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Tipp des Monats Dezember 2018 (Tipp-Nr. 258)


Beim Experimentieren den Allgemeinen Warnhinweis unbedingt beachten.


Kaffeearomen

Uwe Lüttgens
mit freundlicher Unterstützung von Maike Janetzke (Kaffeerösterei RöstTeam Falkensee [1])


"Schmeckt Dir der Kaffee?“ „Nicht die Bohne!" (Kalenderspruch)
(Foto: Lüttgens)

Adventszeit ist die Zeit gemütlicher und familiärer Kaffeerunden. Mein derzeitiger Lieblingskaffee ist eine Mischung, ein sogenannter Blend, verschiedener Arabica-Sorten. Die Mischung führt zu einer angenehm nussigen, leicht schokoladigen Note, ist mit wenig Säure ausgestattet und mittelkräftig. So steht es jedenfalls auf dem Etikett.

Bild 1: Etikett der „Falkenseer Röstung“, einer Mischung verschiedener Kaffeesorten (mit freundlicher Genehmigung der Kaffeerösterei RöstTeam Falkensee)
(Foto: Lüttgens)

Kann ein Laie solche Nuancen herausschmecken? Wie wird Kaffee professionell getestet? Welche Aromen bestimmen den Geschmack eines Kaffees? Lesen Sie diesen Tipp des Monats, der sich mit den Aromen des Kaffees beschäftigt. Dann wissen Sie mehr!

Zu den Hintergründen des Röstens der grünen Kaffeebohnen gibt es bereits einen Tipp.


Das Cupping: Erst sehen und riechen, dann schmecken – so werden Kaffeesorten und Röstungen getestet

Cupping – so heißt die professionelle Verkostung verschiedener Kaffeesorten, um diese halbwegs objektiv einordnen und auch bewerten zu können. Als Utensilien benötigt man nicht viel: Porzellantassen und ein oder zwei Löffel pro Person (am besten einen aus Silber, der ist geschmacksneutral), eine Kaffeemühle, eine Kaffeekanne (nicht unbedingt notwendig), eine Waage zum Abwiegen der Kaffeebohnen, eine Stoppuhr, um bei allen Tassen die gleiche Brühzeit zu gewährleisten, den Röstkaffee selbst und heißes Wasser.

Bild 2: Vorbereitung für ein Cupping: Zwei Kaffeesorten sollten getestet werden (links und rechts, in der Mitte findet sich der Referenzkaffee).
(Foto: Lüttgens)

Für die Verkostung hat sich ein mehr oder weniger standardisiertes Vorgehen etabliert:

  • Alle Kaffeesorten sollten frisch geröstet sein und erst kurz vor der Verkostung mit dem gleichen Mahlgrad gemahlen werden, da einige Aromen rasch verfliegen können. Innerhalb von 30 min gehen von einigen Aromastoffen bis zu 30% und mehr verloren [vgl. 4, S. 977].
  • Auch sollte die Röstung nicht zu dunkel sein, da sonst der Säuregehalt stark abnehmen kann.
  • Es bietet sich an, bei einem Cupping neben den Sorten, die man testen will, auch einen sogenannten Referenzkaffee zu haben, zu dem man zwischen den Verkostungen immer wieder zurückkehrt. Dies ist sozusagen der „Nullpunkt“, von dem aus man startet. Sinnvollerweise sollte dieser Kaffee mild und ausgewogen sein, mit wenig Säure und mittlerem Coffeingehalt. Will man zwei weitere Kaffeesorten testen, könnte man eine Sorte mit viel Säure nehmen, z.B. aus Afrika. Daneben bietet sich ein eher säurearmer Kaffee, z.B. aus Indonesien, an.

    Bild 3: Java Blawan, eine vollmundige, erdige und fruchtige Kaffeesorte aus Indonesien mit wenig Säure (mit freundlicher Genehmigung der Kaffeerösterei RöstTeam Falkensee)
    (Foto: Lüttgens)

  • Die Menge an gemahlenem Kaffee sollte immer gleich sein – genau 7 g pro Tasse; das entspricht vielleicht einem gehäuften Esslöffel Kaffeepulver.

    Bild 4: Die Röstbohnen müssen genau eingewogen werden.
    (Foto: Lüttgens)

  • Das Wasser sollte immer gleich heiß sein und keinesfalls kochen, damit Aromen nicht unnötig zerstört werden. Optimal sind ca. 92 °C – 96 °C. Insofern ist der Begriff „Kaffee kochen“ irreführend, es sollte eher „Kaffee sieden“ heißen.
    Keinesfalls sollte das Wasser deutlich kälter oder zu heiß sein; in dem einen Fall schmeckt der Kaffee sonst eher säuerlich oder wässrig. Im anderen Fall kann er allzu bitter schmecken. Ursache ist die jeweils unterschiedlich schnelle Extraktion von Bitterstoffen, Säuren und Röstaromen. Übrigens: Häufig schmeckt der langsam erkaltende Kaffee zunehmend vollmundiger - testen Sie es doch mal.
  • Der gemahlene Kaffee (Mahlgrad 3) wird ebenso auf seinen Geruch getestet wie die ganzen Bohnen. Man bekommt einen ersten Eindruck von den Aromen des jeweiligen Kaffees.
  • Gefiltert werden sollte idealerweise ohne Kaffeefilter, denn der verändert möglicherwiese den Geschmack. Eine Porzellankanne, wie die Karlsbader Kanne, besitzt keinen Eigengeschmack und hat eine sehr kleine Öffnung, durch die der Kaffee gefiltert wird. Man kann auch einfacher das Wasser direkt auf den gemahlenen Kaffee gießen, wie es beim Türkischen Mokka der Fall ist.

    Bild 5: Auch das Volumen des heißen Wassers sollte bei jeder Tasse Kaffee gleich sein.
    (Foto: Lüttgens)

  • Nach genau 4 Minuten, in denen der Kaffee seine Aromen an das Wasser abgibt, wird erneut gerochen, während man die „Kruste“ mit zwei Löffeln zusammenschiebt.

    Bild 6: Für die Geruchsprobe wird die Kruste mit zwei Löffeln „gebrochen“.
    (Foto: Lüttgens)

  • Schließlich wird der Kaffee auf den Löffel genommen und geschlürft. Durch die Verwirbelung werden die Aromen im Mundraum so verteilt, dass die Aromastoffe in den oberen Nasenraum gelangen, in dem das Riechepithel mit seinen empfindlichen Geschmacksnerven liegt.

    Bild 7: Beim Cupping wird der Kaffee genüsslich geschlürft, damit sich die Aromen im Mundraum entfalten können.
    (Foto: Franzke)

  • Ob man den Kaffee anschließend herunterschluckt oder in einen bereitgestellten Becher ausspuckt, bleibt jedem selbst überlassen.


Was ist beim Cupping wichtig?
Es darf nur ein Parameter verändert werden, und das ist die Kaffeesorte. Es gelten also dieselben Regeln wie bei jeder Untersuchung mit dem wissenschaftlichen Anspruch auf jederzeitige Wiederholbarkeit. Nur so können wir eine Aussage – wenn auch subjektiv – über das Aroma einer Kaffeesorte oder der Röstung machen. Würde man zwischen zwei Verkostungen z.B. den Mahlgrad ändern oder unterschiedlich alte geröstete Bohnen verwenden, dann wäre es schwierig, wenn nicht gar unmöglich, zu verlässlichen Aussagen über die unterschiedlichen Geschmacksrichtungen der Kaffeesorten zu kommen.


Dem Geschmack auf der Spur - das Aroma-Rad
Um beim Cupping den Aromen und feinen Nuancen auf die Spur zu kommen und nicht „sprachlos“ zu sein, wenn Sie den Geschmack beschreiben sollen, können Sie mit einem Aroma-Rad arbeiten [vgl. 3, 5].

Bild 8: Aroma-Rad [nach 3, 5]


Was macht den Körper eines Kaffees aus?
Den Körper eines Kaffees zu definieren ist nicht einfach – aber vielleicht geht´s so: Es ist die Fülle und Tiefe des Geschmacks, der im Mund hervorgerufen wird. Manche sagen, es ist die Viskosität, die durch alle im Wasser gelösten oder dispergierten Bestandteile hervorgerufen wird. Vergleichen Sie das Gefühl im Mundraum, das durch Milch im Vergleich zu Wasser entsteht, dann wissen Sie, was ich meine.

Wie ausgewogen die Kaffeesorte oder die Röstung ist, bestimmen neben den freigesetzten Aromen der Säuregehalt, die Süße und die Bitterkeit sowie die Schärfe und seine Rauigkeit. Für ein Cupping können Sie schrittweise vorgehen [vgl. 5]:

  • Prüfen Sie als erstes die Säure; ist der Kaffee ausgewogen oder eher fade, also mit wenig Säure ausgestattet? Vielleicht schmeckt er doch eher frisch, lebhaft oder spritzig? Dann hat der Kaffee viel Säure.
  • Die Bitterkeit des Kaffees spürt man auf der Schleimhaut im Mund; sie wird jedoch nicht durch die Gerbstoffe des Kaffees hervorgerufen. Vielmehr sind es die durch die Maillard-Reaktion gebildeten Röststoffe, die für bitteren Geschmack verantwortlich sind. Und diese hängen wiederum vom Röstgrad ab.

    Hinweis: Zur Maillard-Reaktion haben wir eine eigene Seite erstellt.
  • Der Mineraliengehalt bestimmt den Eindruck der Salzigkeit. In einer Tasse Kaffee können bis zu 150 mg Kalium-Ionen enthalten sein; man kann sagen, dass ab ca. 100 mg ein zunehmend salziger Geschmack auf der Zunge entsteht.
  • Die Zuckeranteile im Kaffee können bis zu 10 % ausmachen, entsprechend wird seine Süße empfunden.
  • Die Schärfe eines Kaffees empfindet man deutlich bei dunkel gerösteten Kaffeesorten.
  • Der Gerbstoffgehalt insbesondere von Polyphenolen bestimmt die Adstringenz (von lat.: adstringere: zusammenziehen, festschnüren), die zu einem rauen oder pelzigen Gefühl der Trockenheit führt.
  • Schließlich prüfen Sie den Gesamteindruck, die Ausgewogenheit der Aromen. Ruft der Kaffee bei Ihnen einen angenehmen, harmonischen „Gesamtklang“ hervor? Oder „klingt“ er eher rumpelig und schräg? Haben Sie Lust auf eine zweite, gar dritte Tasse? Oder reicht Ihnen schon ein einziger Schluck? Wie auch immer, Sie sollten auf jeden Fall auf Ihre eigenen Sinne vertrauen!

    Bild 9: Beim Cupping kommt das Aroma-Rad zum Einsatz.
    (Foto: Franzke)

Hinweis: Wer Genaueres zur Zubereitung von Kaffee wissen möchte, gar selbst ein Cupping durchführen möchte oder einfach zu Hause rösten will, dem seien das Buch von Michael Pauzenberger „Kaffee rösten, mahlen, zubereiten“ [3] und das Buch von Claus Fricke „Kafferösten zu Hause“ [5] empfohlen.


Den Aromastoffen auf der Spur
In den 1920iger Jahren wurden erste Versuche unternommen, den Reaktionsprodukten des Röstens auf die Spur zu kommen, indem der zubereitete Kaffee destilliert wurde.

Nachweisen konnten die damaligen Kaffeeforscher 70 Substanzen. Heute wissen wir, dass mehr als 850 flüchtige Verbindungen zum Aroma des Kaffees beitragen [4, S. 975]. Grob unterscheiden kann man die Aromastoffe, die zu verschiedenartigen Geschmackseindrücken führen: süßen bis karamellartigen, eher erdigen, röstigen bis schwefligen, rauchigen bis phenolischen und würzigen.

Zwischen 25 und 30 Schwefelverbindungen sind dabei entscheidend mitverantwortlich für das Aroma des Kaffees [7], die jede für sich genommen kaum von angenehmen Geruch sind.

Eine davon, das 2-Furfurylthiol, erinnert stark an den Geruch von Röstkaffee – es handelt sich um einen sogenannten Schlüsselaromastoff. Die Schwefelverbindung ist auch in gekochtem Fleisch oder in Popcorn zu finden [6].

2-Furfurylthiol

Bitterer Geruch nach dunkel geröstetem Kaffee

Die Aromen einzelner flüchtiger Substanzen können erheblich vom Wohlgeschmack des jeweiligen Kaffees abweichen, wie die kleine Übersicht eindrucksvoll zeigt:

Schweflig-röstige Aromen Geruch

Methanthiol

nach verfaultem Gemüse oder auch nach Mundgeruch (Hauptkomponente im Spargelurin)

Methional

nach gekochten Kartoffeln

2-Methyl-3-furanthiol

nach Thunfisch
Süß-karamelartige Aromen

Methylpropanal (Isobutanal)

2-Methylbutanal

3-Methylbutanal (Isovaleraldehyd)

alle drei malzig
Rauchig-phenolisch

4-Vinylguaiacol (2-Methoxy-4-vinylphenol)

würzig, weinartig, aber auch nach Apfel, Erdnuss oder Nelke und Curry

Guaiacol

kräftig nach Rauch
Erdig

2-Ethyl-3,5-dimethylpyrazin

nach gerösteten Speisen

2,3-Diethyl-5-methylpyrazin

nach Haselnuss
Fruchtig

Ethanal (Acetaldehyd)

fruchtig, stechend

Propanal (Propionaldehyd)

stechend

Lässt man den gemahlenen Kaffee offen stehen, gehen rasch über 20 % seines Aromas verloren [4, S. 977]. Schließen Sie daher die Packung sofort, nachdem Sie Ihre Portion Röstbohnen entnommen haben. Sie können ja mal den Geruch einer frisch geöffneten Packung Röstkaffee mit einer Packung vergleichen, die bereits mehrere Wochen angebrochen ist. Sie werden erstaunt sein über den Unterschied.


Ein wenig physikalische Chemie: Gemahlenen Kaffee zu brühen ist eine heiße Angelegenheit
Je nach Mahlgrad kommen bei den verschiedenen Zubereitungsarten pro Gramm Kaffee wenige Tausend grobe Körnchen (z. B. für die French Press) bis mehrere Zehntausend deutlich feinere Körnchen (z. B. für einen Espresso) mit dem heißen Wasser in Kontakt. Für einen türkischen Mokka können es auch weit über 100.000 Partikel sein, die ihre Aroma- und Bitterstoffe beim Brühvorgang abgeben [Handbuch Kaffeerösten zu Hause, S. 180]. Entsprechend unterschiedlich sind auch die Partikelgrößen des aus den gerösteten Bohnen gemahlenen Kaffees: von gut sichtbaren millimeter-großen Krümeln bis hin zu staubfeinen Partikeln, die deutlich kleiner als 50 µm sind.

Bild 10: Kaffeebohne und -pulver (grob bzw. fein gemahlen)
(Foto: Lüttgens)

Je feiner der Mahlgrad ist, desto größer ist die Oberfläche der einzelnen Kaffeepartikel. [8, S. 15 f.], die wie ein Schwamm von Tunneln und feinen Kanälen durchzogen.

Bild 11: Oberfläche einer gerösteten Kaffeebohne, mit einem Rasterelektronenmikroskop (REM) aufgenommen
(aus [8], mit freundlicher Genehmigung von Dr. Axel Steer)

Durch diese vielleicht 10 bis 20 µm großen Kanäle ist die Kontaktfläche zum heißen Kaffeewasser vergrößert. Durch das Mahlen wird die Oberfläche erneut vergrößert. Das wirkt sich auf die Geschwindigkeit der Extraktion und die Freisetzung der Aromastoffe aus.


Für Spezialisten: Der Zerteilungsgrad
Der Mahlgrad, der in der Kaffeemühle gewählt wird, bestimmt, wie groß die Oberfläche des Pulvers ist, aus dem die Aromastoffe an das Kaffeewasser abgegeben werden.

Dazu eine einfache Abschätzung: Nehmen wir an, der Kaffee, egal ob Bohne oder Pulver, besteht aus kleinen Kugeln. Dann lässt sich über den Radius sowohl das Volumen als auch die Oberfläche bestimmen – angefangen bei der ganzen Bohne bis hin zum fein gemahlenen Mocca.

Oberfläche und Volumen von Kaffeepartikeln (die idealisiert als kugelförmig angenommen werden)

ganze Bohne sehr grob gemahlen mittelstark gemahlen sehr fein gemahlen
Durchmesser d ~ 6 mm ~ 2 mm ~ 0,6 mm ~ 0,2 mm
Oberfläche O = π d2 ~ 113 mm2 ~ 12,6 mm2 ~ 1,13 mm2 ~ 0,13 mm2
Volumen V = 1/6 π d3 ~ 113 mm3 ~ 4,2 mm3 ~ 0,11 mm3 ~ 0,004 mm3
Verhältnis von Oberfläche zu Volumen für ein einzelnes Korn O / V 1 3 10 30
Anzahl Körner n 1 27 1.000 27.000
Gesamtoberfläche aller Körner Oges. ~ 113 mm2 ~ 340 mm2 ~ 1.130 mm2 ~ 3.500 mm2
Verhältnis von Oberfläche zu Volumen aller Körner Oges. / V 1 81 10.270 875.000

Interessant ist das Verhältnis der Oberfläche zum Volumen des einzelnen Korns: Es vergrößert sich um mehr als das 300fache von der ganzen Bohne zum fein gemahlenen Kaffee. Aus einer Bohne entstehen ca. 27 Körner grob gemahlener Kaffee, jedoch tausendmal mehr Körner, ungefähr 27.000, bei sehr fein gemahlenem Mocca-Kaffee. Entsprechend wächst das Verhältnis der gesamten Oberfläche zum Volumen des Kaffees rasant an – um das 875.000fache – also fast um den Faktor von 1 Million. Mathematiker würden sagen: Beim Kaffeemahlen nimmt mit zunehmendem Mahlgrad die Oberfläche bei gleichem Volumen exponentiell zu.

Und das hat Auswirkungen auf die beim Brühvorgang freigesetzten Aromastoffe: Je mehr Partikel mit entsprechend größerer Oberfläche mit dem heißen Wasser in Berührung kommen, desto mehr Aromen, aber auch Bitterstoffe können sehr schnell freigesetzt werden – genauer gesagt: extrahiert werden, denn Verfahrenstechniker sprechen von einer Extraktion (lat. extrahere: entnehmen, herausziehen) bei der Zubereitung von Kaffee. Die Inhaltsstoffe verteilen sich gleichmäßig im Wasser; also findet eine Diffusion (lat. diffundere: ausgießen, ausbreiten, verstreuen) statt. Da sich im Brühwasser sowohl ölige Komponenten als auch feste Partikel verteilen, hat man es mit einer Emulsion (lat. ex mulgere: heraus melken) bzw. einer Suspension (lat. suspendere: aufhängen, in der Schwebe lassen) zu tun [vgl. 5].

Übrigens: Kaffeemühlen für den professionellen Gebrauch mahlen die Bohnen langsam, da mit zunehmender Umdrehung des Mahlwerks der gemahlene Kaffee warm oder gar heiß werden kann, was zu Einbußen im Aroma führen kann.


Extraktion von Kaffee

Material: Kaffee (ganze Bohne), Mörser mit Pistill, 6 Bechergläser (40 ml), Leitungswasser, Wasserkocher

Drei ganze Kaffeebohnen, drei grob gemahlene sowie drei fein gemahlene Bohnen werden jeweils in ein Becherglas gegeben und mit Leitungswasser (25 ml) übergossen. Nach 5 min wird die Färbung des Extrakts geprüft. Der Versuch wird mit kochendem Wasser wiederholt.

Bild 12: Ergebnisse des Versuchs (Ganze Bohne, grob bzw. fein gemahlen (von oben nach unten); jeweils bei Raumtemperatur (li.) und bei 100 °C (re.))
(Foto: Lüttgens)


Für Spezialisten: Welche Rolle spielt die Temperatur bei der Extraktion?
Optimal sind, wie bereits erwähnt, 92 °C – 96 °C für das Brühwasser. Welchen Einfluss hat nun die Wassertemperatur auf die Geschwindigkeit der Extraktion? Dazu gibt es die sogenannte Reaktionsgeschwindigkeit-Temperatur-Regel – kurz RGT-Regel. Diese Faustregel besagt, dass sich die Reaktionsgeschwindigkeit bei einer Temperaturzunahme von 10 K etwa verdoppelt bis verdreifacht. Versuchen wir die Zunahme der Geschwindigkeit der Extraktion abzuschätzen: Bei einem Temperaturunterschied zwischen Wasser bei Zimmertemperatur (25 °C) und siedendem Wasser (95 °C) besteht eine Temperaturdifferenz von ΔT = 70 K. Entsprechend kommt es zu einer Zunahme um den Faktor 27 = 128 bis zu 37 = 2187. Anders ausgedrückt: Aromastoffe sollten im heißen Brühwasser bis zu 2000mal schneller freigesetzt werden als mit Leitungswasser aus dem Hahn.

Obwohl auch das geht! Beim sogenannten Cold Brew oder Cold Drip – einer kalten Extraktion spielt der Faktor Zeit die entscheidende Rolle, damit die Aromen aus dem gerösteten Kaffeepulver in das Wasser übergehen. Die kalte Extraktion, bei der tropfenweise das Wasser durch das Kaffeepulver rinnt, kann 12 Stunden und länger dauern. Sicherlich nichts für den schnellen Kaffee zwischendurch.


Zu guter Letzt...
Die Wirkung von Kaffee wird in einer Legende so geschildert: Nur eine Tasse der braunen Flüssigkeit soll ausgereicht haben, um die Lebensgeister des sterbenskranken Mohammed zu wecken. Gereicht worden sein soll der heilende Trunk von Erzengel Gabriel. Derart stimuliert, gründete der Prophet anschließend das islamische Reich.

Der Ursprung des aufputschenden Getränks soll einer anderen Legende nach in Äthiopien liegen. Genauer: In der Provinz Kaffaim abessinischen Hochland. Dort kam man auf die Idee, die roten Kaffeekirschen nicht nur zu kauen, sondern zu rösten, anschließend zu mahlen und mit kochendem Wasser aufzubrühen.

Ob dort ein Waldbrand, bei dem auch Kaffeepflanzen betroffen waren, zu der Erkenntnis geführt hat, dass man die Kaffeekirsche vor dem Genuss rösten sollte, wird wohl nie geklärt werden. Jedenfalls wanderten das erworbene Wissen und die Kunst der Kaffeezubereitung anschließend über die Türkei zu uns nach Europa [9].

Übrigens: In Cupping-Kursen können Sie unter professioneller Anleitung lernen, guten von schlechtem Kaffee zu unterscheiden [10]. So, nun brühe ich uns erst einmal einen leckeren Advents-Kaffee...


Quellen:
[1] RÖST TEAM, Kaffeerösterei Falkensee, www.roestteam.de (abgerufen am 21.10.2018)
[2] Beyer/Walter: Organische Chemie, 25. Auflage, S.Hirzel Verlag 2016
[3] Michael Pauzenberger: Bohnengold – Kaffee rösten, mahlen, zubreiten, Freya Verlag 2017
[4] H.D. Belitz, W. Grosch, P. Schieberle: Lehrbuch der Lebensmittelchemie, 6. Auflage, Springer Verlag 2008
[5] Claus Fricke: Handbuch Kaffeerösten zu Hause, Verlag Die Werkstatt, Göttingen 2007
[6] Spektrum.de: Lexikon der Ernährung, 2-Furfurylthiol, https://www.spektrum.de/lexikon/ernaehrung/2-furfurylthiol/3240 (abgerufen am 26.10.2018)
[7] Spektrum.de: Lexikon der Ernährung, Schlüsselaromastoffe, https://www.spektrum.de/lexikon/ernaehrung/schluesselaromastoffe/7928 (abgerufen am 26.10.2018)
[8] Axel G. Steer: Physikalisch-chemische Parameter des Kaffeegetränkes und Untersuchungen zur Röstkaffee-Extraktion, Cuvillier Verlag, Göttingen 2003
[9] Kaffee rösten können die Äthiopier selbst, FAZ vom 5.8.2018, S. 22
[10] Hier ist die Bohne los, FAZ vom 4.11.2018, S. 14


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Letzte Überarbeitung: 23. November 2018, Fritz Meiners