GOX - Honig – Zur kalten Jahreszeit genau das Richtige! Jens Schorn
Bild 1: Ein neues Gütesiegel auf dem Deckel von Honigsorten
Während der Tipp aus dem vorletzten Monat (Nr. 268) essigsaure Tonerde gegen Entzündungen der Haut empfahl, zeigt dieser Tipp die chemischen Hintergründe zur Wirkung eines Naturprodukts, das gerade in der kalten Jahreszeit gerne gegen Halsschmerzen verwendet wird. Honig galt schon bei den alten Griechen vor 2400 Jahren als Heilmittel und auch heute findet man ihn noch immer in gängigen Rezepturen zur Linderung von Halsschmerzen und zur Wundheilung. Die Anzahl der durch die sogenannte Apitherapie (Heilung mit Hilfe von Bienenprodukten) behandelbaren Krankheiten ist sehr umfangreich und betrifft sämtliche Bereiche des menschlichen Körpers [1]. Der Einsatz von Bienenprodukten unterscheidet sich dementsprechend hinsichtlich des Wirkortes im Körper des Menschen. Honig hat hier den angenehmen Vorteil, dass man ihn einfach mit der Nahrung aufnehmen kann und er außerdem auch ein Genussmittel ist. Einschränkungen für Diabetiker (sehr hoher Anteil an blutzuckersteigernder Glucose im Honig) und Säuglinge (das Bakterium Clostridium botulinum kann zur Lähmung des Säuglingsdarms führen) sollten natürlich beachtet werden. Der Markt für Honig ist riesig und wirbt oft mit eindeutigen Eigenschaften. So findet man seit einigen Jahren Manuka Honig aus Neuseeland in den Regalen ausgewählter Anbieter. Dieser Honig enthält einen Wirkstoff, der antibakterielle Wirkung hat und deshalb gerne als Therapeutikum bei Erkältungen der oberen Atemwege eingesetzt wird. Dieser Stoff entsteht aus Dihydroxyaceton bzw. 1,3-Dihydroxypropan-2-on, indem durch Katalyse Wasser abgespalten wird. Dihydroxyaceton ist im Nektar des Manuka-Baums und der Südseemyrte Leptospermum scoparium enthalten und wird von den neuseeländischen Bienen bei der Honigproduktion in Methoxyglyoxal umgewandelt. Dies erfolgt durch einen katalytischen Effekt, bei dem Anionen im jungen Manuka-Honig eine Dehydratation des Dihydroxyacetons zu Methylglyoxal bewirken [5]. Methylglyoxal wirkt bakterizid gerade gegen Staphylokokken und gegen Escherichia coli Bakterien [2]. Da erkältungsbedingte Halsschmerzen u.a. durch Staphylokokken verursacht werden, kann Methylglyoxal in Manuka-Honig zur Linderung der Halsschmerzen beitragen. Dies beruht auf der sogenannten nicht-peroxidischen antibakteriellen Wirkung. Um die Qualität und die Wirkstärke von Manuka-Honig einzuschätzen, wurde der Unique Manuka Factor = UMF eingeführt. Ein Manuka-Honig mit einem UMF von 10 weist eine antibakterielle Wirkung auf, die mit einer 10%-igen phenolischen Lösung vergleichbar ist. Gleichzeitig enthält ein solcher Honig eine Methylglyoxalkonzentration (MGO) von >263 mg/kg Honig [3]. Im Handel wird Manuka-Honig mit unterschiedlichen MGO Konzentrationen angeboten, wobei stets die Qualität durch die Konzentrationsangaben MGO angegeben wird. So kosten 500 g Manuka-Honig mit MGO 400 mg/kg ca. 90 Euro. Da die Nachfrage an Manuka-Honig das Angebot übersteigt, wurde 2017 eine Zertifizierung für Manuka Honig entwickelt, um Fälschungen zu begegnen. Die „Unique Manuka Factor Honey Association“ überprüft mittels Pollenanalyse die Echtheit des Manuka-Honigs und misst gleichzeitig die Konzentration an Methylglyoxal [4]. Peroxidisch bedeutet, dass der Honig bzw. die in ihm befindlichen Peroxidasen Wasserstoffperoxid bilden kann und dieses Wasserstoffperoxid dann die Bakterien direkt zerstört und die Bakterienvermehrung verhindert. Nachdem die Honigbiene den Nektar gesammelt hat, mischt sie im Stock bei der Honigherstellung dem Honig mit ihrem Speichel das Enzym Glucoseoxidase (GOX) bei. Dieser Vorgang ist an anderer Stelle noch genauer beschrieben. Solange der Honig einen Wassergehalt von unter 20 % hat, liegt die Glucoseoxidase in einer inaktiven Form vor. Sobald aber der Honig mit Wasser auf ca. 20 % verdünnt wird, wird Glucose durch Glucoseoxidase in Gluconsäure und Wasserstoffperoxid umgewandelt. Durch die entstehende Gluconsäure wird der pH-Wert gesenkt, was zur Konservierung des Honigs beiträgt. Das gleichzeitig entstehende Nebenprodukt Wasserstoffperoxid bildet sich nach kurzer Zeit und wirkt antibakteriell. Die dabei entstehende Konzentration ist 100-1000-fach niedriger als in H2O2-Lösungen, die in der Lebensmittelbranche und Medizin zur Oberflächen-Desinfektion benutzt werden. Da die Glucoseoxidase nur im pH-Wert-Bereich von 6 ihren größten Stoffumsatz zeigt, wird dieser Vorgang durch die entstehende Gluconsäure, die den pH-Wert senkt, gehemmt [6]. Deshalb entstehen auch nur sehr geringe Konzentrationen an H2O2, die für den Menschen unbedenklich sind, aber die Halsschmerzen verursachenden Bakterien abtötet. Bild 2: GOX-Siegel (mit freundlicher Unterstützung der Firma AMP-Lab GmbH) [7] Der entstehende Komplex [TiO2]2+ ist tiefgelb und zeigt Wasserstoffperoxid in den Lösungen an. Bislang bieten nur wenige Firmen diese zertifizierten Honige an. Für die folgenden Experimente wurde je ein Frühjahrsblütenhonig der Imkerei Fischermühle [8] mit dem GOX-Siegel mit dem Frühjahrsblütenhonig der Firma Langnese ohne das GOX-Siegel [9] verglichen. Experiment 1: Nachweis von Wasserstoffperoxid in zwei Honigsorten mit Titanylsulfat Geräte: Reagenzgläser, destilliertes Wasser, herkömmlicher Honig und GOX-Honig, Tropfpipetten, Wasserstoffperoxidlösung (w=3%) (GHS07), Titanylsulfat (GHS05), Waage. Durchführung: Man bereitet je eine wässrige Lösung mit jeweils 1g Honig im Reagenzglas vor.
Ergebnis: Bild 3: Zwei Honigsorten mit Titanyloxid im Vergleich.
Man erkennt eine schwache Gelbfärbung im dritten Reagenzglas von links. Diese Färbung zeigt den geringen Anteil an Wasserstoffperoxid in der Lösung an. Bei dem herkömmlichen Honig ist keine Verfärbung mit Titanyloxid zu beobachten. Eine weitere Möglichkeit zum Nachweis von Wasserstoffperoxid besteht darin das Oxidationsmittel Kaliumpermanganat wie folgt einzusetzen. Kaliumpermanganat ist deshalb so gut für den Nachweis von Wasserstoffperoxid geeignet, da bei der Reduktion des Mangans vom Permanganat-Ion (Oxidationszahl +VII) zum Mangan-Ion (Oxidationszahl +II) eine Entfärbung stattfindet.
Wie man an den Färbungen mit Titanyloxid und besonders bei der Entfärbung von Kaliumpermanganat erkennen kann, lassen sich Unterschiede zwischen herkömmlichen Honigsorten und GOX-zertifizierten Honigen einfach nachweisen.
„Die Lizenz und damit das Nutzungsrecht des GOX-Siegels erlischt mit Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums des mit dem spezifischen GOX-Siegel ausgezeichneten Produkts. Hiermit wird dem Sachverhalt des langsamen Zerfalls von Enzymen in Honig Folge geleistet, um eine falsche Kennzeichnung zu vermeiden.“ [7]. Die Zerfallsgeschwindigkeit des Enzyms Glucoseoxidase hängt sehr stark von der Lagerungstemperatur des Honigs ab. Außerdem konnte nachgewiesen werden, dass Licht die im Honig enthaltenen Enzyme zersetzt [10], sodass man Honig stets dunkel und kühl lagern soll. Wird dies bei der Verarbeitung und Lagerung des Honigs nicht beachtet, so verliert er seine GOX-Aktivität und damit seine heilende Wirksamkeit bei Halsschmerzen. Darin besteht übrigens auch der entscheidende Vorteil des Manuka-Honigs. Der dortige Inhaltsstoff Methylglyoxal ist weniger wärme- und temperaturempfindlich. Wer aber seinen einheimischen deutschen Honig von einer vertrauensvollen Imkerei erhält, die ihren Honig nicht durch Wärmebehandlung oder Lichtlagerung seiner GOX-Aktivität beraubt, der sollte sich jetzt schon einen Vorrat für die kalte Jahreszeit anlegen. Die nächsten Halsschmerzen kommen bestimmt.
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