Woher kommt die Farbigkeit der Kristalle?

Experimente:
Versuch: Phosphorsalzperle als Vorprobe in der qualitativen analytischen Chemie
Versuch: Herstellen von farbigen Glasperlen
Versuch: Reduktion von Glas durch Aluminium


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Bild 1: Blaue Mineralien mit unterschiedlichen Ursachen für ihre Färbung:
Links Lapislazuli, rechts Labradorit
(Foto: Blume)


Farbigkeit beruht auf der Wechselwirkung von elektromagnetischer Strahlung (meistens aus dem UV- und sichtbaren Bereich des Spektrums) mit der Materie. Wechselwirkungen sind Reflexion, Beugung und Brechung sowie Absorption.

Es gibt drei wesentliche Gründe für die Farbigkeit von anorganischen Verbindungen, zu denen die Mineralien ja schließlich gehören:

1 Eigenfarbe der Verbindung
2 Chemische Zusätze während der Kristallbildung
3 Chemische Veränderungen nach der Kristallbildung

Dies sind alles Absorptions- bzw. Emissionsphänomene. Hinzu kommen:

4 Optische Effekte wie Opaleszenz und Lichtstreuung, Reflexion bzw. Brechung von Licht an dünnen Schichten

Ausnehmen wollen wir das nachträgliche Einfärben mit künstlichen Farbstoffen, wie man es oft beim kitschig-blauen Achat sehen kann, der auf Mineralienbörsen oder in Mineralienläden angeboten wird.

Die Eigenfarbe erkennt man oftmals erst, wenn man die Strichfarbe untersucht. Das ist vor allem bei metallisch-glänzenden Mineralien der Gruppe 1 wie Pyrit oder schwarz-glänzenden wie dem Hämatit der Fall. Mineralien, deren Farbigkeit auf Spuren zugesetzter Farbzentren beruht (Gruppen 2 und 3), zeigen meistens die Strichfarbe der reinen Grund-Mineralien.


1 Eigenfarbe der Mineralien
Eisenoxide sind ockerbraun bis tiefrot. So ist auch der Hämatit, Eisen(III)-oxid, schwarz gefärbt, sein Strich ist tiefrot ("blutrot", wie der Name sagt). Anderen Mineralien wie der Korund, chemisch Aluminiumoxid, sind farblos. Kupfermineralien wie Malachit, Azurit und Türkis sowie Dioptas zeigen die typischen Grün- bis Blautöne der Kupfer(II)-Verbindungen, wie man sie auch aus dem chemischen Labor kennt. Pyrit enthält Eisen(II)-Ionen und zeigt deshalb einen grünlichen Strich.


2 Chemische Zusätze
Was macht einen Beryll zum Smaragd, was einen Korund zum Rubin?
In der analytischen Chemie kennt man als Vorprobe auf Elemente die Reaktion der Phosphorsalzperle (-> Versuch). Diese spielte auch bei der Untersuchung von Mineralien lange Zeit eine wichtige Rolle. Phosphate weisen mit unterschiedlichen Kationen typische Farben auf:

Kupfer Blaugrün
Eisen Gelbbraun
Chrom Grün
Cobalt Blau
Mangan Rosa

Es handelt sich hierbei um Salze, deren Farbe nicht durch das farblose Anion, sondern durch die farbigen Kationen bestimmt wird. (Übrigens geht das auch mit Borax.)

Aber auch farbige Gläser werden auf diese Weise hergestellt (-> Versuch).

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Bild 2: Selbstgemachte Glasperlen
(Foto: Blume)


So ganz einfach ist es bei den komplizierteren natürlichen Mineralien nicht. Aber hier ein paar Beispiele für die Gründe der Farbigkeit:

Beryll ist ein Berylliumsilikat. (Daher kommt der Name des Metalls Beryllium, aber auch die Bezeichnung Brille für die daraus gefertigte Sehhilfe.) Ein chromhaltiger Beryll ist der Smaragd, ein eisenhaltiger der hellblaue Aquamarin. Ähnlich aufgebaut ist auch der kupferhaltige und deshalb blaugrüne Dioptas.
Korund ist "nur" Aluminiumoxid Al2O3. Seine bekanntesten farbigen Abarten sind der rote Rubin (Mischkristalle mit Chrom(III)-oxid) und der hellblaue Saphir (farbgebend: Titan und Eisen).

Rutil müsste wie reines Titandioxid, der er ja chemisch ist, reinweiß bzw. farblos sein. Im Allgemeinen ist er aufgrund von zugemischten Spuren von Eisen-Ionen braun bis tiefrot gefärbt. Ähnlich ist es beim Zirkon.

Die Farben von Rosenquarz werden auf Manganspuren zurückgeführt. Amethyst erhält seine violette Färbung durch Spuren von Eisen, Mangan und Titan. Roter Achat ist eisenhaltig.
Turmaline treten in allen Farbvarianten von Farblos über Blau, Grün, Rot und Braun nach Schwarz auf. Das Ursprungsmineral ist ein fluoridhaltiges Alumo-Boro-Silicat. Es wird durch Zusatz von Ionen der Metalle Na, K, Li, Ca, Mg, Mn, Al, Ti, Cr und Fe umgefärbt. Er enthält sicherlich fast das ganze Periodensystem...

Es sind aber nicht nur Metall-Ionen, die zur chemisch begründeten Farbigkeit beitragen. Lasurit, das blaue "Prinzip" des Lapislazuli, ist ein Alumosilikat aus der Gruppe der Zeolithe, in dessen Kristallgitter blaue S3--Radikal-Ionen eingebaut sind. Letztere absorbieren orangefarbenes Licht und erscheinen deshalb blau. Es gibt aber auch grüne und rote "Ultramarine". Diese enthalten Disulfid- bzw. Tetrasulfid-Radikal-Ionen: S2-oder S4-.

Bild 3: Lasurit-Kristall
(Foto und Sammlung: Blume)


Man kann die Färbungen häufig technisch nachvollziehen: Ultramarin-Farbstoffe stellt man heute synthetisch her. Auch Rubin-Einkristalle, die man zum Betrieb von Rubin-Lasern benötigt, werden synthetisch hergestellt. Aus künstlichen Rubinen bestehen auch die transparenten, nachts herrlich leuchtenden Sterne über den Kreml-Türmen in Moskau.


3 Chemische Veränderungen nach der Kristallbildung
Strahlung kann intrakristalline Redoxprozesse auslösen. Das bekannteste Beispiel ist die Reaktion, die bei der Bestrahlung von Silberbromid mit Licht abläuft. Sie ist Grundlage der Fotografie:

AgBr + h n ———> Ag + Br

Bei den Mineralien macht sich besonders die radioaktive Strahlung, die im Erdmantel einer der Hauptenergie-Träger ist, bemerkbar. Ähnlich wie Licht einen Fotofilm belichtet, so reagiert die harte Röntgen- bzw. Gamma-Strahlung mit den Mineralien; beispielsweise mit Steinsalz:

NaCl + h n ———> Na + Cl

Die Stellen, in denen die radioaktive Strahlung "gewirkt" hat, erscheinen blau. Der Grund: Natriumatome emittieren und absorbieren gelbes Licht. Du kennst dies von der gelben Natriumdampflampe, die abends Straßen-Kreuzungen beleuchten. Deshalb absorbieren die Natrium-Atome aus dem weißen Licht nur den gelben Teil, den sie zur Anregung benutzen. Der nicht absorbierte Teil erscheint in Summe als Komplementärfarbe Blau.
Kaliumchlorid-Kristalle dagegen sind orangefarben. Zur Erinnerung: Das Licht einer Kaliumflamme ist violett!
Während die Natriumchlorid-Kristalle nur punktuell oder "wolkig" eingefärbt sind, was daran liegt, dass ein Strahlungsquant aufgrund seiner hohen Energie einen ganzen Kristallbereich entionisieren kann, erscheinen die Kaliumchlorid-Kristalle komplett durchgefärbt. Der Grund: Kalium selbst ist nämlich radioaktiv; es wandelt sich unter Beta-Zerfall in Argon um. Da diese Ereignisse gleichmäßig über den Salzkristall verbreitet sind, erscheint der ganze Kristall einheitlich gefärbt.

Bild 4: Blaues Steinsalz, gelborangefarbenes Kaliumchlorid
(Foto: Daggi)


Bemerkenswert ist auch der Flussspat. Er ist (wenn er nicht in seiner natürlichen Farblosigkeit vorliegt) vor allem blau-violett bis grün gefärbt. Calcium leuchtet in der Bunsenbrennerflamme komplementär, also ziegelrot. Zerschlägt man solche Kristalle, wird das durch Bestrahlung entstandene Fluor freigesetzt. Man spricht deshalb von "Stinkspat".
Auch Rauchquarz soll seine Farbe aufgrund der Einwirkung von radioaktiver Strahlung erhalten haben. In manchen Büchern steht, dass es sich um Siliciumatome handelt, andere Autoren schreiben von Spuren von Aluminium-Atomen. Ersteres ist wegen der braunen Färbung, die auch feinverteiltes Silicium aufweist, wahrscheinlicher (-> Versuch).
Heute sind künstliche Bestrahlungsfärbungen sehr häufig. So kann man Diamanten in allen Farbnuancen von Blau über Grün, Gelb und Braun erhalten, wenn man sie der Strahlung, die ein Kernreaktor erzeugt, aussetzt. Erhitzt man solchermaßen eingefärbte Kristalle, leuchten sie aufgrund der Aktivierung von exothermen chemischen Rückbildungsprozessen auf. Besonders gut kann man diese Thermolumineszenz mit Flussspat zeigen (-> Versuch).


4 Optische farbbildende Effekte
Viele Mineralien zeigen bei Lichteinfall hübsche optische Effekte. Hierzu gehören Opal, Tigerauge und Labradorit (Spektrolith). Mit Labradorit-Platten sind die Außenfronten vieler Bankgebäude geschmückt - ein Hinweis auf dieses schillernde Gewerbe?
Man konstruiert solche farbgebenden Kristalle heute auch technisch. Die mischt man dann z. B. den Autolacken zu. Sie zeigen einen typischen "Metallic"-Glanz, der in Wahrheit auf Reflexionen an feinen, silicatischen Kristallplättchen beruht.

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Bild 5: Australischer Opal
(Foto: Blume)


Opale bestehen aus wasserhaltigem Siliciumdioxid, der an Feuerstein erinnert. Sie sind also noch nicht durchgereifter Quarz und deshalb auch nicht kristallisiert, sondern amorph. Sie enthalten viele kleine Kanälchen und Flächen, die in Gegenwart von eingelagertem Wasser Ursache für Lichtbrechung, -reflexion und -beugung mit den damit verbundenen Interferenzen sind. Daher rühren die prächtigen Farbspiele eines Opals. Sie bleiben aus, wenn das Wassert verdampft. Deshalb muss man Schmuck-Opale ab und zu regenerieren, indem man sie in Wasser legt. Mineraliensammler bewahren ihre Opale gern von vornherein in Wasser auf.

Bild 6: Labradorit (Spektrolith)
(Foto: Blume)


Andere Mineralien ("Wirtsmineralien") beziehen ihre Farbigkeit von eingelagerten Fremdmineralien. Labradorit ist eine Form des Feldspats. Man nennt ihn auch "Spektrolith". Im Sonnenlicht zeigt er alle möglichen, hauptsächlich aber blaue Farbspiele, die deutlich von Linien und Flächen ausgehen. Auch hier handelt es sich um Interferenz des Lichts an eingelagerten Kalifeldspat-Lamellen. Diese sind in Abständen von 10-8 bis 10-10 cm angeordnet, also in einer Größenordnung, die der Wellenlänge von weißem Licht entspricht. Dadurch ist eine Wechselwirkung mit der sichtbaren Strahlung möglich. (Vergleiche hierzu die Webseite "Blick ins Kristallgitter".) Ähnliches beobachtet man auch beim Mondstein.
Obsidian ist vulkanisches, normalerweise optisch einheitliches, dunkles Glas. Regenbogenobsidian aus Mexiko dagegen zeigt ein intensives Farbenspiel, wenn man ihn bei leicht schräg einfallendem, hellem Licht betrachtet. Ursache ist die Bragg-Reflexion mit Interferenzerscheinungen an orientiert eingelagerten Fremdmineralien.

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Bild 7: Regenbogenobsidian (Mexiko)
(Foto: Blume)


Tigerauge besteht aus feinen, parallel angeordneten "Quarzstängeln", die dazu noch mit Brauneisen gefärbt sind.


5 Dichroismus und Pleochroismus
Viele Kristalle verändern ihre Farbe, wenn man sie von verschiedenen Seiten her betrachtet oder beleuchtet. Betrachtet man einen Rubin von verschiedenen Seiten, so beobachtet man Farbänderungen vom typischen Rubinrot nach Gelborange. Entsprechend farbige Turmaline wechseln ihre Farben von Grün nach Blau (und umgekehrt). Ursache ist meist Doppelbrechung.

Beobachtet man nur zwei Farben, so spricht man von Dichroismus (griechisch di, zwei; chroos, farbig).

Erkennt man mehr als zwei Farben, so spricht man von Pleochroismus (griechisch pleion, mehr; chroos, farbig).

Obwohl es sich auch hier um optische, also physikalische Effekte handelt, gehören hierzu ausdrücklich nicht die in Abschnitt 4 besprochenen Opaleszenz- oder Labradorit-Effekte. Beim Chroismus handelt es sich um Farbveränderungen eines stofflich einheitlichen Minerals. Beim Opaleszieren sowie beim Labradorit-Effekt handelt es sich um Farbänderungen in Mineralien, die aus Stoffgemischen bestehen.


6 Lumineszenz, Fluoreszenz und Phosphoreszenz
Kristalle können auch bei Energiezufuhr in den verschiedensten Farben leuchten. Was dahinter steckt, "beleuchten" wir in einer eigenen Webseite.


7 Kristalle leuchten im polarisierten Licht
Betrachtet man durchscheinende Kristalle im polarisierten Durchlicht, so erkennt man, dass sie entweder dunkle und helle Bereiche zeigen oder sogar in den herrlichsten Farben leuchten. Daraus kann man viel über die jeweiligen Kristalle herleiten; man kann sie damit auch in einem Gemenge wie etwa dem Granit erkennen. Dieses Phänomen erklären wir im Zusammenhang mit den Kristallen der Citronensäure.


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Letzte Überarbeitung: 08. März 2012, Dagmar Wiechoczek