7 Exemplarische Recyclingverfahren [3, 28]

An dieser Stelle soll auf weniger bekannte Beispiele von Recycling eingegangen werden, um das ganze Spektrum der Möglichkeiten zu verdeutlichen. Andere gängige Recyclingverfahren sind in den vorangegangenen Abschnitten angesprochen worden.


Recycling von Fritteusenfett
Fette altern und verderben durch Hydrolyse, durch Oxidationsreaktionen und Polymerisation. Das Problem beobachtet man besonders beim Garen von wasserhaltigen Lebensmitteln im schwimmenden Fett. Frittierfett hat man früher im Allgemeinen in den Müll oder in die Toiletten entsorgt.

Da gebrauchte Frittierfette noch überwiegend die ursprünglichen Triglyceride und nur geringe Anteile von Verunreinigungen und Umwandlungsprodukten enthalten, ist ein Recycling mit dem Ziel der Gewinnung der reinen Fette oder von Folgeprodukten lohnend. Die Verwendung gereinigter Altfette zur Herstellung von Lebensmitteln ist in der BRD gesetzlich verboten. Sie dürfen aber beispielsweise zur Produktion von Tierfutter eingesetzt werden.

Zunächst werden die geschmolzenen Fette heiß filtriert. Die weitere Reinigung des in Benzin gelösten Frittierfetts erfolgt durch Adsorption von Verunreinigungen an Kieselgel. Dabei werden polare Stoffe wie z. B. Carbonsäuren sowie hochmolekulare, meist dunkelfarbige Verunreinigungen adsorbiert.

Die so gereinigten Fette dienen als Rohstoff für die chemische Industrie. Hierbei werden neben frischen Fetten und Ölen Abfallfette (sowohl gebrauchte Frittierfette als auch Fette aus der Tierkörperverwertung) herangezogen. Das wohl bekannteste und bereits seit Jahrhunderten angewandte Verfahren der chemischen Umwandlung von Fetten ist die Gewinnung von Fettsäuren (bzw. Fettsäuresalzen, den Seifen) und Glycerin. Die Fettsäuren werden zur Herstellung von Tensiden, pharmazeutischen Produkten, Lackrohstoffen und Kunststoffen, Textilhilfsmitteln, Kosmetika und Schmierfetten benötigt. Für das Glycerin besteht ebenfalls eine große Palette von Verwendungsmöglichkeiten.


Recycling von gebrauchten Motorenölen (Altöle)
Altöl verunreinigt sehr leicht Böden sowie das Oberflächen- und Grundwasser. Für ein Recycling gebrauchter Altöle sprechen aber nicht nur Gründe des Umweltschutzes. Gebrauchte Motorenöle enthalten noch überwiegend die wertvollen Ölinhaltsstoffe (verzweigte und cyclische Paraffine), so dass sich auch aus ökonomischen Gründen ein Recycling lohnt.

Die Eigenschaften von Altöl sind:

Das klassische und über Jahrzehnte ausschließlich angewandte Verfahren zum Recycling von Altöl ist der Schwefelsäure- Bleicherde-Prozess. Hierbei werden zunächst Verunreinigungen wie Alkene durch die Zugabe von konzentrierter Schwefelsäure sulfoniert und polymerisiert, Aromaten werden in Sulfonsäuren überführt. Diese Verbindungen sind im Öl nicht löslich und bilden zusammen mit der nicht umgesetzten Schwefelsäure eine schwarze, zähflüssige Masse, den sog. Säureteer, welcher abgetrennt und im Allgemeinen zur Gewinnung von Prozesswärme verbrannt wird. Das zurückbleibende Säureöl wird neutralisiert, mit Bleicherde adsorptiv von weiteren Verunreinigungen befreit und destilliert. Die so erhaltenen Grundöle werden wieder mit Additiven versetzt und als neuwertige Motorenöle verkauft.

Beim Säure-Bleicherde-Verfahren entstehen jedoch mit den Säureteeren und den verunreinigten Bleicherden nur schwer zu beseitigende Nebenprodukte. Neue Verfahren zur Altölaufbereitung haben deshalb das Ziel, die Menge der umweltbelastenden Folgeprodukte zu reduzieren.

Ein Beispiel für einen solchen Prozess stellt das Berc-Verfahren dar. Hierbei wird ein großer Teil der im Altöl enthaltenen polaren Schmutzstoffe mit einer Mischung aus Methylethylketon, Isopropanol und Butanol ausgefällt. Nach der Filtration und dem Redestillieren des Lösemittels erhält man ein dunkelgefärbtes, aber klares Öl, das in der nächsten Reinigungsstufe wesentlich geringere Mengen an Schwefelsäure und Bleicherde verbraucht als nicht vorgereinigtes Altöl.


Recycling von Bleiakkumulatoren
Bleierze sind, wie andere Rohstoffe auch, auf der Welt nicht unendlich vorhanden. Außerdem belastet die Bleigewinnung die Umwelt sehr stark. Bei der Rückgewinnung von Blei aus Bleischrott ist besonders an die Altakkumulatoren zu denken, von denen bislang einige Millionen pro Jahr auf die Müllhalden wanderten.

Tab. 8: Stoffbilanz für Akkumulatorenschrott (ohne Schwefelsäure); Angaben in Gew%.
Hartblei 20-30
Blei(IV)-oxid 15-20
Blei(II)-oxid 10-15
Bleisulfat 25-30
Kunststoffe 10-15

Das besondere Problem des Recycling von Altakkumulatoren liegt darin, dass bei der Akkumulatorenherstellung für Pole, Stromzuführungen und Elektrodengitter Hartblei (eine Blei-Antimonlegierung), für die Elektrodenüberzüge hingegen Reinblei (in Form der Oxide und nach Entladen als Sulfat) benötigt wird. Bei der Akkuschrottaufbereitung müssen also Hartblei und Weichbleiverbindungen voneinander getrennt werden. Andernfalls erhält man ein minderwertiges Recyclingmaterial mit wechselndem Antimongehalt.

Die Trennung der verschiedenen Bleisorten gelingt, wenn man Akkumulatorenschrott mit alkalischer Polyglykol- oder Rohrzuckerlösung behandelt. Hierbei lösen sich die Bleiverbindungen unter Komplexbildung auf, während Hartblei und Kunststoffschrott zurückbleiben. Letztere lassen sich über die unterschiedliche Dichte leicht trennen.

Das komplex gebundene Blei wird elektrolytisch abgeschieden. Die Elektrolyse der abgetrennten alkalischen Blei/Zuckerlösung ergibt an der Kathode Blei, an der Anode entwickelt sich Sauerstoff:

Kathode: 2 Pb2+ + 4 e¯ ————> 2 Pb

Anode: 4 OH¯ ————> O2 + 2 H2O + 4 e¯



Gesamtreaktion: 2 Pb2+ + 4 OH¯ ————> 2 Pb + O2

Das dabei gewonnene Weichblei ist so rein, dass es direkt zur Herstellung von Elektrodenüberzügen verwendet werden kann.

Recycling von Kunststoffen
Was kann man mit diesen Kunststoffabfällen anfangen?
Zunächst beschränkte man sich auf das Energierecycling (Verbrennen zur Energieerzeugung). Beispielsweise hat Polyethylen einen etwas höheren Heizwert als Heizöl. Man bezeichnet diese Kunststoffe deshalb gern auch als weiße Kohle oder festes Öl. So tragen die hohen Heizwerte der Kunststoffe mit dazu bei, dass Hausmüll überhaupt in Heizkraftwerken verbrannt werden kann. Das Verbrennen chlorhaltiger Kunststoffe bewirkt allerdings die Bildung von chlor- und chlorwasserstoffhaltigen Abgasen, die dadurch mit CKW und Dioxinen belastet sein können. Diese Nutzung der Atmosphäre als Mülldeponie wird als immer bedenklicher angesehen und ist insgesamt als verantwortungslos zu kennzeichnen.
Als Recycling gilt auch der Einsatz von Kunststoffen als Reduktionsmittel. So ersetzen sie Kohle oder Schweröl bei der Stahlgewinnung in Hochöfen.
Seit den siebziger Jahren bemüht man sich, Kunststoffabfälle einem echten stofflichen Recycling zuzuführen. Hierbei kommen besonders Umschmelzen, Umpressen und chemische Umwandlung (Depolymerisation oder Hydrolyse) in Betracht.

1. Umschmelzen
Viele Kunststoffartikel, allen voran die Verpackungen, sind aus Thermoplasten hergestellt. Diese erweichen beim Erwärmen, lassen sich dann verformen und behalten nach dem Erkalten die ihnen gegebene Form bei.

Abfälle dieser Kunststoffe lassen sich wiederverwenden, indem man sie auf analoge Weise verarbeitet. Das ist besonders dann problemlos, wenn es sich um saubere, sortenreine Abfälle handelt. Solche fallen beispielsweise in kunststoffverarbeitenden Betrieben an und werden oftmals direkt an Ort und Stelle einem Recycling zugeführt (Innerbetriebliches Recycling).

Dem Vernehmen nach liegt bei exakter Prozessführung die Qualität der erhaltenen Produkte aus diesen so genannten Regeneraten nicht mehr unter der von Neuware.

2. Pressen und Sintern
Üblicherweise fallen Mischungen verschiedener Kunststoffe als Abfälle an, die noch zusätzlich verschmutzt sind. Bei einem vielversprechenden Verfahren werden Thermoplastabfälle fein gemahlen und in die gewünschte Form gepresst. Dabei kommt es zu einer Temperaturerhöhung und Sinterung der inhomogenen Masse. Nach diesem Prinzip werden heute Füße für Baustellenabsperrungen und zähelastische Gittersteine zur Straßenrandbefestigung, Lärmschutzwälle und Parkbänke hergestellt.

3. Depolymerisation und Repolymerisation
Nur wenige Polyolefine haben die Eigenschaft, beim Erhitzen in Umkehrung ihrer Bildungsreaktion wieder in Monomere zu zerfallen. Einer der wenigen Kunststoffe mit dieser besonderen Stoffeigenschaft ist PMMA. Es beginnt bereits bei Temperaturen um 150 °C quantitativ in das Monomere zu zerfallen. Nach der destillativen Reinigung des Methacrylsäuremethylesters liefert die Polymerisation ein Produkt, das sich nicht von einem Neuerzeugnis unterscheidet. Dabei wird im Allgemeinen PMMA-Pulver zugegeben.

In diese Richtung zielt auch ein Verfahren, um PVC zumindest in Grenzen zu recyclen. Es wird gemahlen und bei der Neusynthese untergemischt.

4. Hydrolyse
Kunststoffe wie die Polyester sind wie jeder andere Ester durch Laugen verseifbar. Damit können die Ausgangsstoffe zurückgewonnen werden. Ein Beispiel ist das PET (Polyethylenterephthalat), aus dem z. B. die umstrittenen Getränkeflaschen hergestellt werden. Die Hydrolyse zu Terephthalsäure und Ethylenglykol gelingt vollständig in wenigen Minuten, wenn man z. B. Textilabfälle aus Trevira zu einer siedenden alkoholischen Natronlauge gibt.

Abb. 37: Hydrolyse von Polyethylenterephthalat

Ähnliches gilt auch für Polyurethane (PU), aus denen sich allerdings nicht mehr das Diisocyanat, wohl aber die Alkoholkomponente und die entsprechenden Diamine zurückgewinnen lassen.

Aus den Diaminen werden mit Phosgen die Diisocyanate resynthetisiert.


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Letzte Überarbeitung: 27. Oktober 2004, Dagmar Wiechoczek