Berechnung der Dissoziationsdiagramme schwacher dreibasiger Säure/Base-Systeme

Strukturen einiger schwacher dreibasiger Säuren

Dissoziationsdiagramme zeigen uns den Verlauf der (relativen) Konzentrationen von korrespondierenden Säure/Base-Paaren in Abhängigkeit vom pH-Wert. Es sind echte Gleichgewichtskurven.

In zwei anderen Webseiten zeigen wir, wie man die Dissoziationsdiagramme für einbasige Säuren und zweibasige Säuren berechnet. Diese Texte sollte man sich vorher anschauen.

Wir betrachten jetzt die Dissoziation einer dreibasigen Säure (AH3). Im ersten Schritt bilden sich zwei Ampholyte (AH2- und AH2-). Letzterer dissoziiert weiter zum Tri-Anion (A3-). (Ein Ampholyt ist ein Stoff, der - wie das Wasser - gleichzeitig Säure und Base ist. Er ist amphoter.)

Bei der Herleitung der Funktionen zur Berechnung der Dissoziationsdiagramme gehen wir von einer vereinfachten Gleichgewichtsformulierung aus: Wir verzichten zum Beispiel auf die Beteiligung des Wassersystems. Statt mit Aktivitäten arbeiten wir mit Konzentrationen. Die Reaktionsgleichungen sind folglich:

Zur Definition der Gleichgewichtskonstanten: Wir teilen die Konzentrationen des am jeweiligen Gleichgewicht beteiligten Säure/Base-Paars durch die Gesamtkonzentration und erhalten so die Relativkonzentrationen ri. Für [H+] verwenden wir das Symbol h.

Mit diesen Konstanten können wir unter Einbeziehung der Konzentrationssumme

die relativen Konzentrationen in Abhängigkeit vom pH-Wert ausrechnen. Wir wollen das hier nicht weiter ausführen. Das haben wir bereits für zweibasige Säuren ausführlich vorgerechnet. Denn hier sind es letztlich die gleichen einfachen algebraischen Operationen. Die Ergebnisse sind:

Die Gleichungen (4a-d) sind die Funktionen der vier Gleichgewichtskurven im Dissoziationsdiagramm.

Um den pH-Wert und die drei pKa-Werte einzuführen, erinnern wir uns an deren Definitionen.

Nachdem wir die Funktionen (4a-d) entwickelt haben, zeichnen wir mit Hilfe des Mathematikprogramms Mathematica® das Dissoziationsdiagramm (Bild 1).

Bild 1: Dissoziationsdiagramm einer schwachen dreibasigen Säure mit großen pKa-Wertdifferenzen
(Phosphorsäure: pK1 = 2,16; pK2 = 7,21; pK3 = 12,32)


Wenn die Differenz der pKa-Werte gering ist, erreichen die relativen Konzentrationen der Ampholyte nicht mehr den Wert 1. Dann überlappen sich alle drei Gleichgewichte sehr stark. So etwas kommt vor - zum Beispiel bei einigen der folgenden dreibasigen Säuren.

pKa-Werte von schwachen dreibasigen Säuren
Säure pK1 pK2 pK3 DpK1 DpK2
Phosphorsäure 2,16 7,21 12,32 5,05 5,11
Citronensäure 3,13 4,76 6,40 1,63 1,64
Glutaminsäure-
Hydrochlorid
2,16 4,15 9,58 1,99 5,43
Arginin-
Dihydrochlorid
2,03 9,00 12,10 6,97 3,10
1,3,5-Benzol-
  tricarbonsäure
3,30 4,05 4,95 0,75 0,80


Bild 2 zeigt das Dissoziationsdiagramm der Citronensäure.

Bild 2: Dissoziationsdiagramm einer dreibasigen Säure mit geringen pK-Wert-Differenzen
(Citronensäure: pK1 = 3,13; pK2 = 4,76; pK3 = 6,40)


Entsprechend mehr oder weniger ausgeprägt sind auch die Säure/Base-Titrationskurven (Bild 3). (Zur genaueren Interpretation der beiden Titrationskurven und zur Versuchsanleitung klicke hier.) Während die Kurve der Phosphorsäure das gewohnte Bild mit deutlichen Wendepunkten zeigt (Ausnahme: pK3 wegen der Überlappung mit dem Wassersystem), erkennt man bei der Citronensäure wegen der überlappenden Gleichgewichte keine pKa-Werte anzeigende Wendepunkte, sondern nur eine durchgehende Linie.

Bild 3: Titrationskurven dreibasiger Säuren.
Die drei pKa-Werte liegen bei 30, 90 und 150 ml

Das jedoch macht die Citronensäure wiederum als Puffersubstanz interessant. Die Dissoziationsdiagramme sind deshalb vor allem für Berechnungen von Puffermischungen sehr wichtig.


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Letzte Überarbeitung: 23. Februar 2009, Dagmar Wiechoczek