Der Markasit-Zerfall - Braunkohle und das Schwefeleisenproblem

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Früher konnte man in der Steinkohle goldene Flitter erkennen. Wir Kinder haben sie gesammelt und kamen uns reich vor. Heute wissen wir es besser: Es handelte sich nicht um Gold, sondern um Schwefeleisen FeS2, bekannt als Pyrit oder Markasit. Nicht umsonst heißt das im Bergmännischen Katzengold. Die Engländer sprechen drastischer von fool´s gold.

Voraussetzung zur Bildung von Schwefeleisen sind anaerobe Bedingungen im Sumpfwasser, in dem sich aus Holz die Kohle bildete. (Heute würde man von einem stark eutrophierten Gewässer sprechen…) In dem sauerstoffarmen Milieu reduzieren anaerob lebende Bakterien reichlich vorhandene Eisen(III)-Ionen zu Eisen(II)-Ionen und Sulfat-Ionen zu Sulfid-Ionen. (Zu den biochemischen Hintergründen klicke hier.) Da die Bakterien an abgestorbener Biomasse wie Holz leben, scheiden sie besonders am und im Holz viel Eisensulfid FeS als schwarzen Schlamm ab.

Dieser Eisensulfid-Schlamm wandelt sich im Verlaufe von Millionen von Jahren in silber- bis goldfarbenes Eisendisulfid FeS2 um. Das Mineral ist Markasit. In weiteren Millionen Jahren konnte (musste leider aber nicht…) daraus Pyrit werden, eine andere Modifikation von Eisendisulfid.


Woran erkennt man, dass in Braunkohle viel Schwefeleisen enthalten ist?
Wenn Braunkohle verbrennt, riecht es mächtig nach Schwefeldioxid. Für diesen Geruch war früher der gesamte Ostblock berüchtigt.

Außerdem ist Braunkohlen-Asche meistens rot gefärbt: Das ist ein Hinweis auf das Vorliegen von Eisen(III)-oxiden. Hier ist die gesamte formale Reaktionsgleichung.


Eisen(III)-oxid konnte als Katalysator während des Brennvorgangs auch Schwefeldioxid gleich in Schwefeltrioxid, das Anhydrid der Schwefelsäure, umwandeln. Klicke hier.


Markasit ist instabil
Leider ist Markasit instabil. Anders als der stabile Pyrit verwittert Markasit sehr leicht, was viele Steinesammler feststellen müssen, wenn in ihrer Sammlung Mineralien und Fossilien einfach zerfallen. Das betrifft vor allem "pyritisierte" Hölzer aus der Braunkohlezeit. Die sind natürlich nicht pyritisiert, sondern markasitisiert…

In diesem Zusammenhang ist das folgende Bild interessant: Zum ersten ist die optimale Erhaltung der Holzstruktur überraschend.

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Pyritisierter Pflanzenstängel aus dem Braunjura (Länge 7 cm)
(Foto: Blume)


Man erkennt außerdem, dass das Fossil aus zwei Bruchstücken zusammengeklebt worden ist. Der kleinere, offensichtlich vom Markasit-Zerfall angegriffene Teil wurde etwa 2 Jahre nach dem ersten auf der aufgelassenen Abraumhalde gefunden. Es sieht so aus, als wenn Umwelteinflüsse zur Markasitzerstörung beigetragen haben.

Es ist tatsächlich so: Wir wissen heute, dass der Zerfall von Markasit (wie ja auch seine Entstehung) offenbar durch eine Bakterien-Infektion ausgelöst wird. Diesmal wirken die Bakterien aber andersherum als bei der Bildung von Markasit, das heißt, sie oxidieren Disulfid-Ionen zu Sulfat-Ionen. Das machen sie, weil sie Mangel an organischem Substrat haben. Statt Glucose oxidieren sie zur „Energiegewinnung“ dann eben Disulfid-Ionen…


Woran erkennt man, dass ein Stück vom Markasit-Zerfall befallen ist?
Es wird nicht nur feucht, sondern es blüht auch gelblich aus. Das liegt daran, dass fast farbloses Eisen(II) durch die Luft zu gelbem Eisen(III) oxidiert wird.

Außerdem riechen die Stücke „nach billigem Eisen“. Hinzu kommt ein „Schwefel-Geruch“, der auch ein wenig an Schwefelwasserstoff („Faule Eier“) erinnert.

In einer Steinesammlung verwittertes fossiles Schwarzjura-Holzstück aus Markasit
(Foto: Blume)


Diese Markasit-Hölzer zerbröseln nicht nur, sondern werden auch zunehmend feucht. Sie sind offensichtlich hygroskopisch. Hinzu kommt, dass sich organische Unterlagen der Fossilien - wie Holz, Papp- oder Papierschildchen - zersetzen und dabei braun werden, also verkohlen. Das kann eigentlich nur eine Flüssigkeit - Schwefelsäure. Wie kann man deren Entstehen erklären?

Markasit wird in Gegenwart von Wasser und Sauerstoff oxidiert.


Wie man der Reaktionsgleichung entnimmt, entsteht dabei auch Schwefelsäure. Die ist nicht nur hygroskopisch, sondern wirkt in dieser Reaktion sogar als Katalysator und beschleunigt deshalb die Zerstörung des Markasits. (Man spricht hier von Autokatalyse.)

Die Reaktionswärme dieses exothermen Prozesses kann außerdem zur Selbstentzündung von offen liegender Kohle führen.

Da Markasit besonders in der Braunkohle vorkommt, sind die Abwässer der Halden und Gruben wie im Lausitzer Revier stark schwefelsauer. Zerstörung der umgebenden und darunter liegenden Böden sowie Beeinflussung des Grundwassers sind somit vorprogrammiert.


Kann man den Zerfall von Markasit aufhalten?
Hierzu werden viele Rezepte gehandelt. Die haben alle eines gemeinsam - dass sie wirkungslos sind…


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Letzte Überarbeitung: 21. Oktober 2010, Dagmar Wiechoczek