Papierrecycling im Experiment - Hintergrundwissen

Experimente:
Versuch: Veraschen von Papier
Versuch: Nachweise für Holzschliff im Papier
Versuch: Nachweis von Aluminium-Ionen in Papierasche
Versuch: Nachweis von optischen Aufhellern in Papier
Versuch: De-Inking von Altpapier
Versuch: Herstellung von Pergamentpapier


Wie viel Papier wird verbraucht?
Im Jahre 2006 verbrauchte jeder Deutsche 253,3 kg Papier, Karton oder Pappe. Das macht insgesamt 20,9 Millionen Tonnen.


Warum überhaupt Papierrecycling?
Papier und Pappe sind flächige Werkstoffe, die vor allem aus dem Naturstoff Cellulose bestehen.

Da die Papierherstellung eng mit den Holzaufschlußverfahren zur Cellulosegewinnung gekoppelt ist, sind die dabei auftretenden Umweltschäden (vor allem Energieverbrauch sowie Abluft und Abwasser betreffend) in die ökologische Bewertung von Papier mit einzubeziehen.

Aber auch die eigentliche Papierindustrie gehört zu den großen Wasser- und Energieverbrauchern. Denn es gibt viele Spül- und Suspensionsvorgänge, bei denen Reinstwasser notwendig ist. Allerdings hat sich in einzelnen Ländern wie auch in Deutschland durch innerbetriebliche Wasser- und Energiekreisläufe die Tendenz zu umweltschonenden Herstellungsverfahren durchgesetzt.

Letztlich kann dabei auch viel Geld gespart werden. Schon deshalb lohnt sich der Rückgriff auf Altpapier, also das Papierrecycling. Welche Rolle das Recycling inzwischen spielt, zeigt die folgende Tabelle. Zum jährlichen Verbrauch von Altpapier in Deutschland. Dargestellt ist auch die Altpapiereinsatzquote (Altpapiermenge bezogen auf die gesamte Papiermenge), die in den letzten 6 Jahren um 10 % gestiegen ist. (Immerhin war eine Zeit lang Altpapier gar nicht abzusetzen.) Im Papierrecycling ist Deutschland an führender Position. Wir importieren inzwischen sogar Altpapier.

  Altpapierverbrauch in
Deutschland in Mio. t
Altpapiereinsatzquote
(Altpapierverbrauch in %
der Produktion)
1988 5,0 46
1989 5,3 47
1990 6,2 49
1991 6,4 50
1992 6,7 52
1993 7,0 54
1994 8,0 56

Altpapierverbrauch und Altpapiereinsatzquote in Deutschland [7]

Der Altpapieranteil bei den einzelnen Papiersorten ist ungefähr:

Nach 8-10 Recyclingschritten sind die Fasern zerstört. Jedoch braucht Hygienepapier eine gewisse Reißfestigkeit, die Verpackung (Kartonagen) eine gewisse Schwingfähigkeit. Man muss deshalb für jedes Papier die mechanischen Eigenschaften der Fasern untersuchen und die optimale Mischung von Alt- und Neufaser herstellen. Am besten geeignet ist sortenreines Altpapier. Denn dort kann man auch das andere Problem, die in Art und Menge wechselnden Zusatzstoffe, quantifizieren und leicht in den Griff bekommen. Deshalb ist auch beim Recyclen von Papier das Vorsortieren eine Notwendigkeit, die den Schülern bewußt gemacht werden muss [4].

Inhaltsstoffe erschweren das Recycling von Papier
Störend sind Inhaltsstoffe, die man aus verschiedenen Gründen dem Papier bei seiner Herstellung und Verarbeitung zugibt. Denn Papier ist nur in Ausnahmefällen reine Cellulose (Beispiele hierfür sind Filterpapier, weiße Kaffeefilter, feine Toilettenpapiere). Die meisten Papiersorten enthalten aschebildende, also anorganische Rückstände, die man dann im Recyclingpapier wiederfindet (-> Versuch).

Billigpapier enthält als Zusatz Holzschliff
Dessen Anteil kann bei billigen Papieren (Zeitungspapier) bis zu 90 % betragen. Man erkennt Holzschliff an den feinen Holzsplittern sowie an der Anwesenheit von Lignin. Der Nachweis von Lignin mit Phloroglucin ist deshalb positiv (-> Versuch). Legt man eine Tageszeitung ins helle Sonnenlicht und stellt z. B. einen kleinen Teller darauf, so stellt man schon nach einer Stunde fest, dass das holzhaltige Papier im Sonnenlicht nachdunkelt.

Aluminiumverbindungen im Papier
Bemerkenswert sind die in vielen Papiersorten enthaltenen Aluminiumverbindungen (-> Versuch). Sie sind zusammen mit Harzseifen Grundlage für die Papierleimung und sind unter anderem Ursache für das rätselhafte "Büchersterben", das man seit Mitte des 19. Jahrhunderts in vielen Bibliotheken beobachtet. Deshalb sind auch die Aluminiumverbindungen und Harzseifen Problemstoffe, die beim Recyceln von Papier stören oder das erhaltene Papier minderwertiger machen.

Durchschreibpapiere
Ein weiteres Problem für das Recycling stellen die Durchschreibpapiere dar. Deshalb gehören Lottoscheine und anderes Durchschreibpapier nicht ins Altpapier. Einfache Durchschreibpapiere tragen ihr Kohlepapier in sich. Es gibt aber auch kohlefreie Durchschreibpapiere.

Optische Aufheller
Andere Papiere, besonders die weißen Schreibpapiere, enthalten optische Aufheller. Darunter versteht man Verbindungen, die bei Einwirkung von UV-Strahlung bläulich fluoreszieren und dadurch die gelbliche Grundfarbe von Papier überstrahlen. (Man kennt sie auch von den Waschmitteln her.) Im Allgemeinen handelt es sich hierbei um kompliziertere aromatische Verbindungen. Da weiße Briefpapiere einen großen Anteil des Abfallpapiers stellen, findet man Aufheller oftmals auch in Recyclingpapieren (-> Versuch). Ihre Entfernung wäre zu aufwendig. Gegen oxidative Farbzerstörung beim De-Inking (-> Versuch) sind sie außerdem im Allgemeinen unempfindlich.

Problem Pergamentpapier
Bekanntlich darf auch Pergamentpapier nicht zum Altpapier gegeben werden, sondern muss in die Restmülltonne entsorgt werden. Denn beim Pergamentpapier handelt es sich um durch Schwefelsäureeinwirkung partiell abgebaute Cellulose (-> Versuch).

Das De-Inking ist der Schlüssel zum Papierrecycling
War Papier früher nur mit auf Ruß beruhendem Schwarz bedruckt, so enthält das moderne Papier viele komplizierte Farbstoffe. Die Farben sind teilweise auf hohe Stabilität und starke Haftung gezüchtet. Deshalb bereitet deren Entfernung (De-Inking) Probleme. Bekommt man diese nicht in den Griff, so erhält man beim einfachen Recyceln graues bis grünstichiges Papier, aus dem man Umweltpapier für Fotokopierer oder Papierhandtücher herstellt.

Natürlich gibt es auch Farbaufdrucke, die an eine Lackschicht erinnern und schon durch mechanische Behandlung und Kochen abtrennbar sind. Dies ist besonders bei schwerem Hochglanzpapier der Fall. Schüler kennen solche Farbaufdrucke vielleicht von modernen amerikanischen Briefmarken, die beim unvorsichtigen Ablösen im Wasser ihre Farben verlieren.

Beim De-Inken laufen mehrere Prozesse ab. Beispiele sind durch Erwärmen und starkes Zerkleinern sowie durch Tenside und basisches Milieu unterstütztes Ausspülen, Adsorption an Silicaten, oxidatives Zerstören der Farbstoffe sowie Flotation der Pigmente an Schaum, der durch eingeblasene Luft nach Zugabe von Kohlenwasserstoffen (z. B. Kerosin) entsteht.

Generell geht man folgendermaßen vor (-> Versuch): Die Papiermasse wird fein zerteilt und aufgekocht. Dann wird sie in einer Mischung von Natronlauge, Natriumsilicat (z. B. Wasserglas oder Zeolithe), Fettsäure (oder Seife) sowie längerkettigen Kohlenwasserstoffen (Kerosin, Nonan, Decan) aufgeschlämmt. Anschließend wird zur Flotation Luft durchgeblasen.

Sollte das Papier zu hell geworden sein, kann man es ja wieder einfärben. Denn das ist das Problem beim De-Inken: Durch die moderne Technologie ist das Verfahren so verfeinert worden, dass man eigentlich ohne sonderlichen Aufwand auch gleich rein weißes Papier herstellen könnte. Nur ist es dann nicht mehr als Umweltpapier verkäuflich. Manche Hersteller färben es deswegen wieder grau. So ist der Hinweis auf manchen grauen Umweltpapieren zu verstehen: Hergestellt ohne Gewässerbelastung, Bleichung oder Färbung.


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Literatur


Diese Seite ist Teil eines großen Webseitenangebots mit weiteren Texten und Experimentiervorschriften auf Prof. Blumes Bildungsserver für Chemie.
Letzte Überarbeitung: 24. Januar 2012, Dagmar Wiechoczek