1 Schwermetalle im Überblick

Schwermetalle belasten Boden, Wasser und Luft und reichern sich in Umwelt und Lebewesen immer mehr an. Der Grund hierfür ist, dass Schwermetalle keinem Abbau unterliegen und im Allgemeinen im Boden und im Organismus recht fest gebunden sind, also hoch persistent sind. Da sie primär aus festen Ablagerungen, also aus der Bodenzone in die anderen Medien gelangen, sollen sie hier besprochen werden.

Trotz der Bedenken kann man auf Schwermetalle noch nicht verzichten. Sie spielen insbesondere bei den folgenden technischen Anwendungen eine wichtige Rolle:

- Elektrotechnik
Herstellung von elektrischen Leitern, Trockenbatterien und Akkumulatoren. Hier sind besonders Blei, Quecksilber, Cadmium und Nickel, aber auch die weniger giftigen Metalle Zink und Mangan zu nennen.
- Korrosionsschutz
Feuerverzinken, galvanische Überzüge (Cadmieren, Verzinken, Verkupfern, Verchromen), Rostschutzfarben wie Mennigesuspension.
- Lampenfüllstoffe
Phosphoreszenzpigmente in Leuchtstoffröhren (z. B. Zinksulfid, in alten Lampen auch noch Cadmiumverbindungen), UV-Lampen mit Quecksilberdampffüllung. Als ganz besonders nachteilig werden sich langfristig die so genannten Energiesparlampen erweisen. Obwohl man sie im Volksmund als „Öko-Lampen“ bezeichnet, sind sie alles andere als ökologisch nachhaltig, denn es ist dem Verbraucher kaum zu vermitteln, dass er lange Wege zu einem „Wertstoffhof“ zurücklegen und dann noch anstehen soll, um defekte Lampen vorschriftsmäßig zu entsorgen. Folglich landen diese Lampen zum größten Teil einfach im Müll.

Handwerker haben eine Ökolampe in unseren Hausmüll entsorgt
(Foto: Blume)

- Pigmentfarben
Schwerlösliche farbige Verbindungen, vermischt mit Leinöl oder anderen Dispersionsmitteln.
- Bestandteile von Legierungen
Quecksilber in Amalgamen, Blei in niedrigschmelzenden Legierungen, Cadmium in Loten, Kupfer in Messing (u. v. a. m.).
- Siccative
Cobalt-Naphthenat in Linoleum.
- Stabilisatoren von Kunststoffen
Cadmium- und Blei-Salze


1.1 Giftwirkung von Schwermetallen

Bis auf wenige Ausnahmen sind alle Schwermetalle bzw. ihre Verbindungen mehr oder weniger umweltschädigend. Dies gilt auch für scheinbar so harmlose Metalle wie Cobalt und Nickel, deren Salze und Oxide allergen und vielleicht sogar cancerogen sind. Chrom(VI)-Verbindungen, die Chromate, sind cancerogen. Aber auch Chrom(III)-Verbindungen können bei längerer Einwirkung Allergien auslösen. Eisen(III)-Ionen sind aprotische Säuren.

Die Angriffspunkte im Stoffwechsel sind hauptsächlich Enzyme und Membranproteine. Deren katalytische Wirksamkeit hängt besonders von den in Abb. 1 dargestellten funktionellen Gruppen ab. So ist die Imidazolgruppe, Rest der Aminosäure Histidin, am Aufbau der aktiven Zentren von Lipasen und Proteasen beteiligt.


Abb. 1: Funktionelle Gruppen in aktiven Zentren von Enzymen

Typisch für die giftigen Schwermetall-Ionen ist, dass sie gerade mit diesen Gruppen sehr stabile Verbindungen, Sulfide und Komplexe bilden können. Damit wird die Bedeutung von Schwermetallen, die aus Mülldeponien in die oberen Bodenschichten gelangen, bei der Bodenzerstörung deutlich.

Da Protein-Schwermetallverbindungen sehr stabil sind, häufen sich Schwermetalle im Körper zunehmend an. Sie sind deshalb hochpersistente Summationsgifte, die vorrangig Nieren und Leber sowie die Nervensysteme schädigen.

Die meisten Lebensformen haben im Verlauf der Evolution gelernt, begrenzte Mengen von Schwermetallen zu tolerieren. So sind manche in größeren Konzentrationen giftige Schwermetalle aufgrund ihrer katalytischen Fähigkeiten sogar zu unentbehrlichen Spurenelementen geworden. Bei Kupfer-, Zink-, Mangan-, Cobalt- oder Molybdänmangel kommt es sogar zu schwersten Stoffwechselstörungen.

Eisen ist sogar ein Schwermetall von hoher biologischer Bedeutung, da es ohne toxisch zu wirken in hohen Konzentrationen vorliegen und zugleich viele Katalyse- und Transportfunktionen übernehmen kann. Herausragend ist seine Mitwirkung bei biologischen Redoxreaktionen (Atmungskette). In letzter Zeit wird allerdings die mögliche Toxizität von Eisen-Ionen diskutiert. So sind Fe3+-Ionen starke Radikalbildner, Oxidationsmittel und Protonensäuren. Dies ist in neutralem Wasser kein Problem, da hier Eisen-Ionen in schwerlöslichen Verbindungen (Hydroxide) vorliegen. Mit zunehmender Versauerung der Gewässer wird auch dieses Metall als Ion mobilisiert. Lies hierzu die Webseite Wasser und Sauerstoff bestimmen das Wohlbefinden (Redoxpotential) unserer Umgebung.

Edlere Schwermetalle wie Silber, Gold oder Platin sind nicht giftig. Der Grund ist folgender: Primär sind nicht die Schwermetallatome giftig, sondern nur deren Ionen. Ionen von Edelmetallen haben eine so hohe Tendenz, Elektronen aufzunehmen, da sie in lebenden Organismen sofort zu unwirksamen Metallatomen reduziert werden und die zur Giftwirkung notwendige Ionenkonzentration gar nicht erreicht wird. In hohen Konzentrationen ist allerdings auch Silbernitrat giftig. So wurde es früher in der Medizin als Mittel zur Desinfektion der Augen von Neugeborenen eingesetzt (Syphilisprophylaxe). Wegen seiner ätzenden Wirkung nannte man es Höllenstein.


1.2 Recycling von Schwermetallen

Das Recycling von Schwermetallabfällen wird häufig immer noch nicht als lohnend angesehen. Hierzu tragen in den meisten Fällen relativ geringe Rohstoff- bzw. Herstellungskosten bei (Ausnahme: Cadmium). Außerdem ist die Masse der eingesetzten Schwermetalle im Vergleich zur Masse des Werkstücks im Allgemeinen sehr gering, da diese häufig nur als Überzüge oder als Legierungsbestandteile dienen. Ähnliches gilt für Batterien oder quecksilberhaltige Thermometer: Hier hat es der Verbraucher von vornherein mit scheinbar handlichen Wegwerfpackungen zu tun. Damit gelangen die Schwermetalle nach Gebrauch meistens in Toiletten, Müllverbrennungsanlagen oder auf Mülldeponien. Spuren gelangen aber auch in Abwässer.

Für Altakkumulatoren ist eine ausgefeilte Recyclingtechnologie entwickelt worden.


1.3 Müllverbrennung und Schwermetalle

Bei der Müllverbrennung herrschen aufgrund des hohen Anteils an organischem Material und wegen des Sauerstoffmangels Bedingungen, unter denen viele Schwermetallverbindungen reduziert werden. Bedingt durch den niedrigen Siedepunkt besonders der giftigsten Schwermetalle und die Flüchtigkeit von Cadmiumoxid sind die Rauchgase der Müllverbrennungsanlagen extrem belastet und müssen durch aufwendige Filteranlagen gereinigt werden. Die dabei erhaltenen Flugaschen und Filterstäube werden (soweit sie nicht zur Schwermetallrückgewinnung dienen) auf Sondermülldeponien gebracht.

Dagegen können die verschlackten Verbrennungsrückstände als Straßenbaumaterial eingesetzt werden. Der Grund hierfür ist, dass sie frei von flüchtigen Schwermetallen sind und die anderen Metalle (wie Blei) in äußerst resistenten, glasartigen Verbindungen vorliegen.


1.4 Mülldeponien und Schwermetalle

Mülldeponien belasten besonders Böden, angrenzende Oberflächengewässer und das Grundwasser. Aus Batterie-, Akku-, Farb- und Kunststoffabfällen werden große Mengen an konzentrierten Schwermetallsalzlösungen freigesetzt, die eine Ursache der Grundwasservergiftungen sind. Normalerweise reicht die Bindefähigkeit des Bodens bei niedriger Schwermetallkonzentration aus, um wie ein Ionenaustauscher das Grundwasser zu schützen. Bei zu hoher Belastung ist die Austauschkapazität des Bodens rasch erschöpft, und Schwermetall-Ionen gelangen ins Grundwasser. Gleiches gilt bei Kontakt mit saurem Regenwasser, bei dem Protonen die Schwermetall-Ionen verdrängen.
Problematisch ist die bakterielle Bildung von Methylquecksilber, einem nervenschädigenden Gas: Hg(CH3)2.


1.5 Ufersedimente und Schlämme. Wurzelraumentsorgung

Die Tendenz zur Mercaptid- sowie zur Komplexbildung ist auch Grundlage für die Anreicherung von Schwermetallen in Komposten, Klärschlämmen, Fluss- sowie Ufersedimenten und H2S-haltigen Faulschlämmen. Vor allem mit Huminsäuren werden stabile Komplexe gebildet. Da hiervon auch Spurenelemente wie Cu, Zn, Mo, Co, Fe und Mn betroffen werden, beobachtet man entsprechende Mangelerscheinungen bei Pflanzen und Tieren besonders häufig in moorigen Gebieten.

Wurzelraumentsorgung
In diesem Zusammenhang ist das Prinzip der Wurzelraumentsorgung zu erwähnen. Bei diesem Verfahren leitet man die Abwässer von Gewerbe oder Wohnsiedlungen in ein Feuchtigkeitsbiotop mit viel Schilf und anderen Uferpflanzen (wie z. B. in Bielefeld). Die Abwässer enthalten große Mengen an Stickstoff- und Phosphorverbindungen, so dass das Schilf ausreichend gedüngt wird. Bakterien, Algen und andere Mikroorganismen zersetzen in diesem Bereich Fäkalien und andere organische Abfälle zu Huminsäuren, bauen zusätzlich eigene Biomasse auf und binden diese Stoffe unter der Bildung von neuen Sedimenten, welche sich zu Böden verfestigen. Die Gewässer dürfen nicht so tief sein, da sie "umkippen" können.

Beim bakteriellen Abbau des Wurzelraumsediments (wie auch von Ufersedimenten, Kompost oder Faulschlämmen) werden die Schwermetalle allerdings wieder mobilisiert.

Gleiches wird auch für die Phosphatersatzstoffe EDTA und NTA diskutiert, die als starke Komplexbildner Schwermetalle aus ihren Sedimenten herauslösen und zu einer Gefahr für das Wasser machen.


Abb. 2: Räumlicher Aufbau eines EDTA-Komplexes

Heute rückt man von dem Verfahren der Wurzelraumentsorgung wieder ab, da sich gezeigt hat, dass der anhaltende Schadstoffeintrag in die Rieselfelder zur Anreicherung in Boden und Grundwasser sowie zur Belastung benachbarter Oberflächengewässer führt. Wegen der hohen Bodenbelastung ist auch eine spätere landwirtschaftliche Nutzung nicht mehr ohne weiteres möglich.

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Letzte Überarbeitung: 15. Juni 2011, Dagmar Wiechoczek