Zum Autolärm: Von Schallpegel und Dezibel

Bei nichts anderem wird so gemogelt wie bei Angaben zum Schall. Da geht es beispielsweise um die Verkehrsberuhigung auf einer innerstädtischen Schnellstraße. Da würde sich der Lärmpegel bei Geschwindigkeitsverringerung nur um 0,3 bis 2 verringern, sagt ein Politiker von der SPD. Denn: "Die Wahrnehmung fängt erst bei 3 Dezibel an!"
Das gleiche liest man seitens der CDU bei der Diskussion um die Erweiterung eines Regionalflughafens. "Ein Gutachten ist zu dem Ergebnis gekommen, dass mit einer Erhöhung des Lärms um maximal ein bis zwei Dezibel zu rechnen sei. Das liege für das menschliche Ohr außerhalb der Wahrnehmungsgrenzen."
DER SPIEGEL macht es bei einem Vergleich zwischen Motorrädern und Autos schon richtiger. Er spießt auf, dass die Lärmgrenze für Motorräder 80 Dezibel betragen darf, die von Autos aber nur 74 Dezibel. "Weil die Dezibelskala logarithmisch ansteigt, bedeutet dies, dass Motorräder um 80 % lauter sein dürfen als Autos."

Logarithmische Einheiten sind also mit Vorsicht zu genießen
Mit der Beurteilung von logarithmischen Einheiten ist das so eine Sache. Wenn die sich um 1 ändern, ändern sich die realen Werte um den Faktor 10. Das sind aber nur Relativwerte. Deshalb ist es noch wichtig, worauf man die Werte bezieht.
Erinnern wir uns an die pH-Skala. Wenn man hört, durch Abgasreduktion habe man den pH-Wert der Emission eines Schornsteins um den pH-Wert 1 erhöht, muss man den bisherigen pH-Wert kennen. Denn es ist bezüglich der Protonenkonzentration höchst unterschiedlich, ob man von pH 0 auf 1 geht oder von pH 6 auf 7! Im ersten Fall ist die änderung sehr groß (nämlich von 10 auf 1), im anderen Fall nur marginal (nämlich von 10-6 auf 10-7).

Schalldruck und Schallpegel
Es ist also an der Zeit, etwas zur Messung von Lärm zu sagen. Das hat zwar nichts mit Chemie zu tun, aber viel mit Physik.

Schall oder Lärm wird durch den Effektivwert des Schalldruckwechsels (p) charakterisiert. Das macht man indirekt durch den Schallpegel. Dessen Einheit ist das Dezibel (dB). Das ist eine dekadisch logarithmische Einheit. Die Bezeichnung "bel" wurde übrigens zu Ehren von Alexander Graham Bell, dem Erfinder des Telefons, gewählt.

Die Rechenvorschrift zur Berechnung des Schallpegels (L) aus den Werten des Schalldrucks ist:

L = 20 lg p/pH

Man bezieht den Schallpegel auf den Schalldruck pH der Hörschwelle. Dabei wird der Schallpegel stets ganzzahlig angegeben.

Es gelten folgende Definitionen:

Hörschwelle: pH = 20 · 10-6 Pa entsprechend 0 dB
Schmerzgrenze: pS = 20 Pa entsprechend 120 dB


Eine Zehnerpotenz des Schalldrucks p entspricht 20 dB. Die folgende Tabelle zeigt den Zusammenhang zwischen Schalldruck und Schallpegel

Schalldruck 20 · 10-6 20 · 10-5 20 · 10-4 20 · 10-3 20 · 10-2 20 · 10-1 20 · 100 Pa
Schallpegel 0 20 40 60 80 100 120 dB

Den Zusammenhang zwischen der Steigerung des Schallpegels und der Vervielfachung x der zugehörigen Schalldruckwerte geben die folgenden Gleichungen.

L2 - L1 = 20 · lg p2/p1

und

x = p2/p1 = 10 (L2-L1) / 20

Der Faktor x ist der Schwächungs- oder Zunahmefaktor. Er bedeutet auch die relative Zunahme an Schallquellen des gleichen Schalldrucks.

Die folgende Tabelle zeigt einige Werte

L2 - L1 0 1 2 3 4 5 6 10 15 18 20
x = p2/p1 1 1,12 1,26 1,41 1,58 1,78 2 3,16 5,62 7,94 10

Beispiele zur Schallpegelberechnung
- Zwei Schallquellen an der Hörschwelle mit je 0 dB ergeben zusammen 6 dB. Zwei Schallquellen mit 120 dB ergeben zusammen 126 dB.
- Steigert man den Schallpegel einer Schallquelle von 60 auf 80 dB, bedeutet das die Verzehnfachung des Schalldrucks. Statt einem Auto (60 dB) fahren dann 10 Autos (zusammen 80 dB).
- Eine Steigerung um L2 - L1 = 10 dB bedeutet eine Zunahme des Schalldrucks um den Faktor p1/p2 = 3,16.
- Eine Steigerung um 6 dB bedeutet Verdopplung des Schalldrucks. Ein Auto verursacht zum Beispiel 60 dB, zwei gleichlaute Autos verursachen einen Schalldruck von 66 dB.
- Hat eine Autobahn einen Lärmpegel von 72 dB, eine stark befahrene Hauptverkehrsstraße nur 66 dB, so fahren auf der Autobahn doppelt so viele (gleichlaute) Autos.
- Sinkt der Lärmpegel einer Hauptverkehrsstraße nachts von 66 auf 60 dB, heißt das, dass nur noch halb soviele Autos fahren.
- Zu unserem Einführungsbeispiel: Verringert sich durch langsameres Fahren bei der Stadtautobahn der Schallpegel um 2 dB, bedeutet das zwar eine relative Abnahme des Schalldrucks um den Faktor 1,26. Für die Lärmbelästigung ist es aber von Bedeutung, ob man von zuvor 70 dB ausgeht oder von 60 dB!
- Die scheinbar geringe Erhöhung des Schallpegels von 120 auf 126 bedeutet: Statt einem Düsenjäger fliegen zwei vorbei.


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Letzte Überarbeitung: 23. Februar 2007, Dagmar Wiechoczek