Was hat das Thema „Kalottenmodell“ mit Weihnachten zu tun? Nun, Sie könnten sich ja zum Beispiel von der Schulpflegschaft einen Baukasten mit Kalotten schenken lassen. Die sind nämlich ziemlich teuer und deshalb nicht in allen Schulen zu finden. Oder vielleicht muss Ihr Baukasten ja mal wieder dringend ergänzt werden, denn bei häufigem Gebrauch nehmen die Kalotten unvermeidlich Schaden. Aber zurück zum Thema: In letzter Zeit wurden mir immer wieder Fragen zu Kalottenmodellen gestellt. Offenbar befassen sich doch einige Leute damit. Zur Übung (Typ „King Size“) bauen wir doch einmal das Modell der Verbindung Urotropin. Über diese wichtige Substanz, ihre Synthese und Verwendung sowie über die Herkunft ihres Namens haben wir schon berichtet. Heute geht es ausschließlich um die Frage ihrer Struktur.
Man findet in der Literatur viele Möglichkeiten, dieses Molekül darzustellen. Hier ist die schlichteste Form. Die folgende verkürzte und angedeutet räumliche Darstellung geht schon etwas genauer auf die Bindungen und Bindungswinkel ein. Am ehesten lässt die folgende Darstellung einen Einblick in die Struktur zu: Verkürzt sieht das so aus: Irgendwie befriedigen einen diese Darstellungen aber nicht so richtig. Deshalb wollen wir heute ein räumliches Modell davon bauen.
Bild 1 (Foto: Blume)
Das Bauen gerade des Urotropinmodells ist aber ein bisschen kniffelig.
Wenn wir alles richtig gemacht haben, erhalten wir ein knubbeliges Modell, das gut in eine große Männerhand passt. Bild 2 (Foto: Blume)
Bild 3 (Fotos: Blume)
Bild 4 (Foto: Blume)
Ein Hinweis: Wir haben aus Übersichtsgründen darauf verzichtet, das Herausragen der CH2-Gruppen aus den Verbindungsachsen zwischen den N-Atomen zu berücksichtigen. Wenn das aber auch noch mit einkalkuliert wird, erkennt man, dass das N-Tetraeder aufgrund der gewinkelten Bindungen zwischen den Atomen N-C-N vom CH2-Oktaeder durchdrungen wird. Durch die Bindungswinkelung liegt das CH2-Oktaeder nicht mehr im N-Tetraeder, sondern ragt mit seinen Spitzen über dessen Kanten hinaus. Beim Urotropinmolekül handelt es sich um einen Durchdringungskörper eines Tetraeders mit einem Oktaeder. Hier sehen wir dazu ein Modell. Das N-Tetraeder ist blau, das CH2-Oktaeder rot eingefärbt.
Bild 5 (Modell: Dirk Eisner; Foto: Blume)
Nun darf man aber nicht meinen, dass solche kubischen Moleküle auch im kubischen Gitter kristallisieren. Urotropinkristalle gehören zum rhombischern Kristallsystem.
Die chemisch exakte Bezeichnung des Urotropins lautet 1,3,5,7-Tetra-aza-tri-cyclo[3.3.1.1,3.7]decan Wir erkennen, dass Urotropin aus nomenklatorischen Zwecken letztlich von einem Kohlenwasserstoff abzuleiten ist. Dieser besteht aus 10 C-Atomen, ist also ein Decan (griech. déca, zehn). Es handelt sich um einen trizyklischen Kohlenwasserstoff, der aus drei miteinander verbundenen, sesselförmigen Sechseckringen besteht. Diese Verbindung gibt es tatsächlich. Ihre chemische Bezeichnung ist Tri-cyclo[3.3.1.1,3.7]decan Die Nummern geben (für Laien auf etwas komplizierte Art und Weise) die Ansatzpunkte der Ringe an. Die Struktur ist identisch mit einem Ausschnitt aus dem kubischen Kristallgitter des Diamanten. Diese Verbindung heißt deswegen auch Adamantan. Beim Urotropin sind formal vier C-Atome (genau: CH-Gruppen) des Adamantans durch vier Stickstoffatome („aza“) ersetzt worden. Wegen der Verwandtschaft zum Adamantan findet man deshalb für Urotropin ab und zu auch die Bezeichnung 1,3,5,7-Tetra-aza-adamantan
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