Kunststoffe im Auto

Kunststoffe sind Werkstoffe nach Maß. Durch Variation von Zusammensetzung, Zusätzen und Synthesebedingungen entwickeln sie ein weites Spektrum von Eigenschaften. Hinzu kommt, dass sie mit durchschnittlich 1 g/cm3 eine sehr niedrige Dichte haben.

Folglich findet man auch in Autos und anderen Kraftfahrzeugen große Mengen von Kunststoffen, aus denen einige hundert Teile gefertigt werden. Einige wenige Beispiele sind:

Etwa drei Viertel aller im Automobilbau verwendeten Kunststoffarten sind Polyurethan (PUR), Polyvinylchlorid (PVC) und Acryl-Butadien-Styrol (ABS). Weitere mengenmäßig wichtige Kunststoffe sind Polypropylen (PP), Polyethen (PE), Plexiglas (PMMA), Polycarbonat (PC) und Teflon. Auch Silikone werden genutzt. Viele Kunststoffe sind auch Komponenten von Klebstoffen.
Es soll nicht unerwähnt bleiben, dass sich viele Autofirmen bemühen, auch nachwachsende Rohstoffe als Ersatz von Kunststoffen auf Erdöl- oder Carbidbasis einzusetzen. Dabei spielen Hanf und andere Produkte aus Cellulose, ja sogar Papier eine wichtige Rolle.

Polyurethan
Hieraus bestehen Schäume aller Art. Man fertigt daraus Polster und Sitze. Weiter findet man PUR mit Blecheinlagen verstärkt als Grundlage von elastischen Verkleidungen der Front und des Hecks, wozu auch die Stoßstangen gehören.

Polyvinylchlorid
PVC dient zur Herstellung des Lenkrads sowie von Dach- und Seitenverkleidungen. Aber auch als Bezugsstoff oder Kunstleder wird es verwendet. Ein Problem stellt der Weichmacher dar, der bei der Hitze, wie sie ein Auto beim Stehen in praller Sonne entwickelt, ausgast und dessen Geruch oftmals zum Unwohlsein von Kfz-Insassen führt.

Acryl-Butadien-Styrol
ABS ist ein Coplymer auf der Basis von Styrol, dem bei der Herstellung Acryl-Verbindungen und Butadien zugemischt werden. Hieraus baut man Verkleidungen, Konsolen, Instrumentengehäuse, Innen- und Außenspiegelverkleidungen sowie Bauteile von Heizungs- und Lüftungsanlagen. Da es sich leicht galvanisieren lässt, verbirgt es sich oft hinter verchromten Kühlergrill und Zierleisten. Spoiler und Stoßstangen sind ebenfalls daraus gefertigt.

Weitere Kunststoffe
Völlig transparente Sorten wie Polypropylen ersetzen die alten, schweren Hartgummi-Batteriekästen oder die Glasscheiben vor Instrumenten. Hochfeste Polyethylene (PE-HD) formen Kraftstofftanks, die etwa 30 % leichter sind als blecherne. Heck- und Seitenscheiben werden aus Plexiglas (Polymethylmethacrylat PMMA) oder aus Polycarbonat gefertigt. Sie wiegen zwar nur knapp die Hälfte von Glas, sind aber kratzempfindlicher. Das dem Plexiglas chemisch verwandte Plexigum dient als Mittelschicht von Verbundglas. Aus Polyamiden fertigt man Zahnräder und Federn. Teflon verwendet man in Kugelgelenken.

Verbundstoffe
Hier sind vor allem Glasfaser-Kunststoffe (GFK) zu nennen. Neuerdings verwendet man auch Kohlefasern, die dünner und zugleich fester sind. Diese werden - in Verbund mit Kevlar und andern PA - sogar zur Abdichtung von Zylinderköpfen oder anderen hochbelasteten Teilen eingesetzt. Auch Bremsbeläge können damit versehen sein.
Zur Herstellung werden die Glasfasermatten in eine Form gelegt und mit Polyesterharz getränkt. Nachteilig sind die langen Trocknungs- und Aushärtezeiten.

Klebstoffe
Kunststoffe spielen auch als Grundlage von Klebstoffen eine große Rolle. So werden in einem durchschnittlichen Auto dem Vernehmen nach 25 kg Kleber verbraucht!

Was macht die Kunststoffe für den Autobauer so begehrt?
Neben der Gewichtsersparnis bieten Kunststoffe Korrosionsfreiheit, sicherheitsfördernde Nachgiebigkeit und eine schier unbegrenzte Formbarkeit. Außerdem wirken sie geräuschdämpfend. Hinzu kommt ihre gute Wärmedämmung aufgrund der geringen Wärmeleitfähigkeit.
Sonderkunststoffe wie PA sind zäh wie Stahl und werden deshalb zum Bau von Zahnrädern genutzt. Teflon erweist sich unter Druck gleitfähig und dient deshalb zur Verkleidung von Achsen und Kugelgelenken, wodurch das lästige Abschmieren entfällt.

Recycling von Kunststoffen
Hierzu haben wir eine eigene Webseite erstellt.

Recycling: Fallstudie Trabi - filigranes Gebilde aus Plaste gemacht
Die Nachteile von Kunststoffkarosserien kann man anhand des Trabis zeigen. Seine Schale besteht aus einem Verbundwerkstoff.
Jeder Trabi trug etwa 34 kg dieses Duroplasts mit sich herum. Dabei handelt es sich um ein Baumwoll-Kunststoffgemisch (Zusammensetzung 47 % : 53 %), das unter Erhitzen gepresst wurde. Der Kunststoff ist wohl vor allem ein Melaminharz, wie der intensive Fischgeruch beim Erhitzen vermuten lässt (-> Versuch 106).

Dieser Duroplast macht die Karosserie gegenüber der Korrosion unverwüstlich, ist aber nicht recycelfähig.

Werkstoffliches Recycling wäre etwa das Zerkleinern des Duroplasts und Verwendung des Materials als Zuschlag zum asphaltischen Straßenbelag. Versuche zeigten jedoch, dass schon der Schredderdruck und stärkerer Sonnenschein auf den so behandelten Straßen zu Fischgeruchsbildung führt.

Weiter ist an das rohstoffliche Recycling zu denken. Jedoch bilden sich beim Erhitzen große Mengen an Formaldehyd, Ammoniak und Blausäure. Versuche, Trabi-Material zum Stahlkochen zu verwenden, führten wegen des hohen Stickstoffgehalts ebenfalls zu unbefriedigenden Ergebnissen.
Man könnte den Kunststoff im Sinne eines Energierecyclings nutzen. Jedoch verbrennt der Duroplast erst bei Temperaturen oberhalb 800 °C rußfrei und rückstandlos. Und danach stellt sich das Problem der Abgasreinigung.

(Bei dieser Webseite haben wir teilweise auf Texte der Adam Opel AG sowie des SPIEGEL zurückgegriffen, ohne wörtliche Zitate extra zu kennzeichnen.)


Weitere Texte zum Thema „Auto“


Diese Seite ist Teil eines großen Webseitenangebots mit weiteren Texten und Experimentiervorschriften auf Prof. Blumes Bildungsserver für Chemie.
Letzte Überarbeitung: 08. Februar 2012, Dagmar Wiechoczek