"Entstickung" -
ein Beitrag zur Luftreinhaltung
Experimente:
Versuch: Modellversuche zum Autoabgas-Katalysator
Versuch: Modellversuch zur Entstickung von Kraftwerksabgasen
Hintergrundwissen zur Versuchsgruppe
(Quelle: Cornelsen-Verlag [3])
Jährlich werden in Deutschland etwa 3 Millionen Tonnen Stickstoffoxide an die
Umwelt abgegeben. Die Hauptverursacher sind Kraftfahrzeuge und Heizkraftwerke. Da
dort gleichzeitig mehrere Stickstoffoxide entstehen, fasst man sie unter der Bezeichnung
NOx zusammen.
Stickstoffoxide sind sehr reaktionsfreudig. Außerdem wirken sie katalytisch bei der
Zerstörung von stratosphärischem Ozon und bei der Bildung von bodennahem Ozon
mit (-> Projekt Ozon). Sie gehören deshalb zu den
schädlichsten Abgasstoffen. Schon
bei einer sehr niedrigen Konzentration wirken sie innerhalb einer Stunde schädigend
auf den Menschen. Sie greifen z. B. die roten Blutkörperchen an.
Stickstoffoxide wirken auch direkt auf die Vegetation, indem sie zunächst mit Wasser
Nitrate und Nitrite bilden, die die Pflanzen düngen. Dieser positive Effekt wird aber
durch die negativen Auswirkungen mehr als aufgewogen. Die Stickstoffoxide führen
in Verbindung mit Kohlenwasserstoffen aus Autoabgasen unter Einwirkung von UV-Strahlung der Sonne
zur Ozonbildung (Fotosmog). Das Ozon und seine
Reaktionsprodukte schädigen die Spaltöffnungen der Pflanzen, so dass diese ihren
Nährstoff- und Wasserhaushalt nicht mehr richtig regulieren können. Dadurch
entfällt ihr Schutz mehr gegen die Wirkung von Säuren aus der Luft (saurer Regen).
Während der Schwefeldioxidanteil in den Abgasen nur vom Schwefelgehalt der
Brennstoffe abhängt, lässt sich der NOx-Ausstoß auch durch die
Steuerung der ablaufenden Prozesse, also durch Präventivmaßnahmen, beeinflussen.
1. Präventivmaßnahmen
Der NOx-Anteil sinkt mit fallenden Verbrennungstemperaturen; dann wird der
Luftstickstoff nicht mehr oxidiert. Kraftfahrzeuge sollten daher nur im Teillastbereich
fahren. (Deshalb die Forderung nach einem Tempolimit.)
Beim Betrieb von Kohlekraftwerken senkt man die Prozesstemperaturen, indem man
die Verbrennung besser reguliert. Bei Temperaturen von nur 800 °C (statt normal
1700 °C) wird kaum Luftstickstoff oxidiert; es erfolgt nur die Oxidation des in der
Kohle gebundenen Stickstoffs. So kann der Stickstoffoxidausstoß (verglichen mit
dem "alter" Kraftwerke) auf die Hälfte reduziert werden.
2. Sekundärmaßnahmen
Eine Möglichkeit, die Abgase aus Kraftfahrzeugen zu reinigen, stellt der
Katalysator dar. Er wird zwischen Motor und Auspuff montiert (siehe Abbildungen,
Bild 3). Das Gerät besteht aus einem Metallgehäuse mit einem Keramikeinsatz, der
von winzigen Kanälen durchzogen ist. Auf deren rauer Oberfläche befindet sich
fein verteiltes Platin. Es ist der eigentliche Katalysator.
(Fotos: Daggi) |
Die Abgasentstickung ist eine katalysierte Nachverbrennung, bei der andere
Schadstoffe gleich mit vernichtet werden. Dabei reagieren unverbrannte
Kohlenwasserstoffe, Kohlenstoffmonooxid und Aldehyde mit NOx zu
Kohlenstoffdioxid, Wasser und Stickstoff (-> Versuch). Die Keramik vermag die
Reaktionspartner vor der Entgiftungsreaktion kurzzeitig zu absorbieren,
wie der Zusatzversuch am Schluss der katalytischen Autoabgasentstickungsreaktion
zeigt (-> Versuch).
Eine vollständige Entstickung ist bei den Kfz-Abgasen nicht erreichbar. Im Allgemeinen
werden 5 % Rest-NOx ausgestoßen. Ein Mittelklassewagen z. B. setzt trotz
Katalysator pro gefahrenem Kilometer noch 0,11 g NOx frei.
Diese Werte können aber nur erreicht werden, wenn dem Motor ein
gleichbleibendes, optimales Treibstoff-Luft-Gemisch zugeführt wird. Dafür sorgt die
sog. Lambdasonde. Sie überwacht - direkt hinter dem Motor - den Sauerstoffanteil
der Abgase; dieser sagt nämlich etwas darüber aus, ob das zugeführte Gemisch die
richtige Zusammensetzung hat. Ein elektronisches Steuergerät regelt dann -
entsprechend der empfangenen "Meldung" - die Gemischbildung.
Autos mit Katalysator müssen unbedingt mit bleifreiem Benzin betankt werden.
Bleiverbindungen würden sich an der Oberfläche des Platins absetzen, so dass das
Edelmetall unwirksam würde.
Auch bei den Kraftwerken gibt es inzwischen wirkungsvolle Anlagen zur "Entstickung" der Rauchgase. Dabei werden die etwa 300-400 °C heißen Abgase mit Ammoniak vermischt. Ammoniak reagiert mit Stickstoffoxid zu Stickstoff und Wasser. Die Reaktion gelingt bei diesen niedrigen Temperaturen nur mit Hilfe von Katalysatoren (DENOX-Verfahren; lat. de: weg; -> Versuch).
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Das DENOX-Verfahren kennt man auch unter der Bezeichnung SCR-Verfahren
(Abkürzung für Selective Catalytic Reduction). Grundmaterial des Katalysators sind
Titandioxid und Vanadiumoxide.
Der Einsatz von Katalysatoren in diesem Bereich bereitet noch technische
Probleme: Sie werden nach einer bestimmten Zeit unwirksam. Derzeit müssen sie
etwa alle zwei Jahre ausgetauscht werden.
Man experimentiert inzwischen auch mit Gülle statt mit Ammoniak. Die Gülle enthält
bekanntlich Ammoniak bzw. Ammoniumverbindungen sowie organische Stickstoff/Wasserstoffverbindungen
wie Amine und Amide. Die Gülle wird im Heizkessel direkt in die Flamme eingesprüht.
Dieses Verfahren steht momentan in der Kritik, da sich aus dem in der Gülle reichlich
vorhandenen Harnstoff mit NO leicht das treibhausaktive und ozonschädigende
Distickstoffoxid N2O bilden kann.
Auch das sog. DESONOX-Verfahren wird erprobt, bei dem das DENOX-Verfahren
mit dem Kontaktverfahren zur Schwefelsäuregewinnung gekoppelt ist. Die
entstaubten und entstickten Abgase werden über einen weiteren Katalysator aus
Vanadiumoxid geleitet, an dem Schwefeldioxid zu Schwefeltrioxid oxidiert wird.
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