Prof. Blumes Tipp des Monats Mai 2001 (Tipp-Nr. 47)


Beim Experimentieren den Allgemeinen Warnhinweis unbedingt beachten.


Voltaanaloge Elemente

In der Elektrochemie kann man hübsche Effekte zaubern, die für viel Diskussionsstoff sorgen sollten. Wir wissen zum Beispiel: Die Ionen edler Metalle werden durch unedlere Metalle entladen und abgeschieden (-> Webseite). Geht das auch umgekehrt? Kann sich also Kupfer auf Silber abscheiden? Das wäre sozusagen eine Elektrolyse, ohne eine äußere Spannung anzulegen.


Zur Erinnerung: Das klassische Voltaelement
Das besteht aus je einer Zink- und Kupferelektrode, die sich in einer Schwefelsäurelösung befinden. Letztere hat nicht nur die Aufgabe, leitendes Medium zwischen den Elektroden zu sein, sondern sie nimmt direkt an der spannungsliefernden chemischen Reaktion teil. Der für den Spannungsaufbau grundlegende Redoxprozess ist nämlich nichts anderes als die Zersetzung von Zink in einer Säure:

2 H+ + Zn ———> H2 + Zn2+

Die Entladung der Wasserstoff-Ionen findet an der Kupferelektrode statt, die hier die Rolle eines Redox-Katalysators spielt.

Diese Reaktionsanordnung kennt man auch vom Lokalelement und von der Opferanode her.

Reaktionsschema beim Voltaelement bzw. bei der Opferanode

Versuch 1: Vom Lokalelement zum klassischen Volta-Element
a) Steuerung der Reaktion zwischen Schwefelsäure und Zn-Granalien
Gib in 2 Reagenzgläser je 5 ml Schwefelsäure (c = 0,5 mol/L; Xi) und wirf eine saubere Zn-Granalie hinein. Beobachte, ob sich Wasserstoffgas entwickelt.
In das andere Reagenzglas gibst du einen Tropfen einer verdünnten CuSO4-Lösung (nicht mehr!) und vermischst gut. Nun solltest du deutlich an den Zn-Granalien das Einsetzen von starker Gasentwicklung sehen.

b) Lokalelement
In ein Becherglas mit Schwefelsäure (c = 0,5 mol/L) tauchst du je ein sauberes Blech von Kupfer und Zink. Es findet keine nennenswerte Gasentwicklung statt. (Etwaige Blasen rühren von gelöster Luft her und werden abgeklopft.)
Bringe nun die Bleche in Kontakt miteinander und beobachte, ob sich am Cu-Blech Wasserstoff entwickelt. (Etwas warten!)

c) Volta-Element
Trenne die beiden Metallplatten wieder und verbinde sie dann über ein Kabel, das du mit Krokodilklemmen befestigst. Findet jetzt auch eine Entwicklung von Wasserstoff am Kupferblech statt?
Messe die Spannung zwischen den Elektroden. Versuche, ob du mit dieser Anordnung einen Niedervolt- und niederohmigen Motor wie z. B. für den Antrieb von Diskettenlaufwerken zum Drehen bringen kannst.


Kann man ein Voltaelement statt mit Schwefelsäure auch mit Lösungen von Schwermetallsalzen betreiben?
Anstelle von Wasserstoff-Ionen lassen sich auch Kationen von edleren Metallen entladen und an der Kathode aus Kupfer oder Silber katalytisch abscheiden. Besonders geeignet sind Kupfer- und Silber-Ionen. Als Elektrodenmaterial dienen für die Kathode beispielsweise Kupfer oder Silber, für die Anode Eisen.
Allerdings muss man hier die Elektrodenräume durch ein Diaphragma oder durch eine Salzbrücke trennen, da z. B. Kupfer-Ionen mit unedlen Metallen wie Eisen oder Zink direkt unter Kurzschluss zu Kupfer reduziert werden:

Cu2+ + Fe ———> Cu + Fe2+

Natürlich kann es auch bei dem klassischen Voltaelement zu einer direkten Reaktion zwischen den Kationen (hier die Wasserstoff-Ionen) und dem unedlen Anodenmaterial (hier Zink) kommen, nämlich dann, wenn man eine zu konzentrierte Schwefelsäurelösung nimmt. Deshalb arbeitet man mit einer geringer konzentrierten Schwefelsäure von c = 0,5 mol/L. Dann erübrigt sich das Diaphragma. Der Grund ist, dass sich die Oberfläche des Zinks langsam mit Wasserstoffbläschen überzieht, wodurch der weitere Zutritt von Protonen unterbunden wird. Bei konzentrierterer Schwefelsäure bildet sich dagegen rasch soviel H2-Gas, dass sich die Gasperlen ständig ablösen und aufsteigen. Dadurch geben sie das Zinkmetall für den Zugriff von weiteren Protonen frei.

Statt eines Eisenstabs können wir bei voltaanalogen Elementen prinzipiell auch einen Stab aus Zink nehmen. Eisen hat aber gegenüber dem Zink verschiedene Vorteile:
Mit Eisen verläuft die kathodische Kupferabscheidung langsamer und führt zur Abscheidung von deutlich kristallinem Kupfer. Der Grund: Das Redoxpotential von Eisen ist deutlich positiver als das von Zink, so dass der "Reaktionsdruck" geringer ist und die Reaktionen deshalb moderater ablaufen. Außerdem kann man im Schullabor die anodische Oxidation der Eisenelektrode aufgrund farblicher Veränderungen in der Lösung besser erkennen als beim Zink.

Zur Erhöhung der elektrischen Leitfähigkeit des Wassers im Anodenraum setzt man Natriumsulfat oder andere inerte Salze zu.

Versuch 2: Voltaanaloges Element mit Kupfersulfatlösung und Silber
Fülle je eine Lösung (c = 0,2 mol/L) von Natriumsulfat und von Kupfersulfat (Xn) in jeweils einen Schenkel eines U-Rohres mit Glasfritte. (Achte darauf, dass du gleichzeitig rechts und links eingießt, damit keine Lösungen durch die Fritte in den falschen Elektrodenraum gedrückt werden.)
In die Kaliumsulfatlösung hängst du einen entfetteten, sauberen Eisennagel, in die Kupfersulfatlösung ein Kupferblech. Das Kupferblech wird zuvor mit verdünnter Salzsäure gebeizt und mit Ethanol abgespült. Nur mit Pinzetten arbeiten, um Fingerabdrücke zu vermeiden.

Verbinde beide Elektroden mit einem Kabel. Bereits nach 1-2 Stunden beobachtest du die Abscheidung von Kupfer auf der Kupferkathode. Dieses sieht zunächst aus wie Gasblasenbildung; ein Blick durch eine Lupe zeigt jedoch, dass es sich um Metallkristalle handelt. Gleichzeitig zersetzt sich im Anodenraum der Eisennagel. Das kannst du durch Zusatz von etwas Rotem Blutlaugensalz (Kalium-hexacyanoferrat(III); Xn) zu einer Lösungsprobe zeigen. Die Lösung wird dabei tiefblau.

Lasse die Anordnung einige Tage stehen. Zur Vermeidung der Verdunstung musst du die Schenkelöffnungen des U-Rohrs mit Kunststofffolie (oder Paraffinfilm) verschließen.
Beobachte, wie die Kupferabscheidung zunimmt und ein deutliches Kristallwachstum einsetzt. Gleichzeitig hellt sich die Kupfersulfat-Lösung langsam auf (siehe folgendes Bild). Deshalb sollte man immer eine Vergleichslösung aufbewahren.
Die im Anodenraum gebildeten Eisen(II)-Ionen werden durch Luftsauerstoff oxidiert. Es bildet sich deshalb braunes Eisen(III)-hydroxid.

Bild 1: Voltaanaloges Element mit Kupfer und Kupfersulfat
1 Vor dem Versuchsbeginn.
2 Versuch nach etwa einem Tag.
3 Versuch nach drei Tagen.
Eisen(II)-Ionen sind durch das Diaphragma gewandert und sind im Kathodenraum oxidiert worden
(Fotos: Daggi)


Versuch 3: Variation des Kathodenmaterials
Wiederhole die Versuche 1 und 2. Anstelle des Kupferblechs nimmst du jedoch ein Silberblech.

Statt mit Kupfersulfatlösung solltest du in Versuch 2 auch mit Silbernitratlösung (Xi) arbeiten. Allerdings darfst du dann als Kathode kein Kupferblech nehmen, da sich das Silber darauf spontan abscheiden würde. Bewahre die Versuchs-Anordnung wegen der Lichtempfindlichkeit der Silber-Ionen in einem abgedunkelten Raum auf.

Bild 2: Voltaanaloges Element mit Silberblech und Silbernitrat
(Foto: Daggi)


Der chemische Hintergrund
Zunächst gibt Eisen als unedles Metall ins Wasser Fe(II)-Ionen ab und behält Elektronen zurück. Die Elektronen wandern über den äußeren Leiter zum Blech aus dem edleren Metall Kupfer (oder Silber). An dessen Oberfläche werden dann die Kupfer-Ionen entladen.
Die treibende Kraft ist die Elektronegativitätsdifferenz der Metalle oder die Spannung, die sich zwischen den beiden Elektroden aufbaut. Zwischen Kupfer und Zink in Schwefelsäure (c = 0,5 mol/L) beträgt die Spannung etwa 1 V.
Bei der o. a. Versuchsanordnung beträgt die Spannung im Falle
Eisen/Kupfer mit Kupfersulfat 0,51 V
Eisen/Silber mit Kupfersulfat 0,60 V
Eisen/Silber mit Silbernitrat 0,98 V

Die Spannungswerte steigen im Verlauf der Reaktion um 200-300 mV an.

Reaktionsschema beim voltaanalogen Element

Diese Spannungswerte reichen aus, um die Ionen von Kupfer oder Silber aus ihrer Lösung abzuscheiden. Man kann also sagen, dass man die Energie der Oxidation von Eisen dazu nutzt, die Ionen edlerer Metalle zu reduzieren. Die Kathodenbleche sind die Redox-Katalysatoren, die für den Elektronentransfer sorgen.

Du hast sicherlich schon gemerkt: Das gilt eigentlich für alle Galvanischen Elemente. Die Kupferabscheidung spielt zum Beispiel auch beim Daniell-Element eine wichtige Rolle.

Das letzte Bild zeigt die mit Kupferkristallen belegten Bleche aus Kupfer sowie aus Silber.

Bild 3 (Fotos: Daggi)


Rüdiger Blume


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Letzte Überarbeitung: 04. September 2013, Dagmar Wiechoczek