Wüste in Dubai (Foto: Judith Brixel)

Vom Umgang mit großen Zahlen

Wenn Chemiker arbeiten und über chemische Reaktionen nachdenken, stellen sie sich kleinste Teilchen (Atome, Moleküle, Ionen) vor, die einander anstoßen und miteinander reagieren.

Dass hinter ihren chemischen Reaktionsansätzen eine riesige Anzahl der Teilchen steht, unterschlagen die Chemiker dabei einfach. Es ist ja für sie auch nicht wichtig, an jedes einzelne zu denken. Sie gehen mit der hohen Teilchenzahl problemlos um, denn sie haben den Molbegriff erfunden. Ein Mol steht für eine große Anzahl von Teilchen, nämlich

6 · 1023

Das ist ausgeschrieben eine 6 mit 23 Nullen dahinter, also

600 000 000 000 000 000 000 000

In Worten: Ein Mol ist die abkürzende Bezeichnung für 6 Hundert Tausend Millionen Millionen Millionen Teilchen oder kurz gesagt 600 Trilliarden Teilchen.
Diese 600 Trilliarden Teilchen sind in derjenigen Stoffportion enthalten, die der Molmasse entspricht - zum Beispiel H2O-Moleküle in 18 g Wasser.

Das ist eine Größenordnung, die man sich nicht mehr vorstellen kann. Überhaupt ist das so eine Sache mit den großen Zahlen. Mit denen werden wir ja täglich konfrontiert.

Wer macht zum Beispiel unseren Politikern, die mit den Euro-Milliarden nur so um sich werfen, einmal Folgendes klar?
1000 Euro entsprechen einem etwa 1 mm hohen Stapel aus zehn 100-Euroscheinen. Eine Million Euro in 100 Euro-Scheinen ist schon ein 1 m hoher Stapel. Eine Milliarde bildet bereits einen 100 Euro-Stapel von 1 km Höhe! Fragt man einen Politiker danach, dann ist er erstaunt. Menschen denken hierbei nämlich immer nur an den Faktor 10 - nicht Tausend!

Der Chemiker denkt ebenfalls nicht an die großen Zahlen. Er tut vielmehr so (wenn er z. B. ein Mol Salzsäure mit einem Mol Natronlauge reagieren lässt), als sei ein Mol das Gleiche wie ein einzelnes Teilchen. Ob ich nun an ein Teilchen denke, an 10 oder an 6 · 1023 - das ist im Prinzip alles das Gleiche. Im letzteren Fall kann ich alles nur besser abwiegen. Denn ein einzelnes Teilchen wiegt nur etwa 10-24 g!

Kann man zur besseren Vorstellbarkeit dieser ungeheuren Zahl an Teilchen, die in einem Mol enthalten sind, irgendeinen Vergleich finden?

Ein Wissenschaftler in Australien hat ausgerechnet, wie viele Sterne es im All gibt. Er kam auf 70 Trilliarden (oder 70 Tausend Millionen Millionen Millionen). Diese Zahl ist ausgeschrieben eine 7 mit 22 Nullen. Er teilte mit, dass es damit im Weltall mehr Sterne gibt als Sandkörner an den Stränden und in den Wüsten der Erde.

Da kann ein Chemiker nur lächeln: In seinen Retorten gebietet er über weit mehr Teilchen: Allein in einem "molaren" Ansatz sind schon fast zehn Mal mehr Teilchen enthalten als Sterne im Weltall!


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Letzte Überarbeitung: 22. April 2007, Dagmar Wiechoczek