Bild 1: Verpackungsmaterial aus entölten Erdnussflips statt Polystyrolflocken
(Foto: Daggi)


Von der Kartoffel zur Stärkefolie

Experimente:
Versuch: Die Analyse einer Stärkefolie
Versuch: Gewinnung von Stärke aus Kartoffeln
Versuch: Eigenschaften von Stärke
Versuch: Herstellung einer Folie aus Kartoffelstärke
Versuch: Silanisierung von Stärkefolie
Versuch: Polyurethan auf der Basis von Kohlenhydraten


Vorbemerkung für die Schüler: Zu Vorkommen, Aufbau, Eigenschaften und biologischer sowie wirtschaftlicher Bedeutung der Stärke informiere dich in Schulbüchern; z. B. in [1].

Wenn du Verpackungsmaterial findest, das nicht nur riecht wie Erdnusschips oder "Erdnusswürmer", sondern auch so schmeckt, hast du Verpackungsmaterial aus Stärke entdeckt. Immer häufiger setzt man Stärke anstelle von Polystyrol als Verpackungsmaterial ein (-> Bild oben). Das sind unter anderem auch Verpackungen, die verrotten sollen (Säcke für Gartenabfälle) oder die sich auflösen sollen (Verpackungen von Toilettenduftsteinen). Ob die Verpackung aus Stärke besteht, kann man anhand der Iodstärkereaktion leicht nachprüfen (-> Bild unten).

Bild 2 (Foto: Daggi)


So makaber es klingt: In einer Welt des Hungers dient das Grundnahrungsmittel Stärke als nachwachsender, also als Non Food Rohstoff. Daraus stellte man schon immer Alkohol ("Bioalkohol") her. Heute nutzt man diesen zum Beispiel als Treibstoff(zusatz) oder als Löse- und Reinigungsmittel. Aber auch als Substrat für Bioorganismen, die spezifische Syntheseleistungen vor allem für die pharmazeutische Industrie erbringen müssen, ist die Stärke nicht wegzudenken.

Nun gibt es also auch Verpackungsmaterial aus Stärke. Verpackungsmaterialien auf der Basis von Stärke sollten den Vorteil haben, dass sie biologisch abbaubar, also sogar essbar sind. Stell dir einmal vor: Du packst ein Paket aus und frühstückst dabei...

Allerdings sind diese Materialien aufgrund ihrer oftmals veränderten chemischen Zusammensetzung (siehe weiter unten) nicht immer gut verdaulich. Deshalb sind sie auch nicht so rasch wie Garten- oder Küchenabfälle kompostierbar, so dass sie bei der Müllabfuhr ("Grüne Tonne") nicht gern gesehen und oftmals nicht erlaubt sind.

Stärke gewinnt man in riesigen Mengen aus Kartoffeln, Mais, Erbsen und anderen Pflanzen (siehe Experimente; V 1). Aus Stärke kann man leicht Folien machen, da sie bereits zur Filmbildung neigt (siehe Experimente; V 2). Allerdings sind diese Filme zu spröde. Deshalb gibt man Weichmacher zu (siehe Experimente; V 3). Hier bietet sich Glycerin an, das verhindert, dass sich brüchige Stärkekristalle bilden. Seine Moleküle schieben sich nämlich zwischen die der Stärke. Andererseits hält es aufgrund seiner Wasserstoffbrücken die Stärkemoleküle zusammen. Weiter sorgt das hygroskopische Glycerin dafür, dass auch die Stärkefolie immer etwas feucht und daher geschmeidig bleibt.
Hier ein Hinweis, weil wir oft gefragt werden: Wenn man die Stärkefolie nach unserem Rezept herstellt, wird sie chemisch nicht verändert. Denn unter diesen Bedingungen ist Stärke stabil. (Sie kann nur durch Säurehydrolyse oder enzymatisch zerlegt werden.) Es handelt sich beim Rezept ausschließlich um physikalische Lösungs- und Trocknungsvorgänge. Nur unterbinden wir durch die Zugabe des Glycerins die Kristallisation der Stärke.

Anders ist es bei technischen Stärkefolien. Die werden aus partiell oxidierter Stärke (Aldehydstärke) hergestellt. Die Aldehydgruppen können sich mit den Hydroxylgruppen der anderen Glucoseeinheiten der Stärke zu Halbacetalen umsetzen. Dabei kommt es zur Quervernetzung der Stärkemoleküle. Diese sind (wie schon eingangs gesagt) biologisch nicht mehr rasch abbaubar.

Außerdem sind Stärkefolien durch Wasser angreifbar. Deshalb überzieht man sie mit einem wasserabweisenden Schutz, z. B. aus Kieselsäureverbindungen (Silane; siehe Experimente, V 4). Als Silanisierungsmittel dient Dichlordimethylsilan. Es kondensiert mit der Stärke, wobei Chlorwasserstoff abgespalten wird.

Letzterer wird nach der Reaktion ausgespült. Dabei werden auch etwaige Reste von nicht umgesetzten Dichlordimethylsilan hydrolysiert.
Man kann die Stärkefolie auch verethern und verestern.

Von großer Bedeutung sind auch Kunststoffe auf der Basis von Stärke. Hierzu gehören Stärke-Polyurethane, die sich äußerlich nicht von den technischen PU-Schäumen unterscheiden lassen. Wie du sie herstellen kannst, erklären wir in der Versuchsvorschrift V 5.

Man kann zur Stärke übrigens auch Biopolymere zumischen. Dazu eignen sich Gelatine und Chitosan. Durch die Mischung kommt es zu einer deutlichen Verbesserung der mechanischen Eigenschaften der so hergestellten Folien.


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Literatur
[1] Chemie für Gymnasien, Themenheft Organische Chemie 3 (Organische Säuren, Kohlenhydrate), Cornelsen-Verlag, Berlin 1994.


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Letzte Überarbeitung: 23. Januar 2012, Dagmar Wiechoczek