muss vor dem Einrichten des Tagebaus der Grundwasserspiegel gesenkt werden. Das hat erhebliche Auswirkungen auf den Grundwasserhaushalt der ganzen Region.

Die Gewinnung von Braunkohle im Tagebau führt zu einer Veränderung der gesamten Landschaft: Nachdem die Kohle abgebaut und der Abraum aufgeschüttet worden ist, muss das Gelände wieder nutzbar gemacht werden (Rekultivierung).

So entstehen z. B. zwischen Köln, Aachen und Mönchengladbach sowie im Raum Leipzig und in der Niederlausitz durch Rekultivierung neue Flächen. Diese können sowohl landwirtschaftlich als auch forstwirtschaftlich genutzt werden sowie für Freizeitaktivitäten dienen.

Braunkohle enthält - wie die Steinkohle - unterschiedliche Mengen an Schwefelverbindungen. Der Schwefelgehalt kann bis zu 4 % betragen, je nachdem, aus welcher Lagerstätte die Braunkohle gefördert wurde.

Die Nutzung dieser schwefelhaltigen Braunkohle zur Energiegewinnung bringt deshalb erhebliche Umweltbelastungen mit sich. Diese können nur durch einen hohen Aufwand bei der Rauchgasentschwefelung verringert werden.

Das in der Braunkohle in besonderem Umfang enthaltene Mineral Markasit (Katzengold, FeS2) stellt ein Problem für die Abwässer der Halden dar, da diese durch die Verwitterung Schwefelsäure freisetzen. Klicke hier.

Außerdem sind viele Braunkohlenarten so wasser- und mineralstoffreich, dass ihr Heizwert nur unter 20 MJ/kg liegt.

Braunkohlenfeuer riechen nicht nur typisch nach Schwefeldioxid, sondern auch nach Teer. (Dieser Geruch war früher typisch für den ganzen Ostblock.) Man kann diese Kohle deshalb bei etwa 450 °C verschwelen, also unter Luftabschluss verkoken. Dabei gewinnt man außer Braunkohlenteer einen sehr feinen Koks.

Zur Gewinnung von brennbaren Gasen (Braunkohlevergasung) wird die Kohle mit überschüssigen, nicht anders verwertbaren Teerbestandteilen bei 1200-1800 °C unter Ausschluss von Sauerstoff zersetzt. Man spricht von Pyrolyse (griech. pyr: Feuer, lysis: Lösung, Zersetzung).

Aus besonderen Braunkohlenarten stellt man auch Aktivkohle her. Diese hat eine große Bedeutung bei der Reinigung von Luft und Wasser.

Eine zunehmend wichtige Rolle spielt der Braunkohlestaub. Zur Herstellung wird Braunkohle bis auf 0,2 mm Partikelgröße gemahlen, zum großen Teil (bis auf 0,8 Gew%) von Schwefelverbindungen befreit und bis auf einen Wasseranteil von 10 % (statt ca. 60 % bei der Rohbraunkohle) getrocknet. Die Braunkohle erfährt dadurch eine Steigerung der Energieausbeute von 9,2 MJ/kg (Rohbraunkohle) auf 21 MJ/kg. Braunkohlenstaub ist auch deswegen von Vorteil, weil er mit strömender Luft die Eigenschaft eines flüssigen Brennstoffs erhält und auf diese Weise fast analoge Förderungs- und Verbrennungstechnologien, wie man sie vom Heizöl her kennt, möglich sind.


Quelle:
R. Blume, W. Kunze, H. Obst, E. Rossa, H. Schönemann, R. Meloefski: Chemie für Gymnasien, Auswahlthemen Organische Chemie 2: Brennstoffe (Erdöl, Erdgas, Kohle, Biomasse). Cornelsen, Berlin 1995.


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Letzte Überarbeitung: 22. Januar 2013, Dagmar Wiechoczek