Wie nimmt man eigentlich Kinetiken auf?

Man benötigt eine Stoppuhr und die Möglichkeit, die Konzentration eines oder mehrerer Reaktanden messend zu verfolgen. Man benötigt deshalb Messgrößen, die irgendwie mit der Konzentration der verschwindenden Reaktanden oder der entstehenden Produkte verbunden sind.
Früher war die kinetische Analyse sehr umständlich. Da musste man Proben entnehmen, die man anschließend titrierte oder irgendwie anders analysierte. Das musste meistens sehr schnell gehen, oder man musste die Reaktanden an weiterer Reaktion hindern. Das konnte durch Veränderung der Milieuparameter wie dem pH-Wert geschehen. Oder man kühlte das Gemisch stark ab.
Heute liefert vor allem die physikalische Chemie das Know-how für die modernen Verfahren. Da ist die Phantasie grenzenlos.

1 Wichtig ist zum Beispiel die elektrische Leitfähigkeit, die sich bei Reaktionen, an denen Ionen beteiligt sind, anwenden lässt. Sie ist bei nicht zu hohen Konzentrationen proportional zur Menge der entstehenden oder verschwindenden Ionen.

2 Viele Reaktionen sind von spektralen Änderungen begleitet. Das betrifft nicht nur ab- und zunehmende Farbigkeit, sondern auch Änderungen im UV-Spektralbereich. Solche Reaktionen lassen sich durch Absorptionsmessung von elektromagnetischer Strahlung mit einem Fotometer verfolgen. Die Abhängigkeit der Absorption (auch Extinktion, also Auslöschung genannt) E von der Konzentration c (mol/l) des betreffenden Stoffs mit der Schichtdicke d (cm) beschreibt das Lambert-Beersche Gesetz.

E = e · c · d

e ist der Extinktionskoeffizient; er hat die Dimension cm2 / mol.

3 Man kann auch den pH-Wert oder die Spannung als potentiometrische Messgröße verfolgen und diese dann in Konzentrationen umrechnen.

4 Bekannt sind auch Gasvolumenmessungen.


Wie misst man schnelle Kinetiken?
Besonders schnelle Reaktionen verfolgt man, indem man sie durch einen Schock aus dem Gleichgewicht bringt. Man verfolgt dann beispielsweise spektroskopisch, wie das System den Gleichgewichtszustand wieder erreicht. Diese Methoden kennt man unter dem Stichwort Stopped Flow (rasche Durchmischung der Komponenten in der Messzelle) sowie Relaxationskinetik (Temperaturschock oder Druckstoß in der Messzelle). Hiermit lassen sich noch Reaktionen verfolgen, die in Bruchteilen von Mikro-Sekunden ablaufen.


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Letzte Überarbeitung: 23. März 2009, Dagmar Wiechoczek