Öl aus Ölschiefer - ein Programm nicht nur für Krisenzeiten

Experimente:
Versuch: Untersuchen von Ölschiefer

Bild 1: Stinkkalk vor dem Aquarium in Berlin
(Foto: Blume)

Am Rande der Schwäbischen Alb und in Norddeutschland tritt ein schwarzer Tonschiefer zutage, der, wenn man ihn aufschlägt oder erwärmt, deutlich nach Erdöl oder Benzin riecht. Man nennt ihn deshalb Ölschiefer oder treffend Stinkkalk.

Schwarze Farbe, wasserabweisende Eigenschaft, Geruch und Brennbarkeit des Kalkes rühren von seinem Gehalt an Bitumen (lat. Erdpech) her. Darunter versteht man eine Mischung von festen und flüssigen Kohlenwasserstoffen (Asphalt und Erdöl). Das Erdöl sammelt sich in Ritzen und Hohlräumen an, aus denen es beim Aufschlagen des frischen Schiefers als gelbe, grünlich fluoreszierende Flüssigkeit heraustropft. Der Gehalt an Kohlenwasserstoffen liegt zwischen 5 und 10 Masseprozent bezogen auf das Gestein.

Dieser Kalk war sehr beliebt. Die Steinbruchbesitzer nutzten seine Brennbarkeit gern aus: Sie konnten beim Kalkbrennen den Kalk im Schachtofen einfach anzünden und sparten so die beträchtlichen Ausgaben für die Kohle. Mischten sie den ungebrannten Stinkkalk zu gebranntem Kalk, erhielten sie wasserdichten Zement.
In der NS-Zeit versuchte man, dort Schiefer abzubauen zum Zwecke der Erdölgewinnung. Das wurde bald aufgegeben. Kaum aber jemand weiß, dass diese Schicht Quelle für das Erdöl und Erdgas ist, das man unter der Nordsee abbaut.

Die ölführende Schicht ist Bestandteil des untersten Jura, des Schwarzjuras. Allgemein bekannt ist diese Formation (genannt Lias Epsilon) wegen der herrlichen Schwimmsaurierfunde von Holzmaden bei Ulm. Sie wird nach einer massenweise auftretenden Kleinmuschel, der Posidonia bronni, auch Posidonienschiefer genannt.

Die Literatur über Ölschiefer beschreibt im Allgemeinen die schmalen oberirdischen Vorkommen wie am Albtrauf, nicht aber die mächtigen, in großen Tiefen unter Norddeutschland und sogar unter der Nordsee gelegenen Vorkommen. So haben die norddeutschen Erdöl- und Erdgasvorkommen ihren Ursprung in dieser Formation, die dort über 200 m mächtig sein kann.

Ölschiefervorkommen an der Erdoberfläche müssen im Allgemeinen abgebaggert und dann durch Erhitzen, wie in unserem Versuch gezeigt, aufgearbeitet werden.
Die tiefer gelegenen Vorkommen sind Grundlage für Erdölquellen und Erdgasvorkommen, die erbohrt werden müssen. Erdöl und Erdgas lassen sich hier, da weitere Gesteinsschichten 30-200 m dick auf ihnen lagern und auf sie drücken, durch Pumpen fördern. Dies trifft vor allem für das Nordsee-Öl zu. Der Karte entnimmt man auch, weshalb gerade das Wattenmeer für die Ölsuche so wichtig ist.


Was unterscheidet Ölschiefer von Töpferton-Schiefer?
Die schwarze Färbung des Ölschiefers rührt vom Bitumen her, die des Töpferschiefers vom Pyrit bzw. seiner Vorstufe Markasit. Feindisperses Pyrit ist nämlich so schwarz wie Bitumen (Asphalt). Erhitzt man Töpferschiefer bzw. -ton in der oxidierenden Flamme, wird er durch Bildung von Eisen(III)-Verbindungen "ziegelrot". Da Ölschiefer wenig Pyrit enthält, sondern nur das nicht flüchtige, brennbare Bitumen, wird er beim Brennen nur weiß (-> Versuch).


Wie bildete sich das Bitumen im Stinkkalk?
Die Genese verlief ähnlich wie die des Erdöls:
Tier- und Pflanzenfossilien bildeten vor etwa 160 Millionen Jahren zunächst auf dem Grunde einer flachen Meereslagune einen Faulschlamm. Man vermutet, dass es nicht so sehr Wirbeltiere wie Fische oder Saurier waren, die zur Bildung des Kohlenwasserstoffgemischs führten, sondern die Fülle an Kleinstlebewesen (Plankton), die in unablässigem Regen auf den Boden der Gewässer herabrieselte. Bei der Zersetzung unter Luftabschluss sowie durch Einwirkung von Erdwärme und Gebirgsdruck bildete sich aus dem organischen Material in Millionen von Jahren unter katalytischer Mitwirkung von Sedimentmineralien großmolekulare Kohlenwasserstoffe, das Kerogen. (Die katalytische Wirkung von Silicaten beruht letztlich auf deren Säure/Base-Eigenschaften bei gleichzeitiger stereochemischer Präzision.) Kerogen ist übrigens die weltweit häufigste organische Verbindung.
Bei weiterer Einwirkung der Faktoren zersetzte sich ein Teil des Kerogens. Diesen Vorgang muss man sich ähnlich wie beim katalytischen Cracken von Bitumen oder anderen großmolekularen Kohlenwasserstoffen vorstellen. Katalysatoren sind die begleitenden Silicatischen Gesteine. (Auch in der Technik verwendet man zum Cracken spezielle Silicate.)


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Letzte Überarbeitung: 13. Februar 2012, Dagmar Wiechoczek