Aus der Geschichte: Wasser ist kein nasses Element

Experimente:
Die Wassersynthese: Verbrennen von Wasserstoff
Versuch: Glühendes Eisen reagiert mit Wasser
Versuch: Heißes Magnesium zersetzt Wasser


Man spricht gern vom Wasser als dem "nassen Element". Oder man sagt: "Der Frosch fühlt sich wohl in seinem Element". Das ist nach unserer modernen Begrifflichkeit falsch. Aber bis zu Beginn des 18. Jahrhunderts nahm man an, dass Wasser eines der alten Elemente des Mittelalters war: Luft, Erde, Feuer und Wasser.
Diesen Elementen wurden jeweils zwei Eigenschaften zugeordnet, die sie mit den benachbarten Elementen gemeinsam hatten. Das zeigt das folgende Bild.

Die vier "alten Elemente"
(Quelle: Cornelsen)


Zum Element Erde rechnete man alles, was fest war, also auch Oxide (die "Erden"), Metalle, Holz und Salz.
Alle Flüssigkeiten wurden unter dem Begriff Wasser zusammengefasst. Aqua vitalis zum Beispiel war Alkohol (daher Aquavit ), Salpetersäure war das Scheidewasser (in Frankreich eau fort, starkes Wasser).
Alle Gase bezeichnete man als Luft. Es gab die vitriolische Luft (Schwefeloxide) und brennbare Luft (air inflammable, Wasserstoff). Die erstickende Luft waren Kohlenstoffdioxid oder Stickstoff. Die zu atmende Luft (air respirable) war Sauerstoff.
Die gängige Lehrmeinung war, dass man alle Stoffe aus diesen "Elementen" herstellen konnte. Dazu brauchte man die "Elemente" nur in unterschiedlicher Art und Weise miteinander zu mischen und reagieren zu lassen. Da ließ sich auch das Feuer als freiwerdende oder zuzuführende Energie zwanglos einordnen. Das Wissen darüber hüteten die Alchimisten. Speziell beim Wasser versuchten sie lange Zeit, den Zusammenhang mit dem Element Erde zu beweisen. So stellten sie fest, dass nach dem Verdampfen sehr großer Mengen von reinem Wasser Sand in den benutzten Gefäßen gefunden wurde. Analytisch begabte Forscher ermittelten jedoch bald, dass dieser "Sand" die gleiche Zusammensetzung hatte wie das Glas, in dem das Wasser destilliert wurde, und deshalb als Verunreinigung anzusehen war.

Erst dem Franzosen A. L. Lavoisier, dem Begründer der modernen Chemie und Entdecker der Rolle des Sauerstoffs, gelang es, durch saubere wissenschaftliche Methodik das Wasser als das zu entlarven, was es wirklich ist, nämlich ein Oxid. Sein experimentelles Vorgehen hatte allerdings eine Vorgeschichte.
Vorausgegangen waren Cavendish´s Untersuchungen. Er erkannte 1783, dass bei der Verbrennung der air inflammable Wasser entstand. Der Franzose Monge teilte diese lange umstrittene Idee und sprach darüber mit seinen Freunden Lavoisier und Laplace. Alle drei schlossen in langen Diskussionen aus Cavendish´s Arbeiten, dass Wasser eine Verbindung (zusammengesetzter Körper ) aus der brennbaren Luft (air inflammable) und aus der zu atmenden Luft (air respirable) sein musste. Wie konnte man das beweisen?
Um das weitere Vorgehen von Lavoisier zu verstehen, muss man wissen, dass er sich von folgender Beobachtung inspirieren ließ.
Es war schon lange bekannt, dass Wasser mit Eisen reagierte. Das wussten zum Beispiel die Schmiede, die glühendes Eisen durch Eintauchen in Wasser abschreckten, um es dadurch zu härten. Dabei bildete sich ein Überzug von sprödem Eisenoxid (-> Versuch). Die Zusammensetzung des Eisenoxids kannte man. Es ist eine Verbindung aus Eisen und Sauerstoff.

Die Reaktion zwischen Eisen und Wasser mit der Folge der Oxidbildung wollte Lavoisier 1784 genauer untersuchen. Zu Recht meinte er, dass er auf diese Art und Weise mehr über die Natur des Wassers erfahren könnte.
Dazu nutzt er ein für damalige Zeiten bemerkenswertes Experiment. Lavoisier ließ einen eisernen Flintenlauf, der zusätzlich noch mit kleingehackten Eisennägeln gefüllt war, in einem Ofen erhitzen. Sobald das Eisenrohr glühte, leitete Lavoisier Wasserdampf durch das Rohr. Das austretende Gas fing er - wie wir es heute auch noch machen - über Wasser auf.

Apparatur von Lavoisier
(Quelle: [12])


Nach dem Abkühlen stellte er fest, dass aus dem Eisen braunschwarzes Eisenoxid geworden war. Das farblose Gas erwies sich als brennbar; es war die air inflammable, also Wasserstoff.
Lavoisier schloß daraus, dass folgende Reaktion abgelaufen sein musste:

Eisen + Wasser ———> Eisenoxid + Wasserstoff

Also musste der Wasserstoff zuvor mit dem Sauerstoff, den nun das Eisen übernommen hatte, verbunden gewesen sein. Deshalb lag es nahe, das Gas mit Sauerstoff zu mischen und zu zünden. Das tat Lavoisier tatsächlich. Es muss ganz schön gerumst haben, denn er hat wohl die erste bewusst ausgelöste Knallgasreaktion erlebt.
Lavoisier stellte dabei fest, was er bei der Planung des Experiments vermutet hatte, nämlich dass dabei Wasser entstanden war. Damit war klar erwiesen, dass Wasser kein Element war, sondern eine Verbindung, nämlich das Oxid des Wasserstoffs.
Lavoisier nannte übrigens das Gas, das sich mit dem Sauerstoff verbunden hatte, Hydrogenium (griech. Wassererzeuger).

Heute macht man einen analogen Versuch in der Schule. Nur benutzt man im Allgemeinen statt des Eisens das besser reagierende Magnesium.


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Literatur


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Letzte Überarbeitung: 30. April 2010, Dagmar Wiechoczek