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Tipp des Monats Dezember 2019 (Tipp-Nr. 270)


Beim Experimentieren den Allgemeinen Warnhinweis unbedingt beachten.


GOX - Honig – Zur kalten Jahreszeit genau das Richtige!

Jens Schorn

Bild 1: Ein neues Gütesiegel auf dem Deckel von Honigsorten
(Foto: Schorn)

Während der Tipp aus dem vorletzten Monat (Nr. 268) essigsaure Tonerde gegen Entzündungen der Haut empfahl, zeigt dieser Tipp die chemischen Hintergründe zur Wirkung eines Naturprodukts, das gerade in der kalten Jahreszeit gerne gegen Halsschmerzen verwendet wird.

Honig galt schon bei den alten Griechen vor 2400 Jahren als Heilmittel und auch heute findet man ihn noch immer in gängigen Rezepturen zur Linderung von Halsschmerzen und zur Wundheilung. Die Anzahl der durch die sogenannte Apitherapie (Heilung mit Hilfe von Bienenprodukten) behandelbaren Krankheiten ist sehr umfangreich und betrifft sämtliche Bereiche des menschlichen Körpers [1].

Der Einsatz von Bienenprodukten unterscheidet sich dementsprechend hinsichtlich des Wirkortes im Körper des Menschen. Honig hat hier den angenehmen Vorteil, dass man ihn einfach mit der Nahrung aufnehmen kann und er außerdem auch ein Genussmittel ist. Einschränkungen für Diabetiker (sehr hoher Anteil an blutzuckersteigernder Glucose im Honig) und Säuglinge (das Bakterium Clostridium botulinum kann zur Lähmung des Säuglingsdarms führen) sollten natürlich beachtet werden.

Der Markt für Honig ist riesig und wirbt oft mit eindeutigen Eigenschaften. So findet man seit einigen Jahren Manuka Honig aus Neuseeland in den Regalen ausgewählter Anbieter. Dieser Honig enthält einen Wirkstoff, der antibakterielle Wirkung hat und deshalb gerne als Therapeutikum bei Erkältungen der oberen Atemwege eingesetzt wird.


Warum wirkt Honig antibakteriell?
Grundsätzlich lässt sich die antibakterielle Wirkung von Honig auf die folgenden vier Effekte zurückführen [3].

  1. Osmotischer Effekt: Reifer Honig mit einem Gesamtzuckergehalt ab 65 % ist eine übersättigte Lösung und enthält nur max. 20 % Wasser. Unter diesen Bedingungen können nur noch Hefezellen zu einer Honiggärung führen. Allen anderen Zellen wird durch die hohe Zuckerkonzentration im Honig das Wasser entzogen und die Zellen können keinen Stoffwechsel mehr betreiben. Liegt der Wassergehalt sogar unter 17 %, so können sich auch die Hefezellen, die eine Gärung auslösen könnten, nicht mehr vermehren.
  2. Acidität: Der pH-Wert der meisten Honige liegt zwischen 3,3 und 4,6. Dieser niedrige pH-Wert verhindert die Vermehrung der meisten krankheitserregenden Mikroorganismen.
  3. Wasserstoffperoxid: Honig enthält das Enzym Glucoseoxidase, das die Umwandlung von Glucose in Wasserstoffperoxid H2O2 und Gluconsäure katalysiert. Das entstandene Wasserstoffperoxid hemmt das Bakterienwachstum.
  4. Nicht-peroxide Inhibine: Neben zwei aromatischen Säuren, der Syringasäure und der Methylsyringasäure, konnte in Manuka-Honig Methylglyoxal als weiterer Hemmstoff für die nicht-peroxide Wirkung von Honig nachgewiesen werden.


Wie wirkt Manuka-Honig?
Grundsätzlich unterscheidet sich der Manukahonig von anderen Honigsorten also durch den Inhaltsstoff Methylglyoxal bzw. 2-Oxopropanal.

Dieser Stoff entsteht aus Dihydroxyaceton bzw. 1,3-Dihydroxypropan-2-on, indem durch Katalyse Wasser abgespalten wird.

Dihydroxyaceton ist im Nektar des Manuka-Baums und der Südseemyrte Leptospermum scoparium enthalten und wird von den neuseeländischen Bienen bei der Honigproduktion in Methoxyglyoxal umgewandelt. Dies erfolgt durch einen katalytischen Effekt, bei dem Anionen im jungen Manuka-Honig eine Dehydratation des Dihydroxyacetons zu Methylglyoxal bewirken [5].

Methylglyoxal wirkt bakterizid gerade gegen Staphylokokken und gegen Escherichia coli Bakterien [2]. Da erkältungsbedingte Halsschmerzen u.a. durch Staphylokokken verursacht werden, kann Methylglyoxal in Manuka-Honig zur Linderung der Halsschmerzen beitragen. Dies beruht auf der sogenannten nicht-peroxidischen antibakteriellen Wirkung.

Um die Qualität und die Wirkstärke von Manuka-Honig einzuschätzen, wurde der Unique Manuka Factor = UMF eingeführt. Ein Manuka-Honig mit einem UMF von 10 weist eine antibakterielle Wirkung auf, die mit einer 10%-igen phenolischen Lösung vergleichbar ist. Gleichzeitig enthält ein solcher Honig eine Methylglyoxalkonzentration (MGO) von >263 mg/kg Honig [3].

Im Handel wird Manuka-Honig mit unterschiedlichen MGO Konzentrationen angeboten, wobei stets die Qualität durch die Konzentrationsangaben MGO angegeben wird. So kosten 500 g Manuka-Honig mit MGO 400 mg/kg ca. 90 Euro. Da die Nachfrage an Manuka-Honig das Angebot übersteigt, wurde 2017 eine Zertifizierung für Manuka Honig entwickelt, um Fälschungen zu begegnen. Die „Unique Manuka Factor Honey Association“ überprüft mittels Pollenanalyse die Echtheit des Manuka-Honigs und misst gleichzeitig die Konzentration an Methylglyoxal [4].


Wie wirkt ein peroxidisch-antibakterieller Honig?
Wie wir oben bei der antibakteriellen Wirkung von Honig gelesen haben, gibt es bei Honig neben der nicht-peroxidischen Wirkung eine peroxidische Wirkung.

Peroxidisch bedeutet, dass der Honig bzw. die in ihm befindlichen Peroxidasen Wasserstoffperoxid bilden kann und dieses Wasserstoffperoxid dann die Bakterien direkt zerstört und die Bakterienvermehrung verhindert.

Nachdem die Honigbiene den Nektar gesammelt hat, mischt sie im Stock bei der Honigherstellung dem Honig mit ihrem Speichel das Enzym Glucoseoxidase (GOX) bei. Dieser Vorgang ist an anderer Stelle noch genauer beschrieben.

Solange der Honig einen Wassergehalt von unter 20 % hat, liegt die Glucoseoxidase in einer inaktiven Form vor. Sobald aber der Honig mit Wasser auf ca. 20 % verdünnt wird, wird Glucose durch Glucoseoxidase in Gluconsäure und Wasserstoffperoxid umgewandelt.

Durch die entstehende Gluconsäure wird der pH-Wert gesenkt, was zur Konservierung des Honigs beiträgt. Das gleichzeitig entstehende Nebenprodukt Wasserstoffperoxid bildet sich nach kurzer Zeit und wirkt antibakteriell. Die dabei entstehende Konzentration ist 100-1000-fach niedriger als in H2O2-Lösungen, die in der Lebensmittelbranche und Medizin zur Oberflächen-Desinfektion benutzt werden. Da die Glucoseoxidase nur im pH-Wert-Bereich von 6 ihren größten Stoffumsatz zeigt, wird dieser Vorgang durch die entstehende Gluconsäure, die den pH-Wert senkt, gehemmt [6]. Deshalb entstehen auch nur sehr geringe Konzentrationen an H2O2, die für den Menschen unbedenklich sind, aber die Halsschmerzen verursachenden Bakterien abtötet.


Was bedeutet das neue Gütesiegel auf einheimischen Honigsorten?
Bei der Suche nach möglichst erkältungswirksamen Honigsorten trifft man schnell auf den Manuka-Honig. Es gibt aber inzwischen vergleichbar zu dem UMF-Institut in Neuseeland in Deutschland eine Firma, die entsprechende Gütesiegel in Zusammenhang mit Lizenzbedingungen für sogenannten GOX Honig vergibt [7]. Hier wird der Honig auf seine Glucoseoxidase-Aktivität (GOX-Aktivität) getestet und mit einem entsprechenden Gütesiegel ausgestattet. Es werden Aktivitäten im Bereich von 50-300 mU/g Honig gemessen. Die Einheit mU steht für den Stoffmengenumsatz der oben beschriebenen Reaktion. Ein Honig mit der GOX-Aktivität von 100 bildet bei 37°C und einem pH-Wert von 6,5 100 nMol H2O2 pro Gramm Honig in der Minute. Absolut werden von 1 g eines solchen Honigs in der Minute 3,4-106 g H2O2 hergestellt. Dieser Honig verdient dementsprechend dieses Siegel.

Bild 2: GOX-Siegel (mit freundlicher Unterstützung der Firma AMP-Lab GmbH) [7]


Wie kann man die Bildung von Wasserstoffperoxid durch Glucoseoxidase-Aktivität unterschiedlicher Honigsorten messen?
Der Nachweis von Wasserstoffperoxid erfolgt mit Titanylsulfat durch Komplexbildung nach der folgenden Reaktion. Die Anleitung hierzu findet man hier.

Der entstehende Komplex [TiO2]2+ ist tiefgelb und zeigt Wasserstoffperoxid in den Lösungen an.

Bislang bieten nur wenige Firmen diese zertifizierten Honige an. Für die folgenden Experimente wurde je ein Frühjahrsblütenhonig der Imkerei Fischermühle [8] mit dem GOX-Siegel mit dem Frühjahrsblütenhonig der Firma Langnese ohne das GOX-Siegel [9] verglichen.


Experiment 1: Nachweis von Wasserstoffperoxid in zwei Honigsorten mit Titanylsulfat

Geräte: Reagenzgläser, destilliertes Wasser, herkömmlicher Honig und GOX-Honig, Tropfpipetten, Wasserstoffperoxidlösung (w=3%) (GHS07), Titanylsulfat (GHS05), Waage.

Durchführung: Man bereitet je eine wässrige Lösung mit jeweils 1g Honig im Reagenzglas vor.
Titanylsulfat TiOSO4 · H2O (w = 1 %) in Schwefelsäure (c = 2 mol/L) lösen.
Pro Honigsorte ergänzt man 3-4 Tropfen Titanylsulfatlösung.

Ergebnis:

Bild 3: Zwei Honigsorten mit Titanyloxid im Vergleich.
Von links nach rechts: Titanyloxid mit herkömmlichem Frühlingsblütenhonig, Titanyloxid mit einem Tropfen Wasserstoffperoxidlsg., Titanyloxid mit GOX Honig, reine Titanyloxidlösung.
(Foto: Schorn)

Man erkennt eine schwache Gelbfärbung im dritten Reagenzglas von links. Diese Färbung zeigt den geringen Anteil an Wasserstoffperoxid in der Lösung an. Bei dem herkömmlichen Honig ist keine Verfärbung mit Titanyloxid zu beobachten.

Eine weitere Möglichkeit zum Nachweis von Wasserstoffperoxid besteht darin das Oxidationsmittel Kaliumpermanganat wie folgt einzusetzen.

Kaliumpermanganat ist deshalb so gut für den Nachweis von Wasserstoffperoxid geeignet, da bei der Reduktion des Mangans vom Permanganat-Ion (Oxidationszahl +VII) zum Mangan-Ion (Oxidationszahl +II) eine Entfärbung stattfindet.


Experiment 2: Nachweis von Wasserstoffperoxid in zwei Honigsorten mit Kaliumpermanganat

Geräte: Reagenzgläser, destilliertes Wasser, herkömmlicher Honig und GOX-Honig, Tropfpipetten, Maßlösung c(KMnO4) = 0,4 mmol/L.

Durchführung: Man bereitet je eine wässrige Lösung mit jeweils 1 g Honig im Reagenzglas vor.

Bild 4: Wässrige Lösungen.
Von links nach rechts: Kaliumpermanganatlösung, 1 g herkömmlicher Honig mit Wasser, 1 g GOX-Honig mit Wasser.
(Foto: Schorn)

Pro Honigsorte ergänzt man 3-4 Tropfen der Maßlösung mit Kaliumpermanganat.

Bild 5a: Honigsorten mit Kaliumpermanganatlösung.
Von links nach rechts: Kaliumpermanganatlösung, herkömmliche Honiglösung mit Kaliumpermanganatlösung, GOX-Honiglösung mit Kaliumpermanganatlösung.
(Foto: Schorn)

Mit einem Stopfen die Lösungen in den beiden Reagenzgläsern gut vermischen.

Bild 5b: Honigsorten mit Kaliumpermanganatlösung gut vermischt.
Von links nach rechts: Kaliumpermanganatlösung, herkömmliche Honiglösung mit Kaliumpermanganatlösung, GOX-Honiglösung mit Kaliumpermanganatlösung.
(Foto: Schorn)

Ergebnis:
Die Entfärbung beim GOX-Honig läuft innerhalb weniger Sekunden ab und ist mit dem Vermischen schon abgeschlossen. Beim herkömmlichen Honig bleibt die Färbung länger erhalten. Bei der erstmaligen Zugabe von Kaliumpermanganat erfolgt die Entfärbung aufgrund des vorhandenen Wasserstoffperoxids in GOX-Honig.

Hinweis:
Hinweis: Auch bei dem herkömmlichen Honig findet nach längerer Zeit eine Entfärbung der Kaliumpermanganatlösung statt. Das liegt daran, dass die in jedem Honig vorhandene Glucose von dem Oxidationsmittel Kaliumpermanganat ebenfalls zu Gluconsäure oxidiert wird. Diese Entfärbung läuft bei der weiteren Zugabe von Kaliumpermanganatlösung sogar bei beiden Honigsorten immer schneller ab. Das liegt an den entstehenden Mangan-Ionen die bei der Oxidation von Glucose als Katalysator wirken. Gibt man fortlaufend Kaliumpermanganatlösung hinzu entsteht immer mehr Katalysator und die Oxidation der Glucose läuft immer schneller ab. Solch einen Prozess nennt man Autokatalyse und kann hier näher betrachtet werden.

Wie man an den Färbungen mit Titanyloxid und besonders bei der Entfärbung von Kaliumpermanganat erkennen kann, lassen sich Unterschiede zwischen herkömmlichen Honigsorten und GOX-zertifizierten Honigen einfach nachweisen.


Warum kann man in herkömmlichen Honigsorten kein Wasserstoffperoxid nachweisen?
Die Lizenzbedingungen zu dem Zertifikat der Firma Amplab enthält folgenden Hinweis zur Lizenzdauer:

„Die Lizenz und damit das Nutzungsrecht des GOX-Siegels erlischt mit Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums des mit dem spezifischen GOX-Siegel ausgezeichneten Produkts. Hiermit wird dem Sachverhalt des langsamen Zerfalls von Enzymen in Honig Folge geleistet, um eine falsche Kennzeichnung zu vermeiden.“ [7].

Die Zerfallsgeschwindigkeit des Enzyms Glucoseoxidase hängt sehr stark von der Lagerungstemperatur des Honigs ab. Außerdem konnte nachgewiesen werden, dass Licht die im Honig enthaltenen Enzyme zersetzt [10], sodass man Honig stets dunkel und kühl lagern soll. Wird dies bei der Verarbeitung und Lagerung des Honigs nicht beachtet, so verliert er seine GOX-Aktivität und damit seine heilende Wirksamkeit bei Halsschmerzen.

Darin besteht übrigens auch der entscheidende Vorteil des Manuka-Honigs. Der dortige Inhaltsstoff Methylglyoxal ist weniger wärme- und temperaturempfindlich.

Wer aber seinen einheimischen deutschen Honig von einer vertrauensvollen Imkerei erhält, die ihren Honig nicht durch Wärmebehandlung oder Lichtlagerung seiner GOX-Aktivität beraubt, der sollte sich jetzt schon einen Vorrat für die kalte Jahreszeit anlegen. Die nächsten Halsschmerzen kommen bestimmt.


Quellen:
[1] http://apitherapy.com/apitherapy-data-base/apitherapy/diseases-that-can-be-treated-through-apitherapy/ (abgerufen am 16.10.2019)
[2] Elvira Mavric, Silvia Wittmann, Gerold Barth and Thomas Henle; Identification and quantification of methylglyoxal as the dominant antibacterial constituent of Manuka (Leptospermum scoparium) honeys from New Zealand; Mol. Nutr. Food Res. 2008, 52, 000 – 000; 2008 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim
[3] Mavric, Elvira; Argininderivatisierung und 1,2-Dicarbonylverbindungen in Lebensmitteln; Dissertation der TU Dresden, 9.2.2006;
[4] https://umfhawordpress.azurewebsites.net/ (abgerufen am 17.10.2019)
[5] Christopher J. Adams, Merilyn Manley-Harrisa, Peter C. Molan: The origin of methylglyoxal in New Zealand manuka (Leptospermum scoparium) honey; In: Carbohydrate Research. 344(8), 2009, 1050-3.
[6] Bao J., Furumoto K., Yoshimoto M., Fukunaga K. und Nakao K. 2003 Competitive inhibition by hydrogen peroxide produced in glucose oxidation catalyzed by glucose oxidase Biochem. Engine. J. 13, 69–72.
[7] http://www.amplab.de/docs/2018_11_21_Gox-Lizenzbedingungen.pdf (abgerufen am 18.10.2019)
[8] http://www.imkerei-fischermuehle.de/ (abgerufen am 18.10.2019)
[9] https://langnese-honig.de/blog/product_series/flotte-biene/ (abgerufen am 25.11.2019)
[10] J.H.Dustmann; Über den Einfluss des Lichtes auf den Peroxid-Wert (Inhibin) des Honigs; Z. Lebensmitteluntersuchungen u. -Forschung; Band 148, Heft 5, 1972


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Letzte Überarbeitung: 30. November 2019, Fritz Meiners