Trinkwassergewinnung

Trinkwasser ist das am stärksten überwachte Lebensmittel überhaupt.

Es gibt verschiedene Wege, Trinkwasser zu produzieren.
Früher entnahm man es vor allem den Oberflächengewässern. Das tut man auch heute noch - weltweit wohl am meisten. Aber es muss natürlich sauber sein. Dann kann es sogar aus Seen gewonnen werden. Tiefenwasser aus dem Bodensee leitet man über lange Rohrleitungen in den Stuttgart-Heilbronner Großraum. Man kann auch Talsperrenwasser nutzen.
Aber auch Flüsse waren früher so sauber, dass man das Wasser bedenkenlos trinken konnte. Damals reichte die (biologische) Selbstreinigungskraft aus, Wasser von Trinkwasserqualität herzustellen. Immer mehr Menschen benötigen immer mehr Wasser. Parallel dazu entwickelt sich eine gute Klärtechnik, denn immer mehr Menschen verschmutzen auch immer mehr Wasser. Es hat lange gedauert, bis man den Zusammenhang verstand. Es hat auch eine Menge Opfer gekostet, so noch nach 1900 bei der Cholera-Epidemie von Hamburg.
Am saubersten ist natürlich das Grundwasser. Quellwasser gilt deshalb immer noch als der Inbegriff des Sauberen. Aber das ist schon lange vorbei. Denn mittlerweile gelangen viele Schadstoffe ins Grundwasser, wozu Pestizide, Chlorierte Kohlenwasserstoffe und Treibstoffreste gehören. Trinkwasser wird deshalb einer genau vorgeschriebenen Qualitätskontrolle unterzogen. Schadstoffe müssen entfernt werden. Immerhin werden über 70 % unseres Trinkwassers auf diese Art gewonnen!
Von besonderer Bedeutung sind auch Uferfiltrate, die vor allem im Rheingebiet genutzt werden. Hierzu bohrt man Brunnen neben Flussbetten. Das Wasser sickert von da aus über mehrere Monate in die Brunnen. Dabei hat es Zeit, viele seiner Verunreinigungen abzugeben oder abzubauen.

Das primär gewonnene Wasser kann nur selten sofort genutzt werden, sondern muss zuvor aufgearbeitet werden, wobei es natürlich je nach Qualität unterschiedliche Verfahren gibt.
Zunächst wird es durch Filteranlagen geleitet. Normalerweise reichen Sand und Kies aus, um Schwebestoffe wie zum Beispiel Tonmineralien zu entfernen. Man kann sie auch durch Flockungshilfsmittel entfernen.
Saures oder kalkarmes, das heißt zu weiches Wasser leitet man über ein Bett von Calciumcarbonat (Marmorstücke). Dabei reichert es sich, wenn es ausreichend CO2 gelöst enthält, mit Calcium-Ionen an.

CaCO3 + H2O + CO2 ———> Ca2+ + 2 HCO3-

Diese beiden Schritte sind die einzigen, die bei normalem Grundwasser notwendig sind.
Schlecht ist es jedoch, wenn unpolare Stoffe wie Lösemittel enthalten sind. Dann muss eine besondere Reinigung mit Aktivkohlefiltern vorgenommen werden. Das verteuert das Trinkwasser sehr - eine Ursache für die regional stark unterschiedlichen Trinkwasserpreise. Andere Verfahren arbeiten zum Abbau von organischen Stoffen mit Ozon. Organische Verbindungen und Humusstoffe können auch mikrobiologisch abgebaut werden. Zur Behandlung von mit Nitrat belastetem Wasser haben wir eine eigene Webseite eingerichtet.
Vor allem Oberflächenwasser und Uferfiltrat muss im Allgemeinen desinfiziert werden, um bakteriologisch einwandfreies Trinkwasser zu erhalten. Statt Chlor nimmt man dazu heute lieber Chlordioxid. Denn Chlor bildet mit Phenol Verbindungen, Chlorphenole, die einen wesentlich stärkeren Geruch aufweisen als Phenol selbst. Außerdem ist bei Einsatz von Chlor die Bildung von toxischen Trihaloformen CHHal3 aus Huminstoffen nachgewiesen worden. Kleinere Wassermengen werden auch durch UV-Bestrahlung keimfrei gemacht.

Insgesamt ist die Trinkwasseraufbereitung eine umfangreiche Prozedur, die gesetzlich genau geregelt ist. Kein Wunder, dass Trinkwasser immer teurer wird!


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Letzte Überarbeitung: 22. März 2006, Dagmar Wiechoczek