Wie Gelatine hergestellt wird

Ausgangssubstanz zur Herstellung von Gelatine ist Kollagen. Das ist ein in der Tierwelt weit verbreitetes Struktur-Protein, das aus drei Molekülketten besteht, die wie ein Seil zu einem Strang (Tripel-Helix) verdrillt sind. Typisch für den Aufbau ist die Anhäufung der Aminosäuren Serin, Glycin, Prolin und Hydroxyprolin. (Letzteres wird erst in der Kette durch Hydroxylasen aus Prolin gebildet. Hierbei wirkt Ascorbinsäure mit.)

Kollagen findet man in Sehnen, Bändern und in der Haut. Außerdem ist Kollagen Bestandteil der Grundsubstanz von Knochen. Kurz gesagt: Alles, was der Metzger selbst nicht mehr in der Leberwurst verbrauchen kann, wird (mit der Ausnahme des Keratins aus Haaren und Horn) zu Gelatine umgesetzt.

Zunächst kann die Masse zum schonenden Entfetten mit Lipasen behandelt werden. Man erhitzt dann die Kollagen/Wassermischungen auf etwa 65 °C, geht also über die Schrumpftemperatur des normalen Proteins hinaus. Dabei lösen sich die drei Molekülketten des Kollagens voneinander. Kühlt man nun rasch ab, so bleibt der "unordentliche" Zustand erhalten; eine Lösung von Gelatine ist entstanden. Diese Gelatine enthält alternierend kurze helicale Abschnitte und ungeordnete Abschnitte. Diese Strukturen können große Wassermengen binden.

Es gibt viele Gelatine-Arten. Bei entsprechender Steuerung der chemischen Prozesse (z. B. durch Säurebehandlung oder durch Einwirkung von proteolytischen Enzymen) kann man Gelatine-Arten mit unterschiedlich langen Molekülketten herstellen. Damit variieren auch die Geliereigenschaften.


Gelatine ist nicht nur als wasserbindende Substanz für Götterspeise oder andere Lebensmittelzubereitungen wichtig. Viele Gelatinearten benötigt man für eine Reihe von technischen Anwendungen. Mit Gelatine beschichtet man zum Beispiel auch Filmmaterial. Gelatine wirkt hierbei nicht nur als Träger für die lichtempfindliche Emulsion, sondern selbst als Emulgator für Silberbromid, der für feine Verteilung der Silberbromidkristalle sorgt. Darüber hinaus stabilisiert sie sogar noch die Emulsion. Man spricht von einem Schutzkolloid. Sie verhindert nämlich das Zusammenbacken von Silberbromid und damit die Bildung größerer Kristalle, was zu einer störenden Grobkörnigkeit des Bildes führen würde. Zum diesbezüglichen Einsatz von Gelatine haben wir in unserem Webseitenbereich zur "Chemie des fotografischen Prozesses" einen Text mit Versuchsvorschriften.

Herstellungsbedingt ist die Gelatine ins Gerede geraten. Denn beim Kochen von Knochen und Knochenmark von Rindern und Kühen oder anderen Tieren kommt man in Gefahr, BSE-Erreger in die Gelatine zu bekommen. Hinzu kommt, dass Gelatine wegen des eintönigen Aminosäure-Musters nicht gerade zu den ernährungsphysiologisch bedeutenden Proteinen gehört. Aus diesem Grund verzichtet man zumindest in der Lebensmittelherstellung weitgehend auf die Nutzung von Gelatine aus Rindern oder Kühen. Stattdessen greift man (schon aus Gründen besserer Akzeptanz seitens der Verbraucher) auf pflanzliche Polysaccharide mit wasserbindenden Eigenschaften zurück - zum Beispiel auf die aus Rotalgen gewonnenen gelbildenden Carrageenane.

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Letzte Überarbeitung: 29. November 2005, Dagmar Wiechoczek