Prof. Blumes Tipp des Monats Januar 2007 (Tipp-Nr. 115)


Beim Experimentieren den Allgemeinen Warnhinweis unbedingt beachten.


Wenn Schwefelwasserstoff brennt:
Bellender Hund oder jaulende Katze?

H. W. Roesky - Reisender in Sachen schöner Chemie-Experimente - stellt seinen "Bellenden Hund" vor: Er lässt Schwefelkohlenstoffdampf mit Distickstoffoxid mischen und das Gemisch entzünden. Es entwickelt sich eine blaue Flamme, und ein jaulendes Geräusch ist zu vernehmen.

Dieser Versuch ist schön - aber real kaum durchzuführen: Welcher Lehrer kann schon soviel N2O herstellen? Wir haben den Versuch deshalb geringfügig, aber entscheidend abgewandelt: Wir nehmen statt Schwefelkohlenstoffdampf Schwefelwasserstoff und statt N2O Sauerstoff. Wenn man dabei einiges beachtet, ist das nicht weiter gefährlich.

Gehen wir systematisch vor: Schwefelwasserstoff ist ein Gas. Er ist brennbar.


Versuch 1: Schwefelwasserstoff brennt
(Abzug, Schutzbrille!)

In einem Reagenzglas entwickeln wir durch Einwirkung von Salzsäure auf Eisensulfid Schwefelwasserstoff (F+,T). Dann setzen wir einen durchbohrten Stopfen mit ausgezogenem Glasrohr auf. Als Sicherung gegen das Zurückschlagen der Flamme stecken wir in das ausgezogene Glasrohr etwas Kupferlitze. Nach ein-zwei Minuten anhaltender Gasentwicklung entzünden wir die Flamme.
Wir prüfen den Geruch (Vorsichtig zufächeln!).
Über die Flamme halten wir ein trockenes Becherglas. Was kann man im Becherglas beobachten?
Nun halten wir für kurze Zeit eine kalte Porzellanschale direkt in die Flamme.

Ergebnisse
Wir stellen einen stechenden Geruch und einen sauren Geschmack fest: Schwefeldioxid.
Im Becherglas bildet sich Kondenswasser.
Auf der Porzellanschale erkennen wir die Abscheidung von gelbem Schwefel.

Bei der Verbrennung von Schwefelwasserstoff entstehen Wasser und Schwefeldioxid.

2 H2S + 3 O2 ———> 2 H2O + 2 SO2 + Energie

Wenn man die Flamme an einer kalten Oberfläche abschreckt, bildet sich Schwefel. Man könnte auch von unvollständiger Verbrennung sprechen.

2 H2S + O2 ———> 2 H2O + 2 S + Energie

Der eigentliche Grund ist aber, dass sich Schwefelwasserstoff als relativ instabile Verbindung in der Hitze in seine Elemente zerlegt. Der Wasserstoff reagiert eher mit dem Sauerstoff als der Schwefel.

Mit Luft bzw. mit Sauerstoff bildet Schwefelwasserstoff Gemische, die wie Knallgas explodieren können. Den Versuch sollte man wegen der Flammenfärbung in einem abgedunkelten Raum durchführen. Es wird empfohlen, den Versuch vorher auszuprobieren...


Zu den Gasen
Als Gefäße benutzen wir Standzylinder mit Planschliff und mit passenden Glasdeckeln. Wir haben uns Gefäße machen lassen, deren Volumenverhältnisse sich wie 2:1 bzw. 4:1 verhalten (-> siehe Bilder bzw. Filme). Sie sind 10, 20 und 40 cm hoch. Ihr Innendurchmesser darf nicht zu eng sein. Unsere sind 7,5 cm weit.
Sauerstoff entnehmen wir einer Druckgasflasche.
Schwefelwasserstoff stellen wir in einem Kippschen Gasentwicklungsapparat her. Das Gas leiten wir einige Minuten lang direkt in das Brenngefäß. Die Dichte von H2S ist mit 1,5 g/L größer als die von Luft, so dass es diese beim Einströmen verdrängt. Dennoch sollte der Einleitungsschlauch bis auf den Boden reichen, und man sollte das Gefäß während des Einleitens mit Alufolie locker verschließen.
Nach dem Einleiten werden die Glasgefäße mit der Glasplatte verschlossen. Vor dem Versuch setzt man die beiden Zylinder aufeinander und zieht die beiden Glasdeckel heraus. Man vermischt die Gase, indem man die zusammenhängenden Zylinder mehrmals kippt. Dann werden die Glasdeckel wieder eingeschoben, und man hat zwei Portionen der Gasmischung.
Zunächst macht man eine Brennprobe mit dem kleinen Zylinder, dann erst nimmt man den großen.
(Wenn Sie nur einen Standzylinder haben: Sie können die Gase auch über Wasser auffangen und dabei mischen.)


Versuch 2: Knallgas mit Schwefelwasserstoff
(Gehörschutz und Schutzbrille verwenden!)

Man mischt in einem weiten Standzylinder 500 ml Schwefelwasserstoffgas mit 250 ml (nicht mehr!) reinem Sauerstoff.
Mit einer Lunte wird das Gemisch anschließend entzündet.

Ergebnis
Das Reaktionsgemisch verbrennt mit einer bläulichen Stichflamme. Das Geräusch klingt wie bei einer richtigen Knallgasprobe mit Wasserstoff. An der Glaswand lagert sich gelber Schwefel ab.


Bild 1: Knallgas mit Schwefelwasserstoff (Foto: Daggi)
Hierzu gibt es einen Film (1,3 MB)
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Je mehr Sauerstoff man hinzu gibt, desto lauter wird der Knall. Umgekehrt kann man die Reaktion bändigen, indem man den Anteil an Schwefelwasserstoff vergrößert. Im folgenden Versuch verdoppeln wir seine Konzentration.

Versuch 3: Bellender Hund
(Gehörschutz und Schutzbrille verwenden!)

Man mischt in einem weiten Standzylinder 1 l Schwefelwasserstoffgas mit 250 ml (nicht mehr!) reinem Sauerstoff.
Mit einer Lunte wird das Gemisch anschließend entzündet.

Ergebnis
Das Reaktionsgemisch entwickelt eine prächtig-blaue Stichflamme. Das heulende Geräusch klingt wie ein jaulender Hund. An der Glaswand lagert sich gelber Schwefel ab.

Bild 2: Bellender Hund (Foto: Daggi)
Hierzu gibt es einen Film (1,4 MB)
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Rüdiger Blume


Weitere Tipps des Monats


Literatur
H. W. Roesky und K. Möckel: Chemische Kabinettstücke. VCH, Weinheim 1994.


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Letzte Überarbeitung: 15. August 2008, Dagmar Wiechoczek