Gleichgewichtsverschiebungen bei Ligandenaustauschreaktionen
Experimente:
Versuch: Konzentrationsabhängigkeit eines Komplexgleichgewichts:
Ligandenaustausch von chloro durch aqua
Versuch: Temperaturabhängigkeit eines Komplexgleichgewichts:
Bildung und Zerstörung eines Chlorokupfer(II)-Komplexes
Versuch: pH-Abhängigkeit eines Komplexgleichgewichts:
Bildung und Zerstörung von Tetraammin-Kupfer(II)-Komplexen
Viele der Ligandenaustauschreaktionen sind reversible Prozesse. D. h.
diese Reaktionen sind umkehrbar. So stellt sich bei vielen Austauschreaktionen ein Gleichgewicht
ein, dessen Lage, wie bei anderen chemischen Gleichgewichten nach dem Prinzip des kleinsten
Zwanges stark von der Konzentration der Liganden oder der Temperatur abhängt. Abhängigkeit
der Gleichgewichtslage vom Druck beobachtet man nur bei Liganden(lösungen) mit hohem Dampfdruck
(wie Ammoniak) oder bei gasförmigen Liganden (Kohlenstoffmonoxid oder Stickoxide). Aber auch der
pH-Wert der Lösung oder aber einfach die Art ihrer Liganden haben Einfluss auf die Lage.
Verschiebung durch Konzentrationsänderung
Gibt man zu einer Kupfer(II)-chloridlösung etwas konzentrierte Salzsäure, so wird die zuvor
blaue Lösung grün. Versetzt man die entstandene Lösung anschließend mit destilliertem Wasser,
kehrt sie wieder zur Ursprungsfarbe zurück (-> Versuch).
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Bild 1: Links: Vergleichslösung mit dem Aquakomplex
Mitte: Bildung des Chlorokomplexes durch Salzsäurezugabe Rechts: Erneute Bildung des Aquakomplexes nach dem Verdünnen (Fotos: Sandra) |
Durch die Zugabe von Chlorid-Ionen in deutlichem Überschuss werden alle Wassermoleküle des Hexaaquakupfer(II)-Komplexes
verdrängt, und es bildet sich der grüne Tetrachlorokupfer(II)-Komplex. Durch die Verdünnung der
Lösung erhält man wieder den Aquakomplex.
[Cu(H2O)6]2+ + 4 Cl-
[CuCl4]2- + 6 H2O
blau
grün
Auch diese Reaktion erfolgt stufenweise.
Verschiebung durch Temperaturänderung
Die verdünnte, blaue Lösung aus den vorherigen Versuchen enthält Hexaaquakupfer(II)-Ionen
und freie Chlorid-Ionen.
Wenn man diese Lösung erhitzt, färbt sie sich erneut grün und kehrt nach dem Abkühlen wieder
zur blauen Ursprungsfarbe zurück. Dieser Vorgang lässt sich beliebig oft wiederholen
(-> Versuch).
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Bild 2: Links: Bildung des Chlorokomplexes
durch Erhitzen
Rechts: Bildung des Aquakomplexes durch Abkühlung (Fotos: Sandra) |
Das Gleichgewicht dieser Reaktion liegt nach der Verdünnung zunächst
auf der linken Seite. Die Steigerung der Temperatur (also die Zufuhr von Energie) bewirkt eine Verschiebung
nach rechts.
Aus dem blauen Hexaaquakupfer(II)-Komplex bildet sich deshalb beim Erwärmen der Lösung der grüne Pentaaquamonochlorokupfer(II)-Komplex (und umgekehrt bei Abkühlung).
Verschiebung durch pH-Wertänderung
Man erinnere sich noch einmal an das oben beschriebene Gleichgewicht zwischen
dem hellblauen Hexaaquakupfer(II)-Komplex und dem violetten Tetraamminkupfer(II)-Komplex:
[Cu(H2O)6]2+ + 4 NH3
[Cu(NH3)4]2+ + 6 H2O
blau
violett
Durch Säurezugabe lässt sich die Lösung mit dem Amminkomplex in die hellblaue Aqua-Komplexlösung überführen (-> Versuch). Denn Ammoniak wird durch die Säure fortlaufend protoniert, so dass letztlich die folgende Reaktion abläuft:
[Cu(NH3)4]2+ + 4 H3O+ + 2 H2O
[Cu(H2O)6]2+ + 4 NH4+
Dies bewirkt eine Verschiebung der Ligandenaustauschreaktion auf die Seite des Aqua-Komplexes.
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