Stenos Gesetz von der Winkelkonstanz

Experiment:
Versuch: Überprüfung des Gesetzes von der Winkelkonstanz

"Kristalle sind ebenflächig begrenzte Festkörper, dessen Flächen sich in geraden Kanten schneiden, dessen Kanten wiederum in gemeinsamen Ecken zusammentreffen" [6]. Wo Kanten und Ecken entstehen, gibt es auch Winkel.
Der Däne Niels Stensen (wie es damals Mode war, latinisierte er seinen Namen zu Nicolaus Steno) erkannte 1669, dass zwischen einander entsprechenden Flächen (unabhängig von deren Größe) einer Kristallart eines bestimmten Stoffs stets die gleichen Winkel auftreten. Steno studierte das an den Prismenflächen von Bergkristallen. Dieses Gesetz von der Winkelkonstanz bei Kristallen empfinden wir heute als so einfach, dass wir das auch in der Schule leicht nachvollziehen können (-> Versuch). Legt man nämlich drei Bergkristall-Prismen aneinander, so erkennt man, dass sie zusammen einen Winkel von 360 ° bilden, jede Fläche mit der benachbarten also 120 ° (-> Bild).

Bild 1: Beliebige Prismenwinkel von drei Bergkristallen ergänzen sich zu 360 °
(Foto: Daggi)


Dieses Gesetz ist von großer Bedeutung, da Kristalle ja nicht so ideal gebaut sind, wie es die Betrachtung der Symmetrien von Kristallsystem bzw. -klasse suggeriert. Reale Kristalle zeigen mehr oder weniger starke Verzerrungen.

Egal nun, wie groß die betreffenden analogen Flächen sind: Immer bilden sie den gleichen Winkel zueinander.
Deswegen ist der Ausdruck "Verzerrung" bei der Beschreibung von realen Kristallen ausgesprochen unglücklich gewählt! Denkt man dabei doch vor allem an Winkelverzerrung, nicht aber an Variation des Größenverhältnisses der Flächen untereinander - und das ja gerade ausdrücklich bei konstanten Winkeln!
Ursache dieser Gesetzmäßigkeit ist natürlich der regelmäßige Aufbau eines Kristalls aus seinen Elementarzellen. Ob nun diese oder jene Fläche besser ausgebildet ist, liegt an den Umgebungsbedingungen während des Wachstums: Lag der Kristall etwa auf dem Boden, hing er frei in der Lösung? War eine starke Strömung zu beobachten? Kristalle wachsen immer der Strömung entgegen!

Gemessen werden die Winkel mit einem Goniometer. Das sind einfache, scherenartige Vorrichtungen. Man legt deren Metallschenkel auf die betreffenden Flächen und bestimmt dabei den Winkel, den die "Flächennormalen", also die auf den Flächen stehenden Senkrechten zueinander bilden.
Genauere Messungen erfolgen mit Reflexions-Goniometern. In diesen wird der Kristall genau in der Mitte der Apparatur fixiert und angestrahlt. Durch Drehen werden die zu untersuchenden Flächen in Reflexionsstellung gebracht. Daraus kann man den Winkel, die diese Flächen untereinander bilden, mit hoher Genauigkeit ermitteln.
An den analogen Flächen von Kandis-Kristallen können wir das Gesetz mit einem Kontakt-Goniometer leicht nachprüfen.

Bild 2: Verschiedene Kandiskristalle
(Foto: Daggi)


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Literatur


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Letzte Überarbeitung: 30. April 2010, Dagmar Wiechoczek