Warum Neutralisationsreaktionen so rasch verlaufen

Neutralisationsreaktionen gehören zu den schnellsten Reaktionen, die wir kennen. Das liegt daran, dass hierbei Protonen und OH--Ionen nicht zueinander diffundieren müssen, sondern ein einfacher "Bindungs-Klappmechanismus" für hohe Geschwindigkeiten sorgt.

Die Reaktionsgleichung ist bekanntlich:

Ein Oxonium-Ion reagiert mit einem Hydroxid-Ion unter Bildung von Wassermolekülen. Was läuft aber wirklich ab?

Im flüssigen Wasser sind die Wassermoleküle untereinander durch Wasserstoffbrücken verbunden. Dadurch bilden sich hochgeordnete, regelrecht kristalline Bereiche aus.
Geben wir HCl-Gas oder eine andere Säure dazu, so entstehen positive Ladungen, Protonen. Und die können sich plötzlich ganz weit weg vom eigentlichen Ort der Dissoziation befinden. Der Grund ist eine Ladungsverschiebung längs einer Wasserstoffbrückenstruktur in Richtung auf das Säuremolekül oder das Proton. Wir sprechen auch vom "Umklappen" der Bindungen.

Nun verstehen wir auch, was sich hinter dem Begriff Hydronium-Ion verbirgt: Er wird manchmal synonym zu "Oxonium-Ion" benutzt, steht aber symbolhaft für einen großen Ladungstransport-Cluster wie [H3O+ · 3 H2O].

Lösen wir dagegen Natriumhydroxid im Wasser, so wird die Umklapprichtung der Wasserstoffbrücken umgekehrt, also vom "erregenden" Molekül OH- weg.

Es wird deutlich, dass die beiden Umklappmechanismen auch von der Ladungsverteilung in der Lösung abhängen müssen. Befindet sich aufgrund eines OH--Ions irgendwo eine negative Ladung, so klappen die Bindungen so, dass in diese Richtung eine positive Ladung transportiert wird. Und umgekehrt. Deshalb erfolgen die Neutralisationsreaktionen so rasch!

Anstelle von Wassermolekülen können auch die Moleküle schwacher Säuren bzw. deren Anionen oder Moleküle wie Ammoniak bzw. Ammonium-Ionen die H-Brücken zum Umklappen bewegen. Dahinter steckt das Brönsted-Säure/Base-Konzept.


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Letzte Überarbeitung: 05. Juni 2001, Dagmar Wiechoczek